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Drittes bis Sechstes Bändchen
XX.
Von der Schwierigkeit des Reichthums

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D’Artagnan verlor keine Zeit, und sobald es anständig und geeignet war, machte er dem Herrn Schatzmeister Seiner Majestät seinen Besuch.

Es wurde ihm die Freude zu Theil, ein Stück Papier, bedeckt mit einer sehr häßlichen Handschrift, gegen eine wunderbare Anzahl kürzlich erst mit dem BIldniß Seiner allergnädigsten Majestät König Karl II. geschlagener Thaler zu vertauschen.

D’Artagnan wußte sich leicht zu beherrschen; doch bei dieser Gelegenheit konnte er sich nicht enthalten, eine Freude zu offenbaren, die der Leser wohl begreifen wird, weniger einige Nachsicht mit einem Mann haben will, der seit seiner Geburt nie so viele Geldstücke und Rollen, in einer für das Auge wahrhaft angenehmen Ordnung neben einander gelegt, gesehen hatte.

Der Schatzmeister schob alle diese Rollen in Säcke und schloß jeden Sack mit einem Stempel mit dem Wappen von England, eine Gunst, welche die Schatzmeister nicht Jedermann bewilligen.

Unempfindlich und gerade so artig, als er es gegen einen mit der Freundschaft des Königs beehrten Mann sein mußte, sagte er sodann zu d’Artagnan:

»Nehmt Euer Geld fort, mein Herr.«

Euer Geld! Dieses Wort machte tausend Saiten vibriren, welche d’Artagnan zuvor nie in seinem Herzen gefühlt hatte.

Er ließ die Säcke auf einen Karren laden und kam tief nachsinnend nach Hause zurück. Ein Mann, der dreimal hunderttausend Livres besitzt, kann keine glatte Stirne mehr haben: eine Runzel für jedes Hunderttausend ist nicht zu viel.

D’Artagnan schloß sich ein, aß nicht zu Mittag, verwehrte Männiglich seine Thüre, wachte, die Lampe angezündet, die Pistole gespannt auf dem Tisch, die ganze Nacht und träumte über ein Mittel, es zu verhindern, daß diese schönen Thaler, welche aus der königlichen Kasse in die seinige übergegangen waren, nicht wieder aus seiner Kasse in die Taschen irgend eines Diebes übergingen. Das beste Mittel, das der Gascogner fand, war, seinen Schatz für den Augenblick unter Schlösser zu legen, welche solid genug wären, daß keine Faust sie zu erbrechen vermöchte, künstlich genug, daß kein gewöhnlicher Schlüssel sie öffnen könnte.

D’Artagnan erinnerte sich, daß die Engländer Meister in der Mechanik und im conservativen Gewerbsfleiß sind; er beschloß, schon am andern Tag einen Mechaniker aufzusuchen, der eine Kasse an ihn verkaufen würde.

Er hatte nicht weit zu gehen. Meister Will Jobson, der auf Picadilly wohnte, hörte seine Vorschläge an, begriff seine Wünsche und versprach ihm, ein Sicherheitsschloß zu verfertigen, das ihn jeder Angst für die Zukunft überheben würde.

»Ich gebe Euch einen ganz neuen Mechanismus,« sagte er. »Bei dem ersten etwas ernstlichen Versuch, den Einer auf Euer Schloß unternimmt, öffnet sich ein unsichtbares Plättchen, ein kleiner ebenfalls unsichtbarer Lauf speit eine hübsche kupferne Kugel im Gewicht einer Mark aus und wirst den Ungeschickten nicht ohne ein gewisses bemerkbares Geräusch nieder. Was haltet Ihr davon?«

»Ich sage, das ist wahrhaft sinnreich.« rief d’Artagnan, »die kleine kupferne Kugel gefällt mir ungemein. Doch die Bedingungen, Herr Mechaniker?«

»Vierzehn Tage für die Ausführung und vierzehntausend Livres zahlbar bei der Ablieferung,« rief der Handwerksmann.

