Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 83
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»Henker, walte deines Amtes!«, rief der Inquisitor mit kräftiger Stimme.
Dicht gedrängt standen die Dorfbewohner vor dem alten Holzkarren. Mit flammenden Augen und gespannten Zügen verfolgten sie die Handgriffe, die der Henker, der Anthony Ballard hieß, nun verrichtete. Alles, was laufen konnte, war gekommen, um die sieben Hexen hängen zu sehen. Sieben Hexen! Junge Mädchen. Eines so bildhübsch wie das andere.
Und doch hatte man sie der Hexerei überführt. Unzucht mit dem Teufel hatten sie getrieben. Die Nachbarn hatten sie auf glühenden Besen durch das Dorf reiten sehen. Beim Hexensabbat hatten sie die schrecklichsten Dinge getan.
Nun sollten sie für allen Frevel, für alles, was sie getrieben hatten, bestraft werden. Kaum einer der Dorfbewohner hatte Mitleid mit ihnen, denn man wusste, dass diese Mädchen nur nach außen hin schön waren. Innerlich waren sie verkommen, böse. Wahre Bestien waren sie, die den Leuten Angst gemacht, Unheil über sie gebracht und Krankheit und Tod verbreitet hatten.
Damit sollte es nun ein für alle Mal vorbei sein. Die Hexen sollten hängen.
Am Galgenbaum.
Es war ein mächtiger, knorriger Baum, an dem schon viele Räuber, Diebe und Schinder aufgeknüpft worden waren.
Mit dicken, bizarren Ästen stellte er ein Furcht einflößendes Mahnmal der Gerechtigkeit dar.
An diesem Baum sollten die sieben Hexen hängen. Alle sieben gleichzeitig. Es war genügend Platz für sie da. Und die Schlingen waren ebenfalls vorhanden.
Anthony Ballard, der gewichtige Henker, ging von einem Mädchen zum anderen. Er schaute ihnen nicht in die Augen, denn er hatte Angst vor ihrem bösen Blick. Mit schnellen Bewegungen streifte er ihnen die Hanfschlinge über den Kopf. Als er bei der siebenten Hexe angelangt war, hielt die Menge unwillkürlich den Atem an.
Er streifte auch ihr die Schlinge über den Kopf und zog sie um ihren weißen schlanken Hals zusammen.
Da begann das Mädchen grell zu lachen. Den Zuschauern stockte das Blut in den Adern, so furchtbar klang das Lachen. Die meisten Leute verspürten in diesem schaurigen Moment eine Gänsehaut über den Rücken laufen.
Giftgrüne Augen hatte das schöne Mädchen. Einen verlockenden Mund, der viele Männer in diesem Dorf schon geküsst hatte. Und einen Körper hatte die Hexe, den viele Männer dieses Dorfes schon besessen hatten.
Noch einmal lachte sie grell.
Anthony Ballard wich unwillkürlich vor ihr zurück. Obwohl sie, wie alle anderen, an Armen und Beinen gefesselt war, hatte der Henker eine seltsame Angst vor ihr.
»Ihr Verrückten!«, schrie die Hexe mit schriller Stimme. »Hängen wollt ihr uns! Da kann ich nur lachen. Wisst ihr denn nicht, dass man uns nicht töten kann? Hexen sind wir! Jawohl! Keinen Augenblick lang haben wir es geleugnet, denn wir sind stolz darauf, Bräute des Satans zu sein. Will es euch denn nicht in den Kopf gehen, dass man uns nichts anhaben kann? Wenn ihr uns jetzt hinrichtet, werden wir vor euren Augen sterben. Aber täuscht euch nicht, denn wir werden nicht wirklich tot sein. Wir werden weiterleben bis in alle Ewigkeit. Und wir werden wiederkommen. Immer wieder. Wir werden in eurem verfluchten Dorf Angst und Schrecken verbreiten. Wir werden eure Kinder und Kindeskinder für eure Tat bestrafen. Kein Glück wird diesem Dorf mehr beschieden sein. Verdammt werdet ihr sein – für alle Zeiten!«
Die Leute bekreuzigten sich entsetzt.
Ein Murren und Raunen ging durch die Menge.
Schließlich fand einer den Mut, zu rufen: »Aufhängen! Henker, mach doch endlich Schluss mit diesen verfluchten Bestien!«
»Ja, Schluss machen!«
»Aufhängen!«
»Bring sie um, Ballard!«, schrien die Leute hysterisch.
Der Henker sprang vom Karren.
Er griff nach der Peitsche, sah sich nicht nach den verfluchten Hexen um, hob die Peitsche und drosch sie dem schnaubenden Pferd auf die schimmernde Kruppe. Wiehernd sauste das Tier nach vorn, riss den Karren mit.
Ein Stöhnen ging durch die Menge.
Die sieben Hexen rutschten vom Karren. Eine nach der anderen.
Sie zappelten mit den Beinen, als sich die Schlingen um ihre Hälse zusammenzogen. Ihr Todeskampf währte nur wenige Augenblicke.
Plötzlich schrie jemand in der vordersten Reihe der Zuschauer mit schreckgeweiteten Augen: »Seht doch! Seht!«
Zitternd wies er auf die hin und her baumelnden Hexen. Ihre jungen Gesichter begannen zu altern. Sie wurden grau, wurden faltig, fielen ein – und dann gingen sie plötzlich in Verwesung über...
Dies alles geschah im Jahr 1674.