Читать книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма - Страница 47

Siebentes bis Zehntes Bändchen
VII.
Wie Anna von Oesterreich Ludwig XIV. einen Rath gab, und wie Herr Fouquet ihm einen andern gab

Оглавление

Die Nachricht von dem nahe bevorstehenden Ende des Cardinals verbreitete sich rasch und zog wenigstens ebenso viele Menschen in den Louvre, als die Kunde von der Verheirathung von Monsieur, dem Bruder des Königs, welche schon officiell veröffentlicht worden war.

Kaum war Ludwig XIV. in seine Gemächer, noch ganz träumerisch über die Dinge, die er an diesem Abend gesehen oder gehört hatte, zurückgekehrt, als der Huissier meldete, dieselbe Menge von Höflingen, die sich am Morgen zur Aufwartung gedrängt, zeige sich abermals bei seinem Schlafengehen, eine ganz besondere Auszeichnung, welche man seit der Regierung des Cardinals, äußerst indiscret in seiner Bevorzugung, ohne sich viel darum zu bekümmern, ob es dem König mißfallen dürfte, dem Minister zugestanden hatte.

Doch der Minister war, wie gesagt, von einem sehr schweren Gichtanfall heimgesucht worden, und die Fluth der Schmeichelei stieg gegen den Thron.

Die Höflinge haben den wunderbaren Instinct, zum Voraus alle Ereignisse zu riechen; die Höflinge besitzen die oberste Wissenschaft: sie sind Diplomaten, um die großen Entwickelungen schwieriger Umstände aufzuklären, Feldherren, um den Ausgang der Schlachten zu errathen, Aerzte, um die Krankheiten zu heilen.

Ludwig XIV., den seine Mutter dieses Axiom wie so viele andere gelehrt hatte, begriff, daß Seine Eminenz Monseigneur der Cardinal Mazarin sehr krank war.

Kaum hatte Anna von Oesterreich die junge Königin in ihre Gemächer zurückgeführt und ihre Stirne von der Last des Ceremonienschmuckes erleichtert, als sie ihren Sohn in dem Cabinet aufsuchte, wo er allein, düster und das Herz geschworen, gleichsam um seinen Willen zu üben, über sich selbst eine von jenen dumpfen und furchtbaren Stimmungen des Zorns, eines Königszorns, ergehen ließ, welche Stimmungen, wenn sie zum Ausbruch kommen, Ereignisse werden und bei Ludwig XIV., in Folge seiner wunderbaren Selbstbeherrschung, so liebreiche Stürme wurden, daß sein aufbrausendster, sein einziger Zorn, der, welchen Saint-Simon mit Verwunderung bezeichnet, der bekannte Zorn war, welcher fünfzig Jahre später wegen eines Verstecks des Herrn Herzogs du Maine losbrach und zum Resultat einen Hagel von Stockstreichen auf den Rücken eines armen Lackeien hatte, der ein Zwieback gestohlen.

Der König war also, wie wir gesehen, einer schmerzlichen Aufregung preisgegeben, und sagte zu sich selbst, indem er sich in einem Spiegel betrachtete:

»O König! . . . König dem Namen und nicht der Sache nach! Phantom, leeres Phantom, das du bist! träge Bildfäule ohne eine andere Macht, als die, eine Begrüßung bei den Höflingen hervorzurufen, wann wirst du deinen Sammetarm erheben, deine seidene Hand schließen können? Wann wirst du, um etwas Anderes zu thun, als zu seufzen oder zu lächeln, deine zur albernen Unbeweglichkeit des Marmors einer Gallerie verdammten Lippen öffnen können?«

Dann fuhr er mit der Hand über seine Stirne, trat Luft suchend an das Fenster und sah unten einige Kavaliere, welche unter sich plauderten, und einige schüchtern neugierige Gruppen. Diese Cavaliere waren eine Abtheilung von der Wache; diese Gruppe bestand aus den Geschäftigen vom Volk, aus den Leuten, für die ein König immer eine Curiosität ist, wie ein Rhinoceros, ein Krokodil! oder eine Schlange.

