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Tags darauf hatte Dr. Sven Kayser wieder in der Seeberg-Klinik zu tun. Er sprach mit Dr. Christine Graf, sie war Fachärztin für Röntgenologie und Strahlenheilkunde über eine seiner Patientinnen und wurde anschließend auf seinem Weg zum Büro des Klinikchefs von Dr. Thomas Rüsch aufgehalten.

Dr. Rüsch war Chefanästhesist und zuständig für die Intensivstation. Er wurde Onkel Tom genannt, weil er alle Schwestern „Kindchen“ zu nennen pflegte. Sven schätzte die beispielhafte Zuverlässigkeit und die fachliche Kompetenz des sechsundvierzigjährigen Kollegen, mit dem er schon des Öfteren gearbeitet hatte. Sie wechselten ein paar freundliche Worte, dann müsste Dr. Rüsch in den OP, und Sven Kayser setzte seinen Weg fort.

Sobald er Dr. Seebergs Büro betrat, rief der Klinikchef: „Ute!“

„Ja, Chef?“, antwortete Ute Morell, seine attraktive Sekretärin. Sie trug ein Kleid, das der neuen Landhausmode zugeordnet werden konnte.

„Können wir zwei Kaffee kriegen?“

„Selbstverständlich, Chef.“

Sven gab Ulrich Seeberg die Hand. Sie setzten sich. Ute brachte den Kaffee und zog sich gleich wieder in ihr Vorzimmer zurück.

Der Grünwalder Arzt stellte die obligate Frage: „Wie geht es der Familie?“

Es gab mal ausnahmsweise nichts Neues von Ruth, Barbara und Kai zu berichten. Der familiäre Alltag des Seebergs lief zurzeit ohne Höhen und Tiefen in geregelten Bahnen.

Sehr zur Freude des Klinikchefs, denn dadurch konnte er sich besser auf seine Arbeit konzentrieren. Ulrich Seeberg trank einen Schluck Kaffee.

Er brachte das Gespräch auf Karina Evers, und Sven erzählte dem Freund, wie negativ sich die Dinge für das Ehepaar Evers entwickelt hatten.

„Es wird nicht leicht sein, Karina Evers zu bewegen, zu ihrem Mann zurückzukehren“, sagte der praktische Arzt.

„Ich habe mich aus einem ganz bestimmten Grund nach ihr erkundigt“, erklärte Ulrich Seeberg. „Erinnerst du dich an Dr. Mark Fabrick?“

„An diesen genialen Neurochirurgen und Neurophysiologen, der ein halbes Jahr hier gearbeitet hat?“

Dr. Seeberg nickte.

„Du hättest ihn damals nicht fortlassen sollen“, sagte Sven.

Ulrich Seeberg hob die Schultern. „Ich konnte ihn nicht halten. Die Amerikaner haben ihm so viel Geld geboten... Ich hätte ihm nicht einmal die Hälfte davon bezahlen können.“

Der Grünwalder Arzt seufzte. „Da sieht man’s mal wieder: Geld regiert die Welt.“

„Mark hat in Los Angeles eine sagenhafte Karriere gemacht“, berichtete Dr. Seeberg. „Man hat für ihn eine riesige Klinik gebaut, die auf Querschnittslähmungen spezialisiert ist. In Deutschland trifft es jedes Jahr rund tausend Menschen. In Amerika sind es naturgemäß wesentlich mehr. Bei uns erleiden achtzig Prozent die Rückenmarksverletzung durch Unfälle, jeder Dritte durch einen Sportunfall. Außerdem können Erkrankungen und Tumore Ursache einer Querschnittlähmung sein, und Mark Fabrick sagt: Entgegen der noch weit verbreiteten Meinung muss das nicht zwangsweise bedeuten, dass die Betroffenen lebenslang an den Rollstuhl gefesselt bleiben. Eine spontane Erholung des Rückenmarks und Krankengymnastik lassen manchen wieder auf die Beine kommen.“

Dr. Kaysers Blick erforschte das Gesicht des Freundes. „Du hast mit ihm gesprochen?“

Ulrich Seeberg nickte. „Er war hier, hat mich besucht.“

„Wann?“

„Gestern. Er hat nach dir gefragt, und nach ...“

„Und nach?“

„Nach Solveig Abel“, sagte Dr. Seeberg mit gedämpfter Stimme. „Er war betroffen, als ich ihm erzählte, dass sie nicht mehr lebt. Er hat Solveig sehr gemocht.“

„Er war ihr auch sehr sympathisch“, erinnerte sich Sven Kayser, und Bilder aus der Vergangenheit wurden in ihm wach. Er war unbeschreiblich glücklich mit Solveig gewesen, bis zu dem Tag, an dem sie auf so tragische Weise ihr Leben verloren hatte. Sein Herz krampfte sich unwillkürlich zusammen. Würde er jemals über diesen schmerzlichen Verlust hinwegkommen?

„Ich habe Mark Karina Evers’ Röntgenbilder gezeigt“, erzählte Dr. Seeberg.

Sven Kayser riss sich von seinen düsteren Gedanken los. „Was hat er dazu gesagt?“

„Er schätzte ihre Heilungschancen wesentlich höher ein als ich und erklärte sich spontan bereit, der jungen Frau zu helfen.“

„Helfen?“, fragte Dr. Kayser. „In welcher Form?“

„Er würde noch einmal nach München kommen und sie hier, in meiner Klinik, operieren“, sagte Dr. Ulrich Seeberg, „und anschließend würde er sie in seiner Klinik einer Therapie unterziehen, die er selbst entwickelt und bereits an sehr vielen Patienten mit verblüffendem Erfolg angewendet hat.“

Dr. Kaysers Hand, die die Kaffeetasse an seine Lippen führte, zitterte leicht. Er sah plötzlich ein Licht am Ende des Tunnels ...

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