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Siebentes bis Zehntes Bändchen
II.
Worin Herr von Mazarin Verschwender wird

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Während Mazarin sich von seiner tiefen Unruhe zu erholen suchte, wechselten Athos und Raoul einige Worte in einem Winkel des Zimmers.

»Ihr seid also wieder in Paris, Raoul?« sagte der Graf.

»Ja, Herr, seitdem der Herr Prinz zurückgekehrt ist.«

»Ich kann mich an diesem Ort, wo man uns beobachtet, nicht mit Euch besprechen, doch ich werde mich sogleich nach Hause begeben und Euch dort erwarten, sobald es Euer Dienst gestattet.«

Raoul verbeugte sich. Der Herr Prinz kam gerade auf sie zu.

Der Prinz hatte den klaren, tiefen Blick, der die Raubvögel der edlen Art auszeichnet; selbst seine Physiognomie bot mehrere unterscheidende Züge dieser Aehnlichkeit. Man weiß, daß bei dem Prinzen von Condé die Adlernase, spitzig, schneidend, von einer leicht zurücklaufenden, mehr hohen als niedrigen Stirne hervortrat, was nach den Worten der Spötter des Hofes, selbst gegen das Genie unbarmherziger Leute, dem Erben der erhabenen Prinzen des Hauses Condé mehr einen Adlerschnabel, als eine menschliche Nase verlieh.

Dieser durchdringende Blick, dieser gebieterische Ausdruck des ganzen Gesichtes beunruhigten gewöhnlich diejenigen, an welche der Prinz das Wort richtete, mehr als es die Majestät oder die regelmäßige Schönheit des Siegers von Rocroy gethan hätten. Ueberdies stieg die Flamme so schnell in diese hervorspringenden Augen, daß bei dem Herrn Prinzen jede Belebtheit dem Zorn glich. Wegen seines Ranges respectirte Jedermann bei Hof den Herrn Prinzen, und Viele, welche nur den Menschen ins Auge faßten, trieben den Respect sogar bis zum Schrecken.

Ludwig von Condé ging also auf den Grasen de la Fère und auf Raoul mit der offenbaren Absicht zu, von dem Einen begrüßt zu werden und den Andern anzureden.

Niemand grüßte mit mehr zurückhaltender Anmuth, als der Graf de la Fère. Er verachtete es, in eine Verbeugung alle die Nuancen zu legen, die ein Höfling gewöhnlich nur von einer und derselben Farbe entlehnt: vom Verlangen, zu gefallen. Athos kannte seinen persönlichen Werth und begrüßte einen Prinzen wie einen Menschen, wobei er durch etwas Sympathetisches, Unerklärbares das milderte, was seine unbeugsame Haltung Verletzendes für den Stolz des höheren Ranges haben konnte. Der Prinz wollte mit Raoul reden. Athos kam ihm zuvor und sagte:

»Wenn der Herr Vicomte von Bragelonne nicht einer der unterthänigsten Diener Eurer Hoheit wäre, so würde ich ihn bitten, meinen Namen vor Euch, mein Prinz, auszusprechen.«

»Ich habe die Ehre, mit dem Herrn Grasen de la Fère zu reden,« sagte sogleich Herr von Condé.

»Mein Beschützer,« fügte Raoul erröthend bei.

»Einer der redlichsten Männer des Königreichs,« sprach der Prinz, »einer der ersten Edelleute von Frankreich, von dem ich so viel Gutes habe sagen hören, daß ich ihn oft unter meine Freunde zählen zu dürfen wünschte.«

»Eine Ehre, gnädigster Herr,« erwiederte Athos, »der ich nur durch meine Achtung und meine Bewunderung für Eure Hoheit würdig wäre.«

»Herr von Bragelonne ist ein guter Officier,« sagte der Prinz, »und man sieht, daß er in einer guten Schule gewesen ist. Ah! Herr Graf, in Eurer Zeit hatten die Generale Soldaten.«

»Es ist wahr, Hoheit, doch heute haben die Soldaten Generale.«

Dieses Compliment, das so wenig die Farbe des Schmeichlers hatte, machte vor Freude einen Mann beben, den schon ganz Europa als einen Helden betrachtete, und der allen Geschmack an Lobeserhebungen verloren haben konnte.

