Читать книгу Der Arztroman Koffer Oktober 2021: Arztroman Sammelband 10 Romane - A. F. Morland - Страница 21

14

Оглавление

Dr. Sven Kayser hatte einen Traum: Er war mit einer überaus attraktiven Patientin auf einer Karibikkreuzfahrt. Das riesige weiße Traumschiff gehörte ihr, und sie las Sven jeden Wunsch von den Augen ab.

Er brauchte nur mit den Fingern zu schnippen, schon waren mehrere weiß gekleidete Stewards zur Stelle und fragten ihn nach seinem Begehr.

Die Patientin musste eine Meisterin der Maske sein, denn sie sah fortwährend anders aus.

Mal hatte sie verblüffende Ähnlichkeit mit Ruth Seeberg, der zweiten Frau seines Freundes Ulrich. Mal hätte man sie glatt für Dr. Gabriele Beyer Horn, die Chefärztin der Gynäkologie in der Seeberg-Klinik, halten können. Mal war sie Gaby Lenz, mal Marie-Luise Flanitzer ...

Und alle waren hinter ihm her, alle wollten ihn verführen und er war auf dem Traumschiff ihr Gefangener. Die Stewards erfüllten ihm zwar jeden Wunsch, jedoch zu einem waren sie nicht zu bewegen: dass sie ihm zur Flucht verhalfen.

Als es für Sven kritisch wurde, rettete ihn das Telefon, indem es läutete. Der Grünwalder Arzt schreckte hoch, und damit war ihm die Flucht von diesem schwimmenden Gefängnis endlich geglückt. Er machte Licht und schaute auf seine Armbanduhr.

Ein Uhr war es. Wenn jemand um diese Zeit anrief, war’s ein Notfall.

Er griff rasch nach dem Telefonhörer. „Dr. Kayser.“

„Herr Doktor, bitte entschuldigen Sie die Störung ...“

„Wer spricht?“

„Gaby Lenz.“

Von Ihnen habe ich soeben geträumt, dachte Sven. „Was gibt es, Gaby?“, erkundigte er sich mit lauter Stimme.

„Ich mache mir Sorgen um meinen Vater. Es geht ihm nicht gut. Er wollte mir verbieten, Sie anzurufen, aber ich möchte mir keine Vorwürfe machen müssen ...“

Sven Kayser fragte nach den Beschwerden, die Hasso Lenz hatte.

Gaby teilte sie ihm mit. „Ich komme sofort“, erklärte Dr. Kayser, legte auf, sprang aus dem Bett, in dem er heute so verrückt geträumt hatte, zog sich hastig an, holte seine Bereitschaftstasche und eilte aus dem Haus.

Gaby erwartete ihn, blass und ängstlich. Sie ließ ihn ein und ging mit ihm nach oben.

Als sie die Tür öffnete, die in das Schlafzimmer ihres Vaters führte, sagte Hasso Lenz: „Mein Gott, Herr Doktor, ich habe meiner Tochter doch gesagt, sie soll Sie nicht belästigen!“

„Solche Anrufe gehören zu meinem Beruf.“ Dr. Kayser ging zum Bett des Patienten und beugte sich über ihn. „Sie haben sicher schon geschlafen.“

„Ja, aber ich hatte keinen besonders erquicklichen Traum, deshalb war es ganz gut, dass Ihre Tochter mich geweckt hat“, sagte Sven Kayser und stellte seine Bereitschaftstasche ab.

„Ein Arzt muss, will er für seine Patienten fit sein, in guter körperlicher und geistiger Verfassung sein, und dazu ist vor allem eine ungestörte Nachtruhe vonnöten.“

„Darf ich Sie untersuchen, wenn ich schon mal hier bin, Herr Lenz?“, fragte Sven lächelnd.

Er maß Puls und Blutdruck des Mannes, horchte ihn ab und gab ihm anschließend eine Injektion.

„Sagen Sie meiner Tochter, dass es nicht nötig war, Sie um diesen nächtlichen Besuch zu bitten“, verlangte Hasso Lenz. „Sie soll ruhig ein schlechtes Gewissen haben.“

„Ich würde Sie mir in den nächsten Tagen gerne einmal gründlicher ansehen, Herr Lenz “, erklärte der Grünwalder Arzt, ohne auf den Einwand einzugehen.