D’Artagnan faltete die Stirne. Vierzehn Tage waren eine hinreichende Frist, daß die Spitzbuben in London die Nothwendigkeit einer Kasse bei ihm verschwinden machen konnten. Was die vierzehntausend Livres betrifft, so hieß dies sehr schwer das bezahlen, was ein wenig Wachsamkeit ihm umsonst verschaffen konnte.

»Ich danke, mein Herr, ich werde es mir überlegen,« sagte er.

Und er kehrte in raschem Lauf nach Hause zurück. Niemand hatte sich seinem Schatz genähert.

An demselben Tag machte Athos seinem Freund einen Besuch und fand ihn so sorgenvoll, daß er ihm sein Erstaunen darüber äußerte.

»Wie, Ihr seid nun reich,« sagte er, »und nicht heiter, Ihr, der Ihr Euch so sehr nach dem Reichthum sehntet?«

»Mein Freund, die Freuden, an die man nicht gewöhnt ist, belästigen mehr als der Kummer, der zur Gewohnheit geworden war. Gebt mir einen Rath, wenn es Euch beliebt. Ich kann Euch hierüber fragen. Euch, der Ihr stets Geld gehabt habt: sagt, wenn man Geld hat, was macht man damit?«

»Das hängt von den Umständen ab.«

»Was habt Ihr mit dem Eurigen gemacht, daß Ihr dadurch weder zu einem Geizhals, noch zu einem Verschwender wurdet? Denn der Geiz vertrocknet das Herz und die Verschwendung ersäuft es, nicht wahr?«

»Fabricius könnte nicht richtiger sprechen. Doch in der That, mein Geld hat mich nie belästigt.«

»Sagt, legt Ihr es auf Zinsen an?«

»Nein; Ihr wißt, daß ich ein ziemlich hübsches Haus habe, und daß dieses Haus den besten Theil meiner Habe bildet?«

»Ich weiß es.«

»Ihr werdet auf diese Art ebenso reich als ich und sogar noch reicher als ich, wenn Ihr wollt, durch das selbe Mittel sein.«

»Aber die Renten, kassirt Ihr sie ein?«

»Nein.«

»Was denkt Ihr von einem Versteck in einer Mauer?«

»Ich habe nie Gebrauch davon gemacht.«

»Dann habt Ihr einen Vertrauten, einen sichern Geschäftsführer, der Euch die Interessen zu einem mäßigen Preise bezahlt?«

»Keineswegs.«

»Mein Gott! was macht Ihr dann?«

»Ich gebe Alles aus, was ich habe, und ich hake nur, was ich ausgebe, mein lieber d’Artagnan.«

»Ah! das ist Eure Art! Doch Ihr seid ein wenig Fürst, Ihr, und fünfzehn bis sechzehntausend Livres Einkünfte zerschmelzen Euch zwischen den Fingern; und dann habt Ihr viele Ausgaben für die Repräsentation.«

»Ich sehe nicht ein, daß Ihr viel weniger vornehmer Herr seid, als ich, mein Freund, und Euer Geld wird Euch gerade ausreichen.«

»Dreimal hundert tausend Livres! Dabei sind zwei Drittel Ueberfluß.«

»Verzeiht, doch mir schien, als hättet Ihr mir gesagt . . . ich glaubte zu hören . . . ich bildete mir ein, Ihr hättet einen Associe.«

»Ah! Mordioux, das ist wahr!« rief d’Artagnan erröthend, »Planchet. Bei meinem Leben, ich vergaß Planchet! . . . Ah! nun sind meine hunderttausend Thaler angegriffen . . . Das ist Schade, die Summe war rund, wohlklingend . . . Es ist wahr, Athos, ich bin durchaus nicht reich. Welches Gedächtnis? habt Ihr!«

