Читать книгу Eifersucht, Tränen und letzter Wunsch: 5 Arztromane - A. F. Morland - Страница 15
8
ОглавлениеMartha Golombek läutete Sturm. Schwester Katja hatte ein schlechtes Gewissen, sie war zu lange bei Dr. Berger gewesen, hatte sich verplaudert und eilte nun zu der ungeduldigen Patientin.
„Hören Sie, was ist denn mit Ihnen los?“, keifte Frau Golombek. „Haben Sie geschlafen oder was?“
„Ich hatte auf einer anderen Station zu tun“, erwiderte Katja, und das war nicht einmal gelogen.
„Ich klingle mir hier den Finger wund, und Sie gehen auf anderen Stationen spazieren? Das werde ich melden.“
„Ich war nicht spazieren ...“
„Stellen Sie sich vor, dies wäre ein Notfall gewesen. Dann wäre ich jetzt wahrscheinlich schon tot, und Sie hätten mich auf dem Gewissen.“
„Ich bin ja nun hier, Frau Golombek“, sagte Schwester Katja unendlich sanft.
„Zu spät“, schnauzte die Patientin sie an. „Viel zu spät. Ich klingle seit einer Viertelstunde.“
„Und weswegen?“, erkundigte sich die Pflegerin geduldig.
Martha Golombek deutete mit dem Kopf in Richtung Waschbecken.
„Der Wasserhahn tropft.“
„Und deshalb klingeln Sie wie von Sinnen?“ Katja hatte sich fest vorgenommen, sich von diesem lästigen Quälgeist nicht aus der Reserve locken zu lassen, doch nun spürte sie doch düsteren Groll in sich aufsteigen.
„Natürlich“, keifte Martha Golombek mit böse funkelnden Augen. „Weil ich nicht einschlafen kann. Dieses Geräusch ist ja die reinste Folter.“
„Und warum sind Sie nicht aufgestanden und haben den Wasserhahn fester zugedreht?“
„Ich bin Patientin und kein Installateur.“
„Und ich bin Krankenschwester und kein Installateur“, konterte Katja kühl.
„Sie haben dafür zu sorgen, dass ich mich in dieser Klinik wohlfühle.“
„Ich tue für unsere Patienten alles, aber ich drehe für sie keine Wasserhähne zu, die sie selbst schlecht zugedreht haben“, stellte Katja Stemmle ungewöhnlich scharf klar. Ihr Geduldsfaden war schon gefährlich ausgefranst, er drohte zu reißen. „Wenn Sie wollen, dass das Tropfen aufhört, sorgen Sie selber dafür.“
„Sie impertinente, ungefällige, faule Person, wie reden Sie mit mir?“ Martha Golombek schlug mit den Fäusten auf die Matratze. „Was nehmen Sie sich mir gegenüber heraus? Sie scheinen wohl zu vergessen, wen Sie vor sich haben.“ Jetzt streckte sie die Fäuste hoch und schüttelte sie. „Ich lasse mir Ihre Frechheiten nicht bieten. Ich werde morgen von Dr. Härtling verlangen, dass er Sie entlässt, weil Sie als Krankenschwester ebensowenig taugen wie diese alte Rentnerin, die hier die Stationen unsicher macht.“
„Ich bedanke mich für das Kompliment.“ Katja Stemmle verneigte sich spöttisch.
„Für welches Kompliment?“
„Wenn man mich mit Schwester Annegret gleichsetzt, ist das für mich eine Ehre - und somit ein Kompliment“, erklärte Katja und schickte sich an, den Raum zu verlassen.
„He! Sie! Hiergeblieben!“, schrie die Patientin. „Was ist mit dem Wasserhahn?“
Katja drehte sich in der bereits offenen Tür um. „Was soll damit sein?“
„Er tropft.“
„Dann stellen Sie’s ab“, sagte Katja und ging hinaus.