Er schlug sich mit der fischen Hand vor die Stirne und rief:

»König von Frankreich! welch ein Titel! Volk von Frankreich! welche Masse von Geschöpfen! Und ich kehre in meinen Louvre zurück, kaum ausgespannt, rauchen meine Pferde noch, und ich habe gerade hinreichend Interesse erregt, daß kaum zwanzig Neugierige mich vorübergehen sehen . . . Was sage ich! Nein, es gibt nicht zwanzig Neugierige für den König von Frankreich. Es gibt nicht einmal zehn Bogenschützen, um über meinem Haus zu wachen: Bogenschützen, Voll, Garden, Alles ist im Palais Royal. Mein Gott! warum? Habe ich, der König, nicht das Recht, Euch dies zu fragen?«

»Weil,« antwortete hierauf eine Stimme, welche jenseits des Thürvorhangs vom Cabinet ertönte, »weil im Palais Royal alles Gold, das heißt, alle Macht desjenigen ist, welcher regieren will.«

Ludwig wandte sich hastig um. Die Stimme, welche diese Worte ausgesprochen hatte, war die von Anna von Oesterreich. Der König bebte, ging seiner Mutter entgegen und sagte:

»Ich hoffe, Eure Majestät hat keine Aufmerksamkeit den leeren Declamationen geschenkt, zu denen die bei den Königen einheimische Einsamkeit und Langweile die glücklichsten Charaktere veranlassen.«

»Ich habe nur Eines bemerkt, mein Sohn: daß Ihr Euch beklagtet.«

»Ich! keines Weges,« sprach Ludwig XIV., »in der That nicht; Ihr täuscht Euch, Madame.«

»Was machtet Ihr denn, Sire?«

»Es kam mir vor, als stände ich unter der Ruthe meines Lehrers und hätte einen rhetorischen Gegenstand zu entwickeln.«

»Mein Sohn erwiederte Anna von Oesterreich, den Kopf schüttelnd, »Ihr habt Unrecht, nicht auf mein Wort zu bauen; Ihr habt Unrecht, mir kein Vertrauen zu schenken. Es wird ein Tag kommen, ein Tag, der vielleicht nahe ist, wo Ihr Euch nothwendig werdet des Axioms erinnern müssen: »»Das Gold ist die Allmacht, und nur diejenigen allein sind wahrhaft Könige, welche allmächtig sind.««

»Es ist aber nicht Eure Absicht, die Reichen dieses Jahrhunderts zu schmähen?« versetzte der König.

»Nein,« antwortete Anna von Oesterreich rasch, »nein, Sire; diejenigen, welche in diesem Jahrhundert unter Eurer Regierung reich sind, sind es, weil Ihr es so habt wollen, und ich hege weder Groll, noch Neid gegen sie; sie haben ohne Zweifel Eurer Majestät so gut gedient, daß sie ihnen sich selbst zu belohnen erlaubte. Dies meinte ich mit den Worten, die Ihr mir zum Vorwurf zu machen scheint.«

»Gott behüte mich, Madame, daß ich meiner Mutter je etwas zum Vorwurf mache.«

»Ueberdies,« fuhr Anna von Oesterreich fort, »überdies gibt der Herr die Güter der Erde nur immer für eine gewisse Zeit: der Herr hat als auflösende Mittel für Ehren und Reichthümer das Leiden, die Krankheit, den Tod geschaffen; und Niemand,« fügte die Königin Mutter mit einem schmerzlichen Lächeln bei, das bewies, daß sie auf sich selbst diesen traurigen Lehrsatz anwandte, »Niemand nimmt seine Habe oder seine Größe in das Grab mit. Dadurch erfolgt, daß die Jungen die Früchte der für die Alten bereiteten üppigen Ernte einheimsen.«

Ludwig horchte mit wachsender Aufmerksamkeit auf diese von Anna von Oesterreich, offenbar in einer tröstlichen Absicht, stark betonten Worte.

»Madame,« sagte Ludwig XIV., seine Mutter fest anschauend, »man sollte in der Thai glauben, Ihr hättet mir etwas mehr zu verkündigen.«

»Ich habe durchaus nichts, mein Sohn; Ihr mußtet nur diesen Abend bemerken, daß der Herr Cardinal sehr krank ist.«

Ludwig schaute seine Mutter an: er suchte eine Erschütterung ihrer Stimme, einen Schmerz in ihrer Physiognomie. Das Gesicht von Anna von Oesterreich schien leicht angegriffen; doch dieses Leiden hatte einen ganz persönlichen Charakter. Vielleicht wurde die Veränderung durch den Krebs veranlaßt, der schon an ihrer Brust zu nagen anfing.

»Ja, Madame,« sagte der König, »ja, Herr von Mazarin ist sehr krank.«

»Und es wäre ein großer Verlust für das Reich, wenn Seine Eminenz von Gott abberufen würde. Ist meine Meinung nicht auch die Eurige, mein Sohn?« fragte Anna von Oesterreich.