„Na schön“, gab Gabys Vater nach, „ich komme zu Ihnen in die Praxis.“ Sven schüttelte den Kopf. „Nicht in meiner Praxis. Ich würde Sie gerne in der Seeberg-Klinik durchchecken. Eventuell unter Hinzuziehung einiger Kollegen, wenn Sie nichts dagegen haben.“

Hasso Lenz warf seiner Tochter einen vorwurfsvollen Blick zu. „Das habe ich dir zu verdanken!“, rügte er sie laut.

Dr. Kayser sagte: „Sie sollten froh sein, dass es jemanden gibt, der sich um Sie Sorgen macht, Herr Lenz. Es gibt Menschen, die sind in keiner so glücklichen Lage.“

„Wenn diese Sorgen berechtigt wären ...“

„Wer sagt Ihnen, dass sie es nicht sind?“

„Das müsste ich doch spüren, oder?“

„Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie nichts spüren, sagen Sie nicht die Wahrheit, Herr Lenz “, erwiderte Dr. Kayser ernst. „Schlafen Sie jetzt, und melden Sie sich bei mir, wenn Sie bereit sind, sich in der Seeberg-Klinik untersuchen zu lassen.“

Gaby verließ mit Sven Kayser das Schlafzimmer ihres Vaters. „Ich war aus“, erzählte sie beunruhigt. Mit unserem neuen Chefredakteur.“

„Sein Name ist Claus-Dieter Forstner, nicht wahr?“

„Ja.“

„Steht im Impressum von ‘Täglich Neues’. Wie ist Forstner denn so?“

„Er ist ein hervorragender Mann, trotz seiner Jugend“, sagte Gaby, während sie mit Dr. Kayser die Stufen hinunterstieg. „Er ist noch keine dreißig, kommt vom ‘Morgen Standard’, wo man ihm nicht die Möglichkeit gab, seine guten Ideen zu verwirklichen.“

„Also wird er das nun bei ‘Täglich Neues’ tun.“

„Bei uns ist man in dieser Hinsicht aufgeschlossener.“

„Deshalb rangiert ‘Täglich Neues’ auch weit vor dem ‘Morgen Standard’. Man darf gespannt sein, wie sich Claus Dieter Forstners Arbeit auf das Blatt auswirkt.“

Sie erreichten das Erdgeschoss. Gaby blieb stehen. „Ich war also mit Forstner aus, und als ich nach Hause kam, saß mein Vater im dunklen Wohnzimmer, war bleich, zitterte und röchelte, und seine Lippen waren fast schon violett. Mir fuhr ein eisiger Schrecken in die Glieder.“

„Das ist zu verstehen.“

„Ich brachte meinen Vater nach oben, und als ich sagte, ich würde Sie anrufen, wollte er es mir verbieten, dieser Sturkopf, aber ich habe ebenfalls einen Dickschädel ...“

„Sie sind seine Tochter“, warf Dr. Kayser lächelnd ein.

„... und den habe ich durchgesetzt“, sprach Gaby ihren Satz zu Ende.

Sven nickte. „Das war richtig so. Ich hoffe, er lässt sich bald von mir untersuchen.“

„Können Sie mir sagen, was er hat?“ Gaby nagte nervös an ihrer Unterlippe.

„Ich möchte der Untersuchung nicht vorgreifen ...“

„Es ist etwas mit seinem Herz, nicht wahr?“

„Nun ja, da sind so gewisse Geräusche, die abgeklärt werden müssen.“

„Was vermuten Sie, Herr Doktor? Bitte sagen Sie es mir.“

„Eine der Herzklappen könnte undicht sein. Aber, wie gesagt ...“

Gaby Lenz nickte. „Sie möchten meinen Vater zuerst gründlich untersuchen. Ich werde dafür sorgen, dass er Ihnen so rasch wie möglich zur Verfügung steht. Ich gebe ihm von morgen an keine Ruhe mehr. Ich kann sehr lästig sein, wenn ich etwas erreichen will.“

Dr. Kayser lächelte. „Das ist eine Tugend der Frauen.“

Er verließ das Haus von Hasso und Gaby Lenz, fuhr nach Hause, ging zu Bett, und sein unerfreulicher Traum fand zum Glück keine Fortsetzung.

Der Arztroman Koffer Oktober 2021: Arztroman Sammelband 10 Romane

Подняться наверх