»Es ist ärgerlich für mich, daß Ihr Euch aus dem Dienst zurückgezogen habt, Herr Graf,« sagte der Prinz, »denn der König wird unverzüglich auf einen Krieg mit England oder auf einen Krieg mit Holland bedacht sein müssen, und es wird einem Mann wie Euch, der Großbritannien wie Frankreich kennt, nicht an erwünschten Gelegenheiten fehlen.«

»Gnädigster Herr, ich glaube Euch bemerken zu dürfen, daß ich wohl daran gethan habe, mich aus dem Dienst zurück zu ziehen,« entgegnete Athos lächelnd. »Frankreich und Großbritannien werden fortan wie zwei Schwestern leben, wenn ich meinen Ahnungen glauben darf.«

»Euren Ahnungen?«

»Hört, Hoheit, was dort am Tisch des Herrn Cardinals gesprochen wird.«

»Beim Spiel?«

»Beim Spiel . . . ja, Hoheit.«

Der Cardinal hatte sich in der That auf einen Ellenbogen erhoben und dem jungen Bruder des Königs, der sich ihm sodann näherte, ein Zeichen gemacht.

»Monseigneur,« sagte der Cardinal, »ich bitte Euch, laßt alle diese Goldthaler fortnehmen.«

Und er bezeichnete den ungeheuren Haufen gelber glänzender Stücke, welche der Graf von Guiche allmälig durch eine äußerst glückliche Hand vor ihm zusammengebracht hatte.

»Mir!« rief der Herzog von Anjou.

»Ja, Monseigneur, diese fünfzigtausend Thaler gehören Euch.«

»Ihr schenkt sie mir?«

»Ich habe für Euch gespielt, Monseigneur,« erwiederte der Cardinal, der immer schwächer wurde, als ob die Anstrengung, Geld zu verschenken, alle seine physischen und moralischen Fähigkeiten erschöpft hätte.

»Oh! mein Gott,« murmelte Philipp ganz betäubt vor Freude, »welch ein schöner Tag!«

Und er machte selbst den Rechen mit seinen Fingern, schob einen Theil der Summe in seine Taschen und füllte diese, . . . doch mehr als das Drittel blieb noch auf dem Tisch.

»Chevalier,« sagte Philipp zu seinem Günstling, dem Chevalier von Lorraine, »komm.«

Der Günstling lief herbei.

»Stecke das Uebrige ein,« sprach der junge Prinz.

Diese seltsame Scene wurde von allen Anwesenden nur wie ein rührendes Familienfest aufgenommen. Der Cardinal gab sich das Ansehen eines Vaters gegen die Söhne von Frankreich, und die zwei jungen Prinzen waren unter seinem Flügel groß geworden. Niemand maß, wie man es in unseren Tagen thun würde, diese Freigebigkeit des ersten Ministers dem Hochmuth oder der Unverschämtheit zu.

Die Höflinge beneideten nur . . . Der König wandte den Kopf ab.

»Nie habe ich so viel Geld gehabt,« sage freudig der junge Prinz, während er durch das Zimmer schritt, um sich zu seinem Wagen zu begeben. »Nein, nie . . . Wie schwer das ist, fünfzigtausend Thaler!«

»Aber warum verschenkt der Herr Cardinal all dieses Geld auf einmal?« fragte ganz leise der Herr Prinz den Grafen de la Fère. »Er ist also sehr krank, dieser liebe Cardinal?«

»Ja, gnädigster Herr, ohne Zweifel sehr krank; er sieht auch schlecht aus, wie Eure Hoheit wahrnehmen kann.«

