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Hardy hastete ins Wohnzimmer und ...

Da war sie. Da war seine Frau.

Hardy blieb so abrupt stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Seine Kopfhaut zog sich schmerzhaft zusammen. Das Blut wich aus seinem Gesicht, und er riss verstört, entsetzt und in quälender Sorge die Augen auf.

„Karina!“

Sie saß im Rollstuhl. Saß? Nein, sie hing mehr darin. Schräg. Leblos. Wie tot. Hatte sie versucht, aufzustehen? Hatte sie sich überanstrengt? War sie ohnmächtig geworden und zurückgefallen? Ihre gelähmten Beine befanden sich nicht mehr auf dem Trittbrett, waren abgerutscht. Ihre Arme hingen seitlich neben den Lehnen herunter. Ihr Kopf hing weit nach hinten. Ihr Mund war offen, und Hardy Evers vernahm in diesem Moment ein schauriges Röcheln.

Mein Gott, sie stirbt!, schoss es ihm siedend heiß durch den Kopf.

„Karina!“

Er rannte zu ihr. Sein Blick fiel auf den Tisch. Er sah leere Pillenröhrchen, schnappte beinahe über vor Entsetzen.

„Dr. Kayser!“, stieß er krächzend hervor. Eine glühende Schlinge schien sich um seinen Hals zusammenzuziehen. „Dr. Kayser muss kommen ...“ Er stürzte sich auf den Apparat und wählte die Nummer des Hausarztes. Hoffentlich ist er daheim, dachte er aufgewühlt. Der Allgemeinmediziner meldete sich. „Herr Doktor!“, schrie der junge Lehrer hysterisch in die Sprechrillen. Seine Stimme überschlug sich. „Hier ist Hardy Evers ...! Karina ...! Sie hat was geschluckt ...!“

„Was hat sie geschluckt?“, wollte der Allgemeinmediziner wissen.

„Schlaftabletten ... Schmerztabletten ...“

„Wie viele?“

„Keine Ahnung.“

„Ist sie ansprechbar?“

„Nein. Sie ist bewusstlos, bietet einen entsetzlichen Anblick, hängt wie tot im Rollstuhl, röchelt markerschütternd ... Ich, ich halte das nicht aus! Ich verliere gleich den Verstand!“

„Reißen Sie sich zusammen, Hardy!“

„Ich kann nicht ...“

„Versuchen Sie Karina wachzukriegen.“

„Mein Gott, warum tut sie so etwas Furchtbares? Warum will sie sich das Leben nehmen?“

„Schütteln Sie Ihre Frau!“, riet Dr. Kayser eindringlich. „Schreien Sie sie wach! Sollte sie zu sich kommen, versuchen Sie mit allen Mitteln zu verhindern, dass sie wieder ohnmächtig wird. Flößen Sie ihr aber auf keinen Fall Milch oder Öl ein. Haben Sie mich verstanden?“

„Ja. Ja. Bitte kommen Sie, so schnell Sie können, Herr Doktor.“

„Ich bin gleich da“, versprach Dr. Kayser und legte auf.

Hardy Evers warf den Hörer auf den Apparat und eilte zu seiner Frau zurück. Wann hatte sie die Tabletten geschluckt? Wie stark war die Vergiftung bereits fortgeschritten?

„Karina!“, Er brüllte ihr ins bleiche, schlaffe Gesicht. „Karina, hörst du mich? Ich bin es! Hardy, dein Mann!“ Er griff nach ihren Schultern und schüttelte sie. „Karina, wach auf! Komm zu dir!“ Er schüttelte sie kräftiger. „Karina! Karina!“ Er schlug auf ihre Wangen, musste sich dazu überwinden.

Sie reagierte nicht.

War es schon zu spät? Konnte man nichts mehr für sie tun? War kaum noch Leben in ihr? Er schüttelte sie in seiner Panik noch kräftiger, schlug sie noch stärker, brüllte so laut ihren Namen, dass ihm die Adern weit aus dem Hals traten.

Sie regte sich, ihr Gesicht zuckte, ihre Lider flatterten, sie schlug die Augen auf, aber sie konnte sie nicht offenhalten, sie fielen ihr gleich wieder zu. Egal – sie hatte endlich reagiert. Vielleicht war es noch nicht zu spät. Vielleicht konnte sie noch gerettet werden.

Dr. Kayser kam.

„Sie hatte die Augen kurz offen“, berichtete Hardy Evers.

Der Grünwalder Arzt sah sich die Medikamente an, die sie genommen hatte. Wie viele Tabletten sich in ihrem Magen befanden, vermochte Hardy ihm nicht zu sagen. Es war auch nicht zu eruieren, wann Karina die Pillen genommen hatte.

Dr. Kayser fühlte Karina Evers’ Puls. Er war unregelmäßig und schwach. Mit Hardys Hilfe bekam Sven Kayser die junge Frau einigermaßen wach. Karina Evers war zwar nicht ansprechbar, aber sie war auch nicht mehr bewusstlos. Das war fürs erste wichtig, denn solange sie ohne Bewusstsein war, durfte man sie nicht zum Erbrechen bringen.

„Helfen Sie mir, sie ins Bad zu schaffen“, sagte Dr. Kayser.

Gemeinsam trugen sie Karina aus dem Wohnzimmer. Der Kopf der jungen Frau pendelte zwischen ihnen hin und her. Sie bekam es nicht mit. Sie bekam überhaupt nichts mit.

Im Bad legten sie Karina über den Wannenrand, und dann sorgte Dr. Kayser dafür, dass sie sich würgend erbrach. Damit weckte er gleichzeitig ihre Lebensgeister. Sie reagierte allmählich nicht nur reflexhaft.

Sobald nichts mehr hochkam, sagte Dr. Kayser: „So, und nun bringen wir sie in die Seeberg-Klinik.“

„Was wird man da mit ihr anstellen?“, wollte Hardy Evers wissen. Er trug Karina zusammen mit Dr. Kayser aus dem Bad.

„Man wird eine gründliche Magenspülung vornehmen, damit sie alle unverdauten Reste los wird“, erklärte der Grünwalder Arzt, während sie das Haus verließen. „Nach genügender Spülung erhält sie ein Abführmittel, entweder Rizinusöl oder Magnesiumsulfat. Man wird ihr Tierkohle geben, um Giftreste zu binden, ihren Kreislauf konstant unterstützen und ihr in regelmäßigen Abständen Sauerstoff zuführen. Und sie bedarf genauester Überwachung.“

Sie hoben Karina in Dr. Kaysers Wagen. Hardy Evers setzte sich neben seine Frau, und Sven fuhr los.

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