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Drittes bis Sechstes Bändchen
XII.
Der Geist und das Herz
Оглавление»Mylord,« sprach der Graf de la Fère, »Ihr seid ein edler Engländer, Ihr seid ein redlicher Mann; Ihr sprecht mit einem edlen Franzosen, mit einem Mann von Herz. Ich sagte Euch, das in diesen zwei Tonnen enthaltene Gold gehöre mir, ich hatte Unrecht! es ist dies die erste Lüge, die ich in meinem Leben gesprochen habe, allerdings eine augenblickliche Lüge. Dieses Gold ist das Eigenthum von König Karl II., der, aus seinem Vaterland verbannt, aus seinem Palast vertrieben, eine Waise zugleich seines Vaters und seines Thrones, selbst des traurigen Glückes beraubt ist, auf den Knieen den Stein zu küssen, auf dem von der Hand seiner Mörder die einfache Grabschrift steht, welche ewig um Rache gegen sie schreien wird:
»»Hier liegt König Karl I.««
Monk erbleichte leicht, und durch einen unmerklichen Schauer runzelte sich seine Haut und sträubte sich sein grauer Schnurrbart.
»Ich,« fuhr Athos fort, »ich, der Graf de la Fère, ich der einzige, der letzte Getreue, der dem armen verlassenen Prinzen geblieben ist, habe ihm angeboten, den Mann aufzusuchen, von dem heute das Schicksal des Königthums in England abhängt, und ich bin gekommen, und ich habe mich unter den Blick dieses Mannes gestellt, ich. habe mich nackt und unbewehrt in seine Hände gegeben und sage zu ihm:
»»Mylord, hier ist das letzte Mittel eines Feinsten, den Gott zu Eurem Herrn, den seine Geburt zu Eurem König gemacht hat; von Euch, von Euch allein hängen seine Zukunft und sein Leben ab. Wollt Ihr dieses Gold anwenden, um England von den Uebeln zu heilen, die es während der Anarchie erleiden mußte, das heißt, wollt Ihr oder wollt Ihr nicht König Karl II. unterstützen oder ihn wenigstens gewähren lassen? Ihr seid der Herr, Ihr seid der König, allmächtiger König und Herr, denn der Zufall macht oft das Werk der Zeit und Gottes zu Nichte. Ich bin allein mit Euch, Mylord; erschreckt es Euch, daß der Erfolg ein getheilter sein soll, bedrückt Euch meine Genossenschaft, Ihr seid bewaffnet, Mylord, und hier ist ein geöffnetes Grab; berauscht Euch im Gegentheil die Begeisterung für Eure Sache, seid Ihr das, was Ihr zu sein scheint, gehorcht Eure Hand in dem, was Ihr unternehmt. Eurem Geist und Euer Geist Eurem Herzen, so ist hier das Mittel, der Sache Eures Feindes Karl Stuart für immer den Todesstoß zu geben. Tödtet den Mann, den Ihr vor Augen habt, denn dieser Mann wird zu demjenigen, welcher ihn geschickt, nicht zurückkehren, ohne ihm das Gut zu bringen, das ihm von Karl I., seinem Vater, anvertraut worden ist, und nehmt das Gold, das den Bürgerkrieg zu unterhalten dienen kann. Ach! Mylord, das ist die unselige Bedingung dieses unglücklichen Prinzen: er muß bestechen oder tödten, denn Alles widersteht ihm, Alles stößt ihn zurück, Alles ist ihm feindselig, und dennoch ist er mit dem göttlichen Siegel bezeichnet, und um sein Blut nicht Lügen zu strafen, muß er den Thron wieder besteigen oder auf dem heiligen Boden des Vaterlandes sterben.««
