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„Komm, Hasso, lass uns etwas unternehmen“, sagte Sascha Petersen drängend. Er war ein großer blonder junger Mann, bis vor kurzem ein sehr ehrgeiziger Eishockeyspieler, der seine Karriere nach zu vielen Verletzungen frühzeitig beenden musste. „Was denn?“, fragte Hasso Lenz lustlos. Er hing ganz gern mal nur so herum … was sein Freund einfach nicht verstehen konnte.

Sascha zuckte mit den Schultern. „Irgendetwas.“

Hasso ächzte. „Gott, was bist du anstrengend. Immer muss bei dir was los sein.“

„Richtig.“ Sascha grinste von Ohr zu Ohr. „Action muss einfach sein.“

„Dein Tatendurst wird dich noch mal umbringen.“

„Es sind schon Menschen an akuter Langeweile gestorben.“

„Blödsinn.“

Sascha versetzte dem Freund mit dem Ellenbogen einen Rippenstoß. „Nun komm schon, lass dich nicht so bitten.“

„Du hast mir noch nicht gesagt, was du unternehmen möchtest. Irgendetwas ist ein sehr weites Feld.“

Sascha Petersen spitzte die Lippen, als wollte er pfeifen. „Wir könnten tanzen gehen.“

„Tanzen – ich? Du weißt, dass ich nicht gerne tanze.“

„Willst du ewig allein bleiben? Beim Tanzen lernt man die hübschesten Mädchen kennen.“

Hasso Lenz schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn man so schlecht tanzt wie ich. Wenn ich einem Mädchen mehrmals kräftig auf die Zehen gelatscht bin, will es von mir mit Sicherheit nichts mehr wissen, da kann ich ihr vorher noch so sympathisch gewesen sein, und um einen zweiten Tanz brauche ich sie erst gar nicht mehr zu bitten.“

Es kam wie immer: Sascha Petersen setzte seinen Willen durch. Sie gingen tanzen.

Und Hasso Lenz lernte bei dieser Gelegenheit Lotte Treubner, seine zukünftige Frau, kennen.

Sie verzieh ihm seine Tolpatschigkeit, obwohl er ihr die Zehen manchmal fast zerquetschte. Jedem anderen hätte sie beim zweiten Tanz einen Korb gegeben, doch bei ihm biss sie in den sauren Apfel und machte weiter, weil ihr noch nie ein Mann so sympathisch gewesen war.

Er durfte sie sogar nach Hause begleiten, und tags darauf ging Lotte mit ihm, was für ihre Zehen wesentlich ungefährlicher war, ins Kino.

Von da an sahen sie einander fast täglich, und Lotte versuchte Hasso beizubringen, wie man richtig tanzte. Es wurde zwar kein Fred Astaire oder Gene Kelley aus ihm, aber er verbesserte sich immerhin mit der Zeit so sehr, dass er sich an manchen Abenden kein einziges Mal auf Lottes Fuß verirrte.

Allmählich begann ihm das Tanzen sogar Spaß zu machen. Aber nur, wenn er Lotte im Arm halten konnte.

Sie verstand es, ihn so zu führen, dass weder er noch sonst jemand es merkte, und bald hieß es: „Seht euch die beiden an. Die sind so prima aufeinander eingespielt, als würden sie schon seit dem Kindergarten zusammen tanzen.“

Nach einem halben Jahr sagte Hasso Lenz zu Sascha Petersen: „Ein wenig Verantwortung solltest du aber auch tragen.“

Sascha musterte den Freund verwirrt. „Verantwortung, wofür?“

„Du hast mich vor sechs Monaten gegen meinen Willen in dieses Tanzlokal geschleppt ...“

„Und?“

„Und ich bin da der Frau fürs Leben begegnet.“

Sascha grinste. „Dafür solltest du mir dankbar sein.“

„Bin ich.“ Hasso nickte. „Bin ich. Doch nun musst du mir einen weiteren Gefallen tun.“

„Welchen?“, fragte Sascha.

„Ich brauche einen Trauzeugen.“

Sascha riss die Augen auf. „Ist nicht wahr!“

„Doch. Lotte und ich wollen heiraten.“

Sascha lachte herzlich. „Gratuliere, mein Freund.“ Er schlug Hasso fest auf die Schulter. „Herzlichen Glückwunsch.“ Er schüttelte ihm ungestüm die Hand. „Selbstverständlich darfst du mit mir rechnen. Ich werde mich vor dieser Verantwortung ganz sicher nicht drücken.“

Drei Monate später waren Lotte Treubner und Hasso Lenz Mann und Frau.

Ihre Flitterwochen verbrachten sie in Venedig, und da wurde Lotte auch zum ersten Mal schwanger.

Gott, was ging Hasso behutsam mit ihr um, als er erfuhr, dass sie in anderen Umständen war! Er behandelte sie wie ein rohes Ei.

Irgendwann wurde ihr seine Fürsorge etwas zuviel, und sie sagte lächelnd: „Hör mal, Hasso, ich bin schwanger und nicht krank. Du brauchst mich nicht so sehr zu schonen. Ich denke, ich spüre selbst, was gut und was nicht gut für mich ist.“

Er versuchte danach etwas weniger fürsorglich zu sein, aber es gelang ihm nur sehr mangelhaft. Als sie ihm nach neun Monaten ein süßes, wunderschönes Töchterchen schenkte, fand seine Freude kein Ende.

Der Arztroman Koffer Oktober 2021: Arztroman Sammelband 10 Romane

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