»Ja, es ist ziemlich gut, Gott sei Dank!«

»Dieser brave Planchet,« murmelte d’Artagnan, »er hatte da keinen schlechten Traum. Teufel, welche Speculation! Nun, was einmal gesagt ist, ist gesagt.«

»Wie viel gebt Ihr ihm?«

»Oh!« machte d’Artagnan, »er ist kein schlimmer Bursche, ich werde immerhin gut mit ihm in Ordnung kommen; seht, ich habe Unglück, ich habe Kosten gehabt, dies Alles muß in Anrechnung gebracht werden.«

»Mein Lieber, ich bin Eurer sehr sicher,« sprach Athos ruhig, »und ich habe nicht bange für diesen guten Planchet; seine Interessen sind besser in Euren Händen als in den seinigen; doch nun, da Ihr nichts mehr hier zu thun habt, laßt uns abreisen, wenn es Euch beliebt. Ihr bedankt Euch bei Seiner Majestät, fragt, ob sie Euch keinen Befehl zu ertheilen habe, und in sechs Tagen können wir die Thürme von Notre-Dame erschauen.«

»Mein Freund, ich brenne in der That vor Verlangen, abzureisen, und werde auf der Stelle in Ehrfurcht vom König Abschied nehmen.«

»Und ich will noch einige Personen in der Stadt begrüßen und dann gehöre ich Euch,« sprach Athos.

»Wollt Ihr mir Grimaud leihen?«

»Von Herzen gern . . . Was gedenkt Ihr mit ihm zu machen?«

»Etwas sehr Einfaches, was ihn nicht ermüden wird. Ich werde ihn bitten, meine Pistolen zu bewachen, welche hier auf dem Tisch neben diesen Kisten liegen.«

»Sehr gut,« sagte Athos unstörbar.

»Und nicht wahr, er wird sich nicht entfernen?«

»Ebenso wenig als die Pistolen selbst.«

»Dann gehe ich zu Seiner Majestät. Auf Wiedersehen.«

D’Artagnan kam wirklich in den Palast von Saint-James, wo Karl II., der gerade mit dem Schreiben seiner Briefe beschäftigt war, ihn eine gute Stunde im Vorzimmer warten ließ.

Während d’Artagnan in der Gallerie auf und ab, von den Thüren zu den Fenstern und von den Fenstern zu den Thüren ging, glaubte er einen Mantel dem von Athos ähnlich, durch das Vestibule schreiten zu sehen; doch in dem Augenblick, wo er diesen Umstand bewahrheiten wollte, rief ihn der Huissier zu Seiner Majestät.

Karl II. rieb sich die Hände, während er den Dank unseres Freundes entgegennahm.

»Chevalier,« sagte er, »Ihr habt Unrecht, mir dankbar zu sein; ich habe Euch nicht den vierten Theil von dem bezahlt, was die Geschichte von der Kiste, in die Ihr den braven General . . . ich meine den vortrefflichen Herzog von Albermale, eingesperrt, werth ist.« Und der König brach in ein schallendes Gelächter aus.

D’Artagnan glaubte Seine Majestät nicht unterbrechen zu dürfen und lächelte mit einer stolzen Bescheidenheit.

»Ah!« fuhr Karl II. fort, »hat Euch unser lieber Monk wirklich verziehen?«

»Verziehen! ich hoffe ja, Sire.«

»Ei! . . . der Streich war grausam . . . Den ersten Mann der englischen Revolution wie einen Häring in eine Tonne packen! . . . An Eurer Stelle würde ich nicht trauen, Chevalier.«

»Aber, Sire . . . «

»Ich weiß, daß Monk Euch seinen Freund nennt . . . Doch er hat ein zu tiefes Auge, um nicht Gedächtniß zu besitzen, eine zu hohe Augenbraue, um nicht sehr hoffärtig zu sein, Ihr wißt grande supercilium

»Ich werde sicherlich Lateinisch lernen,« sagte d’Artagnan zu sich selbst.