»Ja, Madame, ja, gewiß, es wäre ein großer Verlust für das Königreich,« antwortete Ludwig erröthend; »doch die Gefahr ist nicht so bedeutend, wie mir scheint . . . und überdies ist der Herr Cardinal noch jung.«

Kaum hatte der König diese Worte gesprochen, als ein Huissier den Vorhang aufhob und unter der Thüre stehen blieb, wo er, ein Papier in der Hand, wartete, bis ihn der König fragen würde.

»Was wollt Ihr?« fragte der König.

»Eine Sendung von Herrn von Mazarin,« antwortete der Huissier.

»Gebt,« sprach der König.

Und er nahm das Papier, Doch in dem Augenblick, wo er es öffnen wollte, entstand ein gewaltiger Lärmen in der Gallerie, in den Vorzimmern, im Hof.

»Ah! ah!« sprach Ludwig XIV., der ohne Zweifel dieses dreifache Geräusch erkannte, »was sagte ich doch, es gebe nur einen König in Frankreich! ich täuschte mich, es gibt zwei.«

In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre und der Oberintendant der Finanzen, Fouquet, erschien vor Ludwig XIV. Er war es, der den Lärmen in der Gallerte machte; die Lackeien waren es, die den Lärmen in den Vorzimmern machten; die Pferde waren es, die den Lärmen Im Hof machten. Dabei hörte man ein anhaltendes Gemurmel auf seinem Wege, das erst, nachdem er längst vorübergegangen war, erlosch. Es war dies das Gemurmel, das Ludwig XIV. nicht unter feinen Tritten zu hören so sehr bedauerte.

»Das ist nicht gerade ein König, wie Ihr glaubt,« sprach Anna von Oesterreich zu ihrem Sohn; »es ist nur ein zu reicher Mann.«

Und indem sie dies sagte, gab ein bitteres Gefühl den Worten der Königin ihren gehässigsten Ausdruck, während die Stirne von Ludwig, der ruhig und seiner Herr blieb, von der leisesten Falte frei war.

Er begrüßte also Fouquet ganz ungezwungen mit dem Kopf, indeß er das Papier, das ihm der Huissier übergeben, zu entfalten fortfuhr.

Fouquet sah diese Bewegung und näherte sich mit einer zugleich leichten und ehrfurchtsvollen Höflichkeit Anna von Oesterreich, um dem König volle Freiheit zu lassen.

Ludwig hatte das Papier geöffnet und las dennoch nicht.

Er horchte auf Fouquet, der seiner Mutter bewunderungswürdig gedrechselte Complimente über ihre Hände und ihre Arme machte.

Das Gesicht von Anna von Oesterreich entrunzelte sich und ging beinahe zum Lächeln über.

Fouquet bemerkte, daß der König, statt zu lesen, ihn anschaute und auf ihn horchte; er machte eine halbe Wendung und befand sich, während er zugleich, so zu sagen, Anna von Oesterreich anzugehören fortfuhr, dem König gegenüber.

»Ihr wißt, Herr Fouquet, daß Seine Eminenz sehr krank ist?« sprach der König.

»Ja, Sire, ich weiß es,« antwortete Fouquet, »der Cardinal ist in der That sehr krank. Ich war auf meinem Landgute Vaux, als die Nachricht so dringend bei mir eintraf, daß ich Alles verließ.«

»Ihr habt diesen Abend Vaux verlassen, mein Herr?«

»Vor anderthalb Stunden, ja, Eure Majestät,« antwortete Fouquet, indem er auf eine ganz mit Brillanten besetzte Uhr schaute.

»Anderthalb Stunden,« sagte der König, mächtig genug, um seinen Zorn zu bemeistern, doch nicht, um sein Erstaunen zu verbergen.

»Ich verstehe, Sire, Eure Majestät zweifelt an meinem Wort, und sie hat Recht! doch wenn ich so rasch gekommen bin, ist es wahrhaftig ein Wunder. Man schickte mir aus England drei Paar Pferde, welche, wie man mich versicherte, sehr rasch sein sollten; sie waren von vier zu vier Stunden aufgestellt, und ich probirte sie diesen Abend. Sie haben in der That den Weg von Vaux nach dem Louvre in anderthalb Stunden zurückgelegt, und Eure Majestät sieht, daß ich nicht betrogen worden bin.«

Die Königin Mutter lächelte mit einem geheimen Neid.

Fouquet kam diesem schlimmen Gedanken entgegen und fügte rasch bei:

»Solche Pferde, Madame, sind auch nicht für Unterthanen, sondern für Könige gemacht, denn die Könige dürfen nie irgend Jemand, in was es auch sein mag, nachstehen.«

Der König erhob das Haupt.