»Mylord, Ihr habt mich verstanden. Jedem Andern, als dem erhabenen Mann, der mich hört, hätte ich gesagt: »»Mylord. Ihr seid arm; Mylord, der König bietet Euch diese Million als Angeld eines ungeheuren Handels; nehmt sie und dient Karl II, wie ich Karl l. gedient habe, und ich bin fest überzeugt, daß Gott, der uns hört, der uns sieht, der allein in Eurem für alle menschlichen Blicke verschlossenen Herzen liest . . . ich bin fest überzeugt, daß Euch Gott ein seliges ewiges Leben nach einem glücklichen Tod schenken wird.«« Doch zu dem General Monk, zu dem erhabenen Mann, dessen Größe ich ermessen zu haben glaube, sage ich:
»Mylord, es gibt für Euch in der Geschichte der Völker und der Könige einen glänzenden Platz, eine unsterbliche, unvergängliche Glorie, wenn Ihr allein, ohne ein anderes Interesse als das Wohl Eures Vaterlandes und das Interesse, der Gerechtigkeit die Stütze Eures Königs werdet. Viele Andere sind Eroberer und glorreiche Usurpatoren geworden. Ihr, Mylord, Ihr werdet Euch begnügt haben, der tugendhafteste, der unbescholtenste und der redlichste der Menschen zu sein. Ihr werdet eine Krone in Eurer Hand gehabt haben, und statt sie Eurer Stirne anzuschmiegen, habt Ihr sie auf die Stirne desjenigen gesetzt, für welchen sie bestimmt war. Oh! Mylord, handelt so, und Ihr vermacht der Nachwelt den beneidetsten Namen, den je ein menschliches Geschöpf zu tragen sich rühmen kann.««
Athos hielt inne. Während der ganzen Zeit, die der edle Ritter gesprochen, hatte Monk kein Zeichen der Billigung oder der Mißbilligung von sich gegeben; kaum hatten sich während dieser gewaltigen, aufstachelnden Rede seine Augen mit jenem Feuer belebt, das den Verstand und den Scharfsinn bezeichnet. Der Graf de la Fère schaute ihn traurig an und fühlte, als er dieses düstere Gesicht sah, wie die Entmuthigung tief in sein Herz eindrang. Endlich schien sich Monk zu beleben, und das Stillschweigen brechend sprach er mit sanftem und ernstem Tone:
»Mein Herr, ich will mich zur Erwiederung Eurer eigenen Worte bedienen. Jedem Andern als Euch würde ich durch die Austreibung, durch das Gefängnis oder durch etwas noch Schlimmeres antworten. Denn Ihr versucht mich am Ende und thut wir zugleich Gewalt an. Doch Ihr seid einer von den Männern, mein Herr, denen man die Aufmerksamkeiten und die Räcksichten, die sie verdienen, nicht verweigern kann; Ihr seid ein braver Edelmann, mein Herr, ich sage es und ich verstehe mich daraus. So eben spracht Ihr mir von einem Gute, das Euch der verstorbene König für seinen Sohn anvertraut habe: Seid Ihr nicht einer von jenen Franzosen, die, wie ich sagen hörte, Karl aus White-Hall entführen wollten?«
»Ja, Mylord, ich befand mich während, der Hinrichtung unter dem Schaffot; ich, der ich ihn nicht hatte retten können, empfing auf meine Stirne das Blut des königlichen Märtyrers; ich empfing zu gleicher Zeit das letzte Wort von Karl I.; zu mir sagte er«: Remember! und indem er: Erinnere Dich! zu mir sprach, spielte er auf das Gold an, das zu Euren Füßen liegt, Mylord.«
»Ich habe viel von Euch sprechen hören, mein Herr,« sagte Monk, »doch ich fühle mich glücklich, daß ich Euch von Anfang an nach meiner eigenen Eingebung und nicht nach Erinnerungen geschätzt habe. Ich werde Euch deshalb Erklärungen geben, die ich noch Niemand gegeben, und Ihr werdet einsehen, welchen Unterschied ich zwischen Euch und den Personen mache, die bis jetzt zu mir gesandt worden sind.«
Athos verbeugte sich und schickte sich an, gierig diese Worte einzusaugen, welche eines nach dem andern von dem Munde von Monk fielen, diese Worte so selten und kostbar wie der Thau in der Wüste.
