Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 72
Оглавление33.
Als Brian zu seinem Zimmer zurückkehrte, war Rick bereits dort. Aber er war nicht allein dort. Nora war auch mitgekommen und außerdem war noch Alec Murphy mit auf dem Zimmer. Er hatte ein paar Bücher, die voll von seltsamen Zeichen waren, auf den Boden ausgebreitet und blätterte etwas hektisch darin herum, während er sich zwischendurch andauernd die dicke Brille wieder die Nase hochschob.
„Hey, was ist das denn, eine Volksversammlung?“, meinte Brian. „Oder traust du dich nur nicht, die Nacht mit mir allein auf dem Zimmer zu verbringen, Rick!“
„Quatsch!“, wehrte Rick ab. „Wir kümmern uns darum, dass du keine Bestie wirst...“
„Und davon abgesehen würde ich sicherlich als erster bemerken, wenn du im Begriff bist, dich zu verwandeln und alle zu Hundefutter zu verarbeiten“, meinte Nora. „Vorausgesetzt, du gestattest mir, fortlaufend deine Gedanken zu lesen und schwärzt mich deswegen nicht am Ende noch bei Mister Galway an.“
Rick zuckte die Achseln. „Naja, falls es wirklich ernst werden sollte und Mister Grants Wundersubstanz nichts nützt, dann hätten wir anderen vielleicht gerade noch Gelegenheit, rechtzeitig zu flüchten.“
Brian runzelte die Stirn.
„Das ist doch nicht zu glauben!“, meinte er empört. „Ihr beiden Streithähne seid euch etwa mal einig?“
„Sag du es ihm, Rick“, forderte Nora und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. „Dann kommt es vielleicht irgendwie etwas glaubwürdiger rüber!“
Rick kratzte sich etwas verlegen am Kinn. „Ich bin zwar eigentlich grundsätzlich gegen das Gedankenlesen und kann Mister Galway im Prinzip in allem zustimmen, was er über die Achtung der Privatsphäre und so weiter immer gesagt hat, aber in diesem speziellen Fall, würde ich sagen, ist Noras Vorschlag eigentlich keine schlechte Idee. Und davon abgesehen...“
Er sprach zunächst nicht weiter, sondern sah nur kurz zu Nora hinüber, die Ricks Blick auswich.
„Ja?“, fragte Brian.
„Brian, ich glaube, sie tut es sowieso. Ganz gleich, ob du es ihr nun erlaubst oder nicht. Und da du dich noch nicht so richtig perfekt dagegen abschirmen kannst, ist das schon eine gute Lösung so.“
Jetzt meldete sich Alec zu Wort, der von seinen Büchern aufsah. „Vielleicht könnten wir uns mal wieder auf das eigentliche Problem konzentrieren“, meinte Alec.
„Ich nehme mal an, dass du in alles eingeweiht bist“, vergewisserte sich Brian.
Alec nickte und schob sich zum wiederholten Mal die Brille die Nase hoch. „Für den Notfall habe ich mir ein paar magische Rituale herausgesucht, die man gegen Werwölfe in der Verwandlungsphase anwenden kann. Allerdings sind die alle nicht erprobt und es gibt in der mir zugänglichen Literatur auch leider keine Belege dafür, dass sie tatsächlich auch wirksam sind.“
„So ein Pech aber auch“, murmelte Brian.
„Da ich schon deine Gedanken lese, war ich auch mal an deinem Computer“, eröffnete Nora.
Brian seufzte. „Der Schrecken nimmt wirklich kein Ende!“
„Ich habe im Internet mal einiges über diesen Alchemisten herausgesucht, den Oliver Grant erwähnte. Sein Name ist ja wohl Reginald Gordon. War ein Puritaner, der England auf Grund seines Glaubens verlassen musste und hier in Massachusetts ein neues Leben anfing. Er wurde später übrigens verhaftet.“
„Weswegen?“, fragte Brian.
„Wegen Betruges. Er gab vor, Arzt zu sein und vertrieb ein Mittel, dass gegen die Verwandlung in Werwölfe, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen helfen sollte und von dem vermutet wird, dass es gegen keines dieser Leiden wirklich half.“
„Oh“, entfuhr es Brian. „Das klingt nicht gerade besonders verheißungsvoll.“
Brian setzte sich auf sein Bett, weil sonst kein Platz mehr frei war. Er fühlte sich nicht gut. Ihm war, als würde jemand ihm ganz langsam die Luftzufuhr abschnüren.