»Ihr seid aber nicht König, daß ich wüßte, Herr Fouquet,« sprach Anna von Oesterreich.

»Madame, die Pferde warten auch nur auf einen Wink Seiner Majestät, um in die Ställe des Louvre geführt zu werden; und wenn ich mir dieselben zu probiren erlaubt habe, so geschah es nur in der Furcht, ich dürfte dem König etwas anbieten, was nicht gerade ein Wunder wäre.«

Der König wurde sehr roth.

»Ihr wißt, Herr Fouquet,« erwiederte die Königin Mutter, »es ist nicht der Brauch am Hof von Frankreich, daß ein Unterthan seinem König etwas anbietet,«

Ludwig machte eine Bewegung.

»Madame,« entgegnete Fouquet sehr bewegt, »ich hoffte, meine Liebe für Seine Majestät, mein unablässiges Verlangen, ihr zu gefallen, würden diesem Grund der Etiquette als Gegengewicht dienen. Uebrigens war es nicht ein Geschenk, was ich anzubieten mir erlaubte, sondern ein Tribut, den ich entrichten wollte.«

»Ich danke, Herr Fouquet,« sagte der König mit höflichem Ton, »ich bin Euch erkenntlich für die Absicht, denn ich liebe in der That die guten Pferde; aber Ihr wißt, daß ich nicht reich bin; Ihr wißt es besser, als irgend Jemand, Ihr, mein Oberintendant der Finanzen. Ich kann also, selbst wenn ich wollte, ein so theures Gespann nicht kaufen.«

Fouquet schleuderte einen Blick voll Stolz der Königin Mutter zu, welche über die falsche Stellung des Ministers zu triumphiren schien und erwiederte:

»Der Luxus ist die Tugend der Könige, Sire; der Luxus macht sie Gott ähnlich; durch den Luxus sind sie mehr als die anderen Menschen. Mit dem Luxus nährt und ehrt ein König seine Unterthanen. Unter dem sanften Luxus der Könige entsteht der Luxus der Privatleute, eine Quelle der Reichthümer des Volks. Durch die Annahme des Geschenkes von sechs unvergleichlichen Pferden hätte Seine Majestät die Eitelkeit der Züchter unseres Landes, des Limousin, des Perche, der Normandie, gestachelt, und ein für Alle nützlicher Wetteifer wäre daraus entstanden . . . doch der König schweigt und ich bin folglich verurtheilt.«

Während dieser Zeit machte Ludwig XIV., um sich eine Haltung zu geben, das Papier von Mazarin, auf das er noch keinen Blick geworfen hatte, auf und zu.

Endlich verweilte sein Auge darauf, und schon bei der ersten Zeile stieß er einen leichten Schrei aus.

»Was gibt es denn, mein Sohn?« fragte Anna von Oesterreich, indem sie sich rasch dem König näherte.

»Vom Cardinal,« antwortete der König fortfahrend . . . »Ja, ja, das ist gut von ihm.«

»Geht es ihm denn schlimmer?«

»Leset,« sprach der König und gab das Papier seiner Mutter, als dächte er, Anna von Oesterreich müßte nothwendig lesen, um sich von einer so erstaunlichen Sache, wie die, welche das Papier enthielt, zu überzeugen.

Anna von Oesterreich las ebenfalls. Während sie las, funkelten ihre Augen von einer immer lebhafteren Freude, welche sie vergebens zu verbergen suchte, und die die Blicke von Fouquet anzog.

»Ja, eine förmliche Schenkung,« sagte sie.

»Eine Schenkung?« wiederholte Fouquet.

»Ja,« sagte der König, dem Oberintendanten der Finanzen besonders antwortend, »ja, auf dem Punkte, zu sterben, macht mir der Herr Cardinal eine Schenkung mit seinem ganzen Vermögen.«

»Vierzig Millionen I« rief die Königin. »Ah! mein Sohn, das ist ein schöner Zug vom Herrn Cardinal, der vielen böswilligen Gerüchten widersprechen wird; vierzig Millionen, langsam aufgehäuft, fließen so mit einem Schlag in Masse in den königlichen Schatz; . . . das ist die Handlungsweise eines treuen Untertanen und eines wahren Christen.«

Und nachdem sie noch einmal ihre Augen auf die Urkunde geheftet hatte, gab sie dieselbe Ludwig XIV. zurück, den das Aussprechen dieser ungeheuren Summe ganz zittern machte.

Fouquet war einige Schritte rückwärts gegangen und schwieg.

Der König reichte ihm das Papier ebenfalls.