»Ihr sprecht mir von König Karl II,« begann Monk; »doch ich bitte Euch, mein Herr, sagt mir, was geht mich dieses Gespenst eines Königs an? Ich bin alt geworden im Krieg und in der Politik, welche heut zu Tage so eng mit einander verbunden sind, daß jeder Mann vom Schwert, kraft seines Rechtes oder seines Ehrgeizes, mit einem persönlichen Interesse und nicht blindlings hinter einem Officier, wie bei den gewöhnlichen Kriegen, kämpfen muß. Ich wünsche vielleicht nichts, aber ich fürchte viel. Auf dem Krieg beruht heute die Freiheit Englands und vielleicht die jedes Engländers. Warum soll ich, der ich frei bin in der Stellung, die ich mir gemacht habe, die Hand den Ketten eines Fremden reichen? Karl ist nur dieses für mich. Er hat Schlachten geliefert, die er verloren, folglich ist er ein schlechter Feldherr! er hat bei keiner Unterhandlung gesiegt, folglich ist er ein schlechter Diplomat; er hat sein Elend an allen Höfen Europas umhergetragen, folglich ist es eine schwache, kleinmüthige Seele. Nichts Edles, nichts Großartiges, nichts Starkes ist noch aus diesem Geist hervorgegangen, der eines der größten Reiche der Erde zu regieren trachtet. Ich kenne also diesen Karl nur unter schlimmen Aussichten, und Ihr wollt, daß ich, ein Mann von gesundem Verstand, mich freiwillig zum Sklaven eines Geschöpfes mache, das an militärischer Fähigkeit, an Politik und an Würde unter mir steht? Nein, mein Herr, hat mich eine große und edle Handlung Karl schätzen gelehrt, dann werde ich vielleicht seine Rechte auf einen Thron anerkennen, von dem wir den Vater gestoßen haben, weil es ihm an den Tugenden gebrach, an denen es bis jetzt auch dem Sohne gebricht; bis jetzt aber erkenne ich, was Rechte betrifft, nur die meinigen an. Die Revolution hat mich zum General gemacht, mein Schwert wird mich zum Protector machen, wenn ich will. Karl zeige sich, er erscheine und unterwerfe sich dem Wettkampf, der dem Genie geöffnet ist; und er erinnere sich besonders, daß er einem Geschlechte angehört, von dem man mehr verlangen wird, als von jedem andern. Sprechen wir also nicht mehr hiervon, mein Herr, ich schlage weder aus, noch nehme ich an; ich behalte mir vor, ich warte.«
Athos wußte, daß Monk zu gut von Allem unterrichtet war, was sich auf Karl II., bezog, um den Streit weiter zu treiben. Es war weder hierzu die Stunde, noch der Ort.
»Mylord,« sagte er, »ich habe Euch also nur noch zu danken.«
»Und wofür, mein Herr? Dafür, daß Ihr mich gut beurtheilt habt, und daß ich nach Eurem Urtheil. gehandelt habe? Oh! wahrhaftig, ist das der Mühe werth? Dieses Geld, das Ihr König Karl überbringen werdet, soll mir als Beweis für ihn dienen, wenn ich sehe, was er damit zu machen verstehen wird. Ohne Zweifel werde ich eine Ansicht fassen, die ich nicht habe.«
»Glaubt sich indessen Eure Herrlichkeit, nicht zu gefährden, wenn sie eine Summe abgehen läßt, welche bestimmt ist, den Waffen ihres Feindes zu dienen?«
Mein Feind, sagt Ihr? Ei! mein Herr, ich habe keine Feinde. Ich bin im Dienst des Parlaments, das mir den General Lambert und den König Karl, seine Feinde und nicht die meinigen, zu bekämpfen befiehlt. Ich kämpfe also. Würde mir im Gegentheil das Parlament befehlen, den Hafen von London mit Fahnen zu schmücken, die Soldaten am User zu versammeln, König Karl II. zu empfangen . . . «
»Ihr würdet gehorchen?« rief Athos voll Freude.
»Verzeiht,« erwiederte Monk lächelnd, »ich, ein Graukopf, war im Begriff . . . in der That, wo hatte ich denn meinen Verstand? ich war im Begriff, eine jugendliche Albernheit zu sagen.«
»Ihr würdet also nicht gehorchen?«
»Ich sage das eben so wenig, mein Herr. Vor Allem das Heil meines Vaterlandes! Gott, der mir gnädigst die Kraft verliehen hat, wollte ohne Zweifel, daß ich diese Kraft zum Wohl Aller besäße, und er hat mir zugleich die Unterscheidungsgabe verliehen. Fiele es dem Parlament ein, mir dergleichen zu befehlen, so würde ich nachdenken.«
Athos verdüsterte sich.