»Gewiß . . . doch daran wird er sterben, hundert und fünfzigtausend Livres! . . . Oh! das ist nicht zu glauben. Sprecht, Graf, warum dies? findet uns eine Ursache.«

»Gnädigster Herr, ich bitte geduldet Euch; seht, der Herr Herzog von Anjou kommt, mit dem Chevalier von Lorrain? plaudernd, hierher; ich würde mich nicht wundern, wenn sie mir die Mühe, indiscret zu sein, ersparten. Hört, was sie sagen.«

Der Chevalier sagte wirklich halblaut zum Prinzen:

»Monseigneur, es geht nicht mit natürlichen Dingen zu, daß Herr Mazarin Euch so viel Geld schenkt . . . Nehmt Euch in Acht, Ihr laßt Goldstücke fallen, Monseigneur. Was will der Cardinal von Euch, daß er so großmüthig ist?«

»Ich sagte Euch doch.« flüsterte Athos dem Herrn Prinzen in’s Ohr, »hier kommt die Antwort auf Eure Frage.«

»Sprecht, Monseigneur,« wiederholte ungeduldig der Chevalier, der, seine Tasche abwägend, den Betrag der Summe, die ihm zurückprallend zugefallen war, verdächtig fand.

»Mein lieber Chevalier, ein Hochzeitgeschenk.«

»Wie, ein Hochzeitgeschenk!«

»Ah! ja, ich heirathe,« erwiederte der Herzog von Anjou, ohne zu bemerken, daß er in diesem Augenblick vor dem Herrn Prinzen und vor Athos vorüberkam, welche sich Beide tief verbeugten.

Der Chevalier schleuderte dem jungen Herzog einen so gehässigen Blick zu, daß der Graf de la Fère darob erbebte.

»Ihr! Euch heirathen!« wiederholte er, »oh! das ist unmöglich; Ihr solltet diese Thorheit begehen?«

»Bah! ich begehe sie nicht; man läßt sie mich begehen,« erwiederte der Herzog von Anjou . . . »Doch komm geschwinde und laß uns unser Geld ausgeben.«

Hiernach verschwand er mit seinem Gefährten, lachend und plaudernd, während alle Stirnen sich auf seinem Wege beugten.

Da sprach der Herr Prinz leise zu Athos:

»Das ist also das Geheimniß?«

»Ich habe das nicht gesagt, Monseigneur.«

»Er heirathet die Schwester von Karl II?«

»Ich glaube ja.«

Der Prinz dachte einen Augenblick nach, und sein Auge schleuderte einen scharfen Blitz.

»Ah!« sagte er langsam, als ob er mit sich selbst spräche, »die Schwerter werden abermals an den Nagel gehängt . . . auf lange Zeit!« Und er seufzte.

Alles, was dieser Seufzer an dumpf ersticktem Ehrgeiz, an erloschenen Illusionen, an getäuschten Hoffnungen enthielt, nur Athos allein errieth es, denn er allein hatte den Seufzer gehört.

Alsbald verabschiedete sich der Herr Prinz und der König ging weg.

Mit einem Zeichen, das er Bragelonne machte, wiederholte Athos an diesen die Einladung, die er am Anfang dieser Scene gegen ihn ausgesprochen.

Allmälig leerte sich das Gemach und Mazarin blieb allein, Leiden preisgegeben, die er nicht einmal zu verbergen trachtete.

»Bernouin! Bernouin!« rief er mit gebrochener Stimme.

»Was befiehlt Monseigneur?«

»Guénaud, man rufe Guénaud,« sagte die Eminenz, »mir scheint, ich sterbe.«

Ganz Würzt lief Bernouin in das Cabinet, um den Befehl zu geben, und der Piqueur, der forteilte, um den Arzt zu holen, kreuzte den Wagen des Königs in der Rue Saint-Honoré.

Der Graf von Bragelonne

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