Der Oberintendant verweilte nur eine Secunde mit seinem hoffärtigen Blick darauf. Dann verbeugte er sich und sprach:

»Ja, Sire, eine Schenkung, wie ich sehe,«

»Ihr müßt antworten, mein Sohn,« rief Anna von Oesterreich.

»Wie dies, Madame?«

»Durch einen Besuch beim Cardinal.«

»Aber ich habe Seine Eminenz erst vor einer Stunde verlassen.«

»Dann schreibt, Sire.«

»Schreiben!» rief der junge König mit einem Widerstreben.

»Ei! mein Sohn,« sagte Anna von Oesterreich, »mir scheint, ein Mann, der ein solches Geschenk gemacht hat, ist wohl berechtigt, zu erwarten, daß man ihm mit einiger Eile, dankt.«

Dann sich gegen den Oberintendanten umwendend:

»Ist das nicht Eure Ansicht, Herr Fouquet?«

»Das Geschenk ist wohl der Mühe werth, ja, Madame,« erwiederte her Oberintendant mit einem Adel, welcher dem König nicht entging.

»Nehmt es also an und dankt,« sprach Anna von Oesterreich.

»Was sagt Herr Fouquet?« fragte Ludwig XIV.

»Seine Majestät will meine Ansicht wissen?«

»Ja.«

»Dankt, Sire . .

»Ah!« machte Anna von Oesterreich.

»Doch nehmt nicht an,« fuhr Fouquet fort.

»Warum nicht?« fragte Anna von Oesterreich.

»Ihr habt es selbst gesagt, Madame,« erwiederte Fouquet, »weil die Könige von ihren Unterthanen Geschenke weder annehmen können, noch dürfen.«

Der König blieb stumm zwischen diesen zwei so sehr entgegengesetzten Ansichten.

»Aber vierzig Millionen!« sagte Anna von Oesterreich.

»Ich weiß es,« sprach Fouquet lachend, »vierzig Millionen sind eine schöne Summe, und eine solche Summe könnte sogar das Gewissen eines Königs in Versuchung führen.«

»Aber, mein Herr,« entgegnete Anna von Oesterreich, »statt den König von der Annahme dieses Geschenkes abwendig zu machen, bemerkt lieber Seiner Majestät, Ihr, dessen Amt es ist, daß diese vierzig Millionen ein Vermögen bilden.«

»Gerade, Madame, weil diese vierzig Millionen ein Vermögen bilden, sage ich zum König: »»Sire, es ist nicht schicklich, daß ein König von einem Unterthanen sechs Pferde von zwanzigtausend Livres annimmt, es ist entehrend, daß er sein Vermögen einem andern Unterthanen zu verdanken hat, der mehr oder minder ängstlich in der Wahl der Materialien war, welche zur Erbauung dieses Vermögens beitrugen.««

»Mein Herr, es steht Euch nicht an, dem König eine Lection zu geben,« sagte Anna von Oesterreich; »verschafft ihm eher vierzig Millionen, um die zu ersetzen, welche Ihr ihn verlieren macht.«

»Der König wird sie haben, sobald er will,« sprach der Oberintendant der Finanzen sich verbeugend.

»Ja, indem Ihr sie vom Volk herauspreßt,« sagte Anna von Oesterreich.

»Ei! Madame,« entgegnete Fouquet, »ist das Volk nicht auch gepreßt worden, als man es die durch diese Urkunde geschenkten vierzig Millionen schwitzen ließ? Uebrigens hat mich Seine Majestät um meine Ansicht gefragt und ich habe sie ausgesprochen; Seine Majestät verlange meine Mitwirkung, und ich werde bemüht sein, zu wirken.«

»Auf, auf, mein Sohn, nehmt das Geschenk an,« sprach Anna von Oesterreich, »Ihr steht über den Deutungen und Gerüchten.«

»Weigert Euch, Sire,« sagte Fouquet. »So lange ein König lebt, hat er kein anderes Niveau, als sein Gewissen, keinen anderen Richter, als seinen Wunsch: doch ist er todt, so hat er die Nachwelt, die ihm Beifall spendet, oder ihn anklagt.«

»Ich danke, meine Mutter,« sprach Ludwig XIV., sich ehrfurchtsvoll vor der Königin verbeugend; »ich danke, Herr Fouquet,« sagte er höflich, den Oberintendanten entlassend.

»Nehmt Ihr an?« fragte abermals Anna von Oesterreich.

»Ich werde es mir überlegen,« antwortete der König und schaute dabei Fouquet an.

Der Graf von Bragelonne

Подняться наверх