»Ah! ich sehe, daß Eure Herrlichkeit entschieden nicht geneigt ist, Karl II. zu begünstigen?«
»Ihr fragt mich immer, Herr Graf; laßt nun die Reihe auch an mir sein, wenn es Euch beliebt.«
»Thut es, mein Herr, und möge Euch Gott den Gedanken eingeben, mit mir so offenherzig zu reden, als ich Euch antworten werde?«
»Welchen Rath werdet Ihr Eurem Prinzen geben, wenn Ihr ihm diese Million zurückgebracht habt?«
Athos schaute Monk mit einem stolzen, entschiedenen Blick an und erwiederte:
»Mylord, mit dieser Million, welche Andere vielleicht zu Unterhandlungen anwenden würden, will ich dem König rathen, zwei Regimenter anzuwerben, sich nach Schottland, wo Ihr den Frieden wiederhergestellt habt, zu begeben und dem Volk die Freiheiten zu verleihen, die ihm die Revolution versprochen, aber nicht völlig gewährt hat. Ich werde ihm rathen, dieses kleine Heer, das sich, glaubt mir, vergrößern würde, in Person zu befehligen, sich die Fahne in der Hand und das Schwert in der Scheide tödten zu lassen und zu sagen: »»Engländer! das ist der Dritte meines Geschlechts, den Ihr tödtet: nehmt Euch in Acht vor der Gerechtigkeit Gottes!««
Monk neigte das Haupt und träumte einen Augenblick.
»Wenn es ihm gelänge,« sagte er, »was unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, denn nichts in der Welt ist unmöglich, was würdet Ihr ihm rathen?«
»Er möge bedenken, daß er durch den Willen Gottes seine Krone verloren, daß er sie aber durch den Willen der Menschen wieder erlangt habe.«
Ein spöttisches Lächeln schwebte über die Lippen von Monk.
»Leider, mein Herr, verstehen es die Könige nicht, einen guten Rath zu befolgen,« sagte er.
»Ah! Mylord, Karl II. ist kein König,« entgegnete Athos ebenfalls lächelnd, aber mit einem ganz andern Ausdruck, als es Monk gethan hatte.
»Nun, Herr Graf, machen wir die Sache kurz; nicht wahr, das ist Euer Wunsch?«
Athos verbeugte sich.
»Ich will also Befehl geben, daß man diese zwei Tonnen dahin bringt, wo Ihr sie zu haben wünscht. Wo haltet Ihr Euch auf?«
In einem kleinen Flecken an der Mündung des Flusses, Eure Herrlichkeit.«
»Oh! ich kenne den Flecken: nicht wahr, er besteht aus fünf bis sechs Häusern?«
»So ist es. Ich bewohne das erste, zwei Fischer haben es mit mir inne, und ihre Barke hat mich ans Land gebracht.«
»Doch Euer Schiff, mein Herr?«
»Mein Schiff liegt eine Viertelsmeile im Meer vor Anker und erwartet mich.«
»Ihr gedenkt aber doch nicht auf der Stelle abzureisen?«
»Mylord, ich werde es noch einmal versuchen, Eure Herrlichkeit zu überzeugen.«
»Das wird Euch nicht gelingen,« erwiederte Monk. »Doch es ist wichtig, daß Ihr Euch von Newcastle entfernt, ohne von Eurer Anwesenheit den geringsten Verdacht zurückzulassen, der Euch oder mir schaden könnte. Morgen, glauben mein? Officiere, werde mich Lambert angreifen. Ich verbürge mich im Gegentheil, daß er sich nicht rührt; das ist in meinen Augen unmöglich. Lambert führt ein Heer ohne übereinstimmende Grundsätze an, und mit solchen Elementen ist kein Heer möglich. Ich habe meine Soldaten dahin unterrichtet, daß sie meine Macht einer höheren Macht unterordnen, so daß sie nach mir, und nicht nur unter mir, noch etwas versuchen. Daraus geht Hervor, daß mein Heer, wenn ich todt bin, was geschehen kann, nicht sogleich demoralisirt sein wird; daraus geht hervor, daß, wenn es mir gefiele, zum Beispiel auf einige Zeit wegzugehen, was mir zuweilen gefällt, in meinem Lager nicht ein Schatten von Unruhe oder Unordnung entstünde. Ich bin der Magnet, die sympathetische und natürliche Kraft der Engländer. Alle diese zerstreuten Schwerter, die man gegen mich schickt, werde ich an mich ziehen. Lambert befehligt in diesem Augenblick achtzehntausend Ausreißer. Doch davon habe ich, wie Ihr wohl fühlt, nicht mit meinen Officieren gesprochen. Nichts ist nützlicher für eine Armee, als das Gefühl einer nahe bevorstehenden Schlacht: Jedermann bleibt wach, Jedermann ist auf seiner Hut. Ich sage Euch das, damit Ihr in voller Sicherheit leben möget. Beeilt Euch also nicht zu sehr, über das Meer zurückzukehren: binnen acht Tagen wird sich etwas Neues ereignen, sei es die Schlacht, sei es der Vergleich. Dann, da Ihr mich als einen redlichen Mann beurtheilt und mir Euer Geheimniß anvertraut habt, und da ich Euch für dieses Vertrauen zu danken habe, werde ich Euch einen Besuch machen, oder Euch zu mir bitten. Ich fordere Euch also noch einmal auf, reist nicht eher ab, als bis Ihr Kunde von mir habt.«
»Ich verspreche es Euch, General,« rief Athos von einer so großen Freude ergriffen, daß er trotz seiner Vorsicht einen Funken davon aus seinen Augen springen zu lassen sich nicht erwehren konnte.