„Also nach allem, was ich bisher über den Verlauf früherer Werwolf-Plagen herausgefunden habe, hingen sie alle mehr oder weniger mit diesem Wesen zusammen, das der Gehörnte genannt wird“, erklärte Alec und klappte jetzt mit einer entschiedenen Bewegung eines der dicken Bücher zu, in die er zuvor noch intensiv seine Nase gesteckt hatte. „Und auch Mister Galway hat diesen Zusammenhang ja schon erwähnt...“
„Ja und was bringt uns diese Erkenntnis nun?“
„Es könnte sein, dass wir nur weiterkommen, wenn wir gegen den Gehörnten etwas unternehmen – und dass dann auch der Drang zur Verwandlung gestoppt werden könnte. Ich habe einen Hinweis auf eine Werwolf-Plage gefunden, die sich um 1890 in Buenos Aires ereignete, wo es einem offenbar übersinnlich begabten Priester gelungen ist, den Gehörnten zu bannen, als dieser gerade seine Geschöpfe um sich scharrte.“ Alec seufzte. „Aber die Hinweise, die ich hier habe, sind einfach zu dürftig...“
„Wir brauchen etwas, was wir jetzt anwenden können“, meinte Nora. „Nicht erst nach zweihundert Jahren intensiver Forschungsarbeit oder so...“ Ihre Finger glitten über die Computertastatur. „Über eine Werwolf-Plage in Buenos Aires scheint es hier nichts zu geben.“
„Wundert dich das?“, fragte Alec. „Natürlich wurde das alles möglichst geheim gehalten. Und davon abgesehen wird der Gehörnte schon Mittel und Wege haben, um dafür zu sorgen, dass nicht ausgerechnet seine Niederlagen publik werden. Schließlich könnte ihm das ja gefährlich werden, wenn andere das nachmachen...“
„Was wollte übrigens Mister Van Ray noch von dir?“, fragte jetzt Rick.
Alle Augen waren nun auf Brian gerichtet. „Ein Extra-Date mit dem Ekel-Paket unserer Schule – das muss einen besonderen Grund gehabt haben“, meinte sie.
„Ich dachte, du liest meine Gedanken“, erwiderte Brian spitz.
„Tu ich auch, aber die ergeben keinen Sinn!“
„Also es wäre nett, wenn ihr uns uneingeweihte Nicht-Teilnehmer an diesem Treffen und Nicht-Gedankenlesern auch mal einweiht!“, verlangte Rick.
„Van Ray hat ihn einer Art übersinnlichen Prüfung oder so etwas unterzogen“, meinte Nora, noch bevor Brian das Ereignis selbst schildern konnte. „Er wird wohl aus irgendeinem Grund Verdacht geschöpft haben... Aber er hat nichts festgestellt!“
„Unser Werwolf-Experte?“, mischte sich Alec ein. „Das ist ungewöhnlich.“
„Leider kann ich Mister Van Rays Gedanken nicht lesen“, sagte Nora. „Aber wenn er in Wahrheit auf der Seite übler Mächte stünde, würde mich das nicht wundern. Ja, seht mich nicht so an, das war ein Witz, Leute!“
„Jedenfalls bräuchte Mister Van Ray sich nicht erst in einen Werwolf zu verwandeln, um zu einer reißenden Bestie zu werden“, ergänzte Rick. „Das ist er auch schon in Menschengestalt! Seltsam, bei ihm habe ich nie herausbekommen, woraus seine eigenen übersinnlichen Fähigkeiten genau bestehen.“
„Aber es gibt jemanden, der meine beginnende Verwandlung eigentlich hätte bemerken müssen!“, stellte Brian plötzlich fest.
„Wer?“, fragte Nora.
„Rebecca! Sie kann die Aura des Bösen erkennen. Und bei mir hat sie nichts gesehen... Oder sie wollte nichts sehen!“
„Aber sie war doch gar nicht bei deinem Kampf mir den Werwölfen dabei!“, meinte Rick.
„Aber die hat Brians Schrammen geheilt“, stellte Nora fest. „Ja. Sorry, das war in deinen Gedanken – und Rebeccas auch. Da hätte ich eigentlich schon daran denken müssen...“
„Ein Heiler nimmt unter Umständen einen Teil des Übels in sich auf, das er heilt!“, stellte Alec fest. „Das ist nun wirklich eine okkulte Binsenweisheit! Die findet man in allen eingängigen Schriften.“
„Oh nein“, stieß Rick hervor. „Sag, dass das nicht wahr ist: Wir haben einen zweiten Fall von Wolfsverwandlung?“
„Beginnende Verwandlung“, korrigierte Alec. „Es dürfte bei ihr noch nicht so weit fortgeschritten sein. Außerdem geht es bei ihr vermutlich langsamer vor sich, weil sie ja nicht selbst durch den Wolf verletzt worden ist!“
„Dann sollte ihr jemand Bescheid sagen!“, meinte Rick.
„Und abgesehen davon, sollten wir uns in den geheimen Teil der Bibliothek begeben, wenn wir noch etwas mehr herausfinden wollen!“, erklärte Alec. „Und dazu brauche ich eure Hilfe.“
„Den geheimen Teil der Bibliothek? Ich dachte, der ist magisch versiegelt und hinter Schloss und Riegel!“, stieß Nora erstaunt hervor.
„Habe ich alles geknackt!“, erklärte Alec.
In diesem Moment ertönte von draußen aus der Ferne das Heulen eines Wolfs.