»Hört,« rief der König entzückt, »ich muß Eure Aussöhnung bewerkstelligen; ich werde mich dabei so benehmen . . . «

D’Artagnan biß sich auf die Lippen.

»Erlaubt mir Eure Majestät, ihr die Wahrheit zu sagen?«

»Sprecht, Chevalier.«

»Sire, Ihr macht mir furchtbar bange . . . wenn Eure Majestät meine Angelegenheit ordnet, wie sie hierzu Lust zu haben scheint, so bin ich ein verlorener Mann; der Herzog läßt mich ermorden.«

Der König schlug abermals ein Gelächter auf, das die Angst von d’Artagnan in Schrecken verwandelte.

»Sire, ich bitte, habt die Gnade, diese Unterhandlung mir zu überlassen . . . und wenn Ihr dann meiner Dienste nicht mehr bedürft . . . «

»Nein, Chevalier. Ihr wollt abreisen?« versetzte Karl II. mit einer immer mehr beunruhigenden Heiterkeit.

»Wenn Eure Majestät nichts mehr von mir zu verlangen hat.«

Karl wurde allmälig wieder ernst.

»Nur Eines. Besucht meine Schwester, Lady Henriette; kennt sie Euch?«

»Nein, Sire; doch . . . ein alter Soldat wie ich ist kein angenehmes Schauspiel für eine junge und heitere Prinzessin.«

»Es ist mein Wille, sage ich, daß meine Schwester Euch kennen lerne; sie soll im Nothfall auf Euch zählen können.«

»Sire, Alles, was Eurer Majestät theuer ist, wird für mich heilig sein.«

»Wohl . . . Parry! komm, mein guter Parry.«

Die Seitenthüre öffnete sich; Parry trat ein und sein Gesicht strahlte, sobald er den Chevalier erblickte.

»Was macht Rochester?« fragte der König.

»Er ist mit den Damen auf dem Kanal,« erwiederte Parry.

»Und Buckingham.«

»Auch.«

»Ganz vortrefflich! Du führst den Chevalier zu Villiers, – dies ist der Herzog von Buckingham, Chevalier, – und Du bittest den Herzog, Herrn d’Artagnan Lady Henriette vorzustellen.«

Parry verbeugte sich und lächelte d’Artagnan zu.

»Chevalier,« fuhr der König fort, »das ist Eure Abschiedsaudienz, und Ihr könnt sodann abreisen, wenn Ihr wollt.«

»Sire, ich danke.«

»Doch schließt Euren Frieden mit Monk.«

»Oh! Sire . . . «

»Ihr wißt, daß einer meiner Vasallen zu Eurer Verfügung steht.«

»Aber, Sire, Ihr überhäuft mich mit Güte, und ich werde es nie dulden, daß Officiere Eurer Majestät sich meinetwegen bemühen.«

Der König klopfte d’Artagnan auf die Schulter und erwiederte:

»Niemand bemüht sich Euretwegen, Chevalier, sondern eines Botschafters wegen, den ich nach Frankreich schicke, und dem Ihr, glaube ich, gern als Gefährte dienen werdet, denn Ihr kennt ihn.«

D’Artagnan schaute ganz erstaunt.

»Es ist ein gewisser Graf de la Fère . . . der, welchen Ihr Athos nennt,« fügte der König bei, indem er das Gespräch endigte, wie er es begonnen hatte, nämlich durch ein freudiges Gelächter. »Lebt wohl, Chevalier, lebt wohl. Liebt mich, wie ich Euch liebe.«

Hiernach machte der König Parry ein Zeichen, um ihn zu fragen, ob Jemand in dem anstoßenden Cabinet warte, und verschwand in diesem Cabinet, während der Chevalier ganz verblüfft über die seltsame Audienz an seinem Platze stehen blieb.

Der Greis nahm ihn freundschaftlich beim Arm und führte ihn nach den Gärten.

Der Graf von Bragelonne

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