Monk gewahrte diese Flamme und löschte sie sogleich durch jenes stumme Lächeln aus, das stets bei denjenigen, welche mit ihm sprachen, den Weg abschnitt, den sie in seinem Geiste gemacht zu haben glaubten.
»Mylord,« sagte Athos, »acht Tage bestimmt Ihr mir als Frist?«
»Ja, mein Herr, acht Tage.«
»Und was soll ich während dieser acht Tage thun?«
»Wenn eine Schlacht stattfindet, haltet Euch fern, ich bitte Euch. Ich weiß, daß die Franzosen nach dergleichen Unterhaltungen lüstern sind; Ihr würdet gern sehen wollen, wie wir uns schlagen, und könntet dabei eine verirrte Kugel in den Leib bekommen; unsere Schottländer schießen sehr schlecht, und ein würdiger Edelmann wie Ihr soll nicht verwundet auf den Boden Frankreichs zurückkehren. Ich will endlich nicht genöthigt sein, selbst Eurem Prinzen die von Euch zurückgelassene Million zu überschicken; denn man würde dann sagen, und zwar mit Recht, ich bezahle den Prätendenten, damit er gegen das Parlament Krieg führe.
»Geht, mein Herr, und es geschehe zwischen uns, wie es verabredet ist.«
»Ah! Mylord,« sprach Athos, »welche Freude wäre es für mich, zuerst in das edle Herz eingedrungen zu sein, das unter diesem Mantel schlägt!«
»Ihr glaubt also entschieden, ich habe Geheimnisse,« sagte Monk, ohne den halb heiteren Ausdruck seines Gesichtes zu verändern. »Ei! mein Herr, welches Geheimnis? soll sich denn in dem hohlen Kopf eines Soldaten finden? Doch es ist spät, unsere Laterne erlischt und wir wollen unsern Mann rufen.«
»Hollah!« rief Monk französisch, indem er sich der Treppe näherte, »hollah! Fischer!«
Schlaftrunken durch die Frische der Nacht, antwortete der Fischer mit einer heiseren Stimme und fragte, was man von ihm wolle.
»Gehe bis zum Posten,« sagte Monk, »und befiehl dem Sergenten im Auftrag des General Monk, sogleich hierherzukommen.«
Das war ein Befehl, der sich leicht vollziehen ließ, denn durch die Anwesenheit des Generals in dieser verödeten Abtei neugierig gemacht, hatte sich der Sergent allmälig genähert und war nur einige Schritte vom Fischer entfernt.
Der Befehl des Generals gelangte also unmittelbar zu ihm und er lief herbei.
»Nimm ein Pferd und zwei Mann,« sagte Monk.
»Ein Pferd und zwei Mann?« wiederholte der Sergent.
»Ja; kannst Du Dir ein Pferd mit einem Saumsattel oder zwei Körben verschaffen?«
»Gewiß, hundert Schritte von hier, im Lager der Schotten.«
»Gut.«
»Was soll ich mit dem Pferd machen, General?«
»Schau.«
Der Sergent stieg die drei oder vier Stufen vollends herab, welche ihn von Monk trennten, und erschien unter dem Gewölbe.
»Siehst Du dort, wo jener Herr ist?« sagte Monk.
»Ja, mein General.«
»Du siehst jene zwei Tonnen?«
»Vollkommen.«
»Es sind zwei Tonnen, von denen die eine Pulver, die andere Kugeln enthält; ich möchte sie gern nach dem kleinen Flecken am User des Flusses schassen lassen, den ich morgen mit zweihundert Musketieren zu besetzen gedenke. Du begreifst, es ist ein geheimer Auftrag, denn diese Bewegung kann über das Gewinnen der Schlacht entscheiden.«
»Oh! mein General!« murmelte der Sergent.
»Wohl! laß also diese Tonnen auf dem Pferd festbinden und geleite sie mit zwei Mann bis nach dem Hause dieses Herrn, der mein Freund ist. Doch Du begreifst, Niemand darf es erfahren.«
»Ich ginge durch das Moor, wenn ich einen Weg kennen würde,« sagte der Sergent.
»Ich kenne einen,« sprach Athos; »er ist nicht breit, aber sicher, da er auf Grundpfählen angelegt ist, und wenn wir vorsichtig zu Werke gehen, werden wir an Ort und Stelle kommen.«
»Thut, was dieser Cavalier Euch befiehlt,« sagte Monk.
»Hoho! die Tonnen sind schwer,« rief der Sergent, der eine aufzuheben suchte.
»Jede wiegt vierhundert Pfund, wenn sie enthalten, was sie enthalten sollen, nicht wahr, mein Herr?«
»Ungefähr,« antwortete Athos.
Der Sergent entfernte sich, um das Pferd und die Leute zu holen. Monk, der allein mit Athos blieb, gab sich absichtlich Mühe, nur über gleichgültige Dinge mit ihm zu sprechen, während er zerstreut im Gewölbe umherschaute. Als er sodann die Tritte der Pferde hörte, sagte er:
»Ich lasse Euch bei Euren Leuten, mein Herr, und kehre ins Lager zurück. Ihr seid in Sicherheit.«
»Ich werde Euch also wiedersehen, Mylord?« fragte Athos.
»Abgemacht, mein Herr, und mit großem Vergnügen.«
Monk reichte Athos die Hand.
»Ah! Mylord, wenn Ihr wolltet!« flüsterte Athos.
»Stille, mein Herr, es ist unter uns verabredet, nicht mehr hiervon zu sprechen,« sagte Monk.
Und er grüßte Athos, stieg die Treppe hinauf und kreuzte mitten auf der Treppe seine Leute, welche eben herabkamen. Er hatte nicht zwanzig Schritte außerhalb der Abtei gemacht, als sich ein entferntes, lange ausgedehntes Pfeifen hören ließ. Monk horchte, da er aber nichts mehr sah und nichts mehr hörte, ging er weiter. Da erinnerte er sich des Fischers und suchte ihn mit den Augen, doch der Fischer war verschwunden. Hätte er indessen aufmerksamer geschaut, als er es that, so würde er gesehen haben, wie dieser Mensch tief gebückt wie eine Schlange an den Mauersteinen hinschlich und sich im Nebel verlor, der über die Oberfläche des Moors hinstreifte. Hätte er diesen Nebel zu durchdringen versucht, so würde er gleichfalls ein Schauspiel gesehen haben, das seine Aufmerksamkeit erregt haben müßte: es waren dies die Masten der Barke des Fischers, welche ihren Platz verändert hatte und sich nun ganz nahe am User des Flusses befand.
Doch Monk sah nichts, und da er dachte, er habe nichts zu befürchten, so wanderte er auf der öden Straße fort, welche nach dem Lager führte. Nun erst kam,ihm dieses Verschwinden des Fischers seltsam vor und ein wirklicher Verdacht fing an seinen Geist zu belagern. Er hatte den einzigen Posten, der ihn beschützen konnte, Athos zur Verfügung gestellt, und der Weg, den er zurücklegen mußte, um sein Lager zu erreichen, betrug eine Meile.
Der Nebel stieg mit einer solchen Dichtheit auf, daß man die Gegenstände auf eine Entfernung von zehn Schritten kaum unterscheiden konnte.
Monk glaubte nun etwas wie das Geräusch eines Ruders zu hören, das dumpf auf das sumpfige Wasser in seiner Nähe schlug.
»Wer ist da?« rief er.
Doch Niemand antwortete. Da spannte er seine Pistole, nahm seinen Degen in die Hand und beschleunigte seine Schritte, ohne jedoch Jemand rufen zu wollen. Dieses Rufen, das nicht durchaus nothwendig war, kam ihm seiner unwürdig vor.