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Siebentes bis Zehntes Bändchen
XIX.
Die Schenke zum Bilde Unserer Lieben Frau

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Um zwei Uhr am andern Tag waren fünfzigtausend Zuschauer auf dem Platz um die zwei Galgen versammelt, welche man auf der Grève zwischen dem Quai de la Grève und dem Quai Pelletier, unsern voneinander an der Brustwehr des Flusses angelehnt, errichtet hatte.

Am Morgen hatten, auch die geschworenen Ausrufer der guten Stadt Paris die Quartiere der Cité, besonders die, Hallen und die Vorstädte durchlaufen, und mit ihren heiseren, unermüdlichen Stimmen die große Gerechtigkeit verkündigt, welche der König an zwei Pflichtvergessenen, an zwei Betrügern, an zwei Volksaushungerern übe. Und dieses Volk, dessen Interesse man mit so warmem Eifer wahrte, verließ, um sich nicht gegen die seinem König schuldige Achtung zu verfehlen, Buden, Fleischbänke, Werkstätten, in der Absicht, Ludwig XIV. ein wenig Dankbarkeit zu bezeigen, gerade wie es Eingeladene machen dürsten, die eine Unhöflichkeit zu begehen befürchten würden, wenn sie sich nicht bei demjenigen, welcher sie geladen, einfänden.

Nach dem Inhalt des Spruches, den laut und schlecht, die Ausrufer verlasen, sollten zwei Finanzpächter, Geldwucherer, Verschleuderer der königlichen Pfennige, Erpresser und Fälscher auf der Grève, ihren Namen an ihre Köpfe gehängt, die Todesstrafe erleiden.

Was diese Namen betrifft, so erwähnte der Spruch derselben nicht.

Die Neugierde der Pariser erreichte daher den höchsten Grad, und es erwartete mit fieberhafter Ungeduld, wie gesagt, eine ungeheure Menge die für die Hinrichtung anberaumte Stunde. Es hatte sich schon die Kunde verbreitet, daß die Gefangenen nach dem Schloß von Vincennes gebracht worden seien und aus diesem Gefängnis nach der Grève geführt werden sollten. Der Faubourg und die Rue Saint-Antoine waren auch überfüllt mit Menschen, denn die Bevölkerung von Paris theilt sich au diesen großen Hinrichtungstagen in zwei Kategorien, in diejenigen, welche die Verurtheilten vorbeiziehen sehen wollen, – dies sind schüchterne, sanfte Herzen, aber neugierig aus Philosophie, und in diejenigen, welche den Verurtheilten sterben sehen wollen, – dies sind nach Aufregungen gierige Herzen.

An, diesem Tag entwarf d’Artagnan, nachdem er seine letzten Instructionen vom König erhalten, und von seinen Freunden, die sich in diesem Augenblick auf Planchet beschränkten, Abschied genommen hatte, seinen Reiseplan, wie es jeder beschäftigte Mensch machen muß, dessen Augenblicke gezählt sind, weil er ihre Bedeutung kennt.

»Die Abreise,« sagte er, »ist auf Tagesanbruch, also auf drei Uhr Morgens festgestellt; ich habe daher fünfzehn Stunden vor mir. Rechnen wir daran ab die sechs Stunden des Schlafs, die mir unerläßlich sind, sechs; eine Stunde für das Essen, sieben; eine Stunde für einen Besuch bei Athos, acht; zwei Stunden für das Unvorhergesehene. Gesammtsumme, zehn.

»Es bleiben mir also fünf Stunden.

»Eine Stunde, um das Geld zu beziehen, das heißt, um mir das Geld von Herrn Fouquet verweigern zu lassen; eine andere, um dieses Geld bei Herrn Colbert zu holen und seine Fragen und Grimassen in Empfang zu nehmen; eine Stunde, um meine Waffen, meine Kleider in Augenschein zu nehmen und meine Stiefel schmieren zu lassen.

»Es bleiben mir also zwei Stunden, Mordioux! wie reich bin ich!«

Als er so sprach, fühlte d’Artagnan eine seltsame Freude, eine jugendliche Freude, einen Duft aus jenen schönen, glücklichen früheren Jahren in seinen Kopf steigen und ihn berauschen. Und der Musketier fuhr fort:

»Während dieser zwei Stunden erhebe ich meinen Miethzins von dem Bilde Unserer Lieben Frau. Das wird ergötzlich sein! Dreihundert und fünfundsiebenzig Livres! Mordioux! das ist erstaunlich! Wenn der Arme, der nur einen Livre in seiner Tasche hat, einen Livre und zwölf Deniers hätte, so wäre dies billig, es wäre vortrefflich; doch nie kommt ein solcher Vortheil dem Armen zu. Der Reiche macht sich im Gegentheil Einkünfte mit seinem Geld, das er nicht berührt. Das sind dreihundert und siebzig Livres, die mir vom Himmel zufallen.

»Ich werde also in das Bild Unserer Lieben Frau gehen und mit meinem Miethsmann ein Glas spanischen Wein trinken, das er mir unfehlbar anbietet.

»Doch es muß Ordnung sein, Herr d’Artagnan, Ordnung.

»Organisiren wir also unsere Zeit und theilen, wir die Verwendung derselben ein,

1. Art. Athos.

2. Art. Das Bild Unserer Lieben Frau.

3. Art. Herr Fouquet.

4. Art. Herr Colbert.

5. Art. Abendbrod.

6. Art. Kleider, Stiefel, Pferde, Mantelsack.

7. und letzter Art. Der Schlaf.«

In Folge dieser Anordnung ging d’Artagnan geraden Wegs zum Grafen de la Fère, dem er bescheiden und naiv einen Theil seines Glückes mittheilte.

Athos war seit dem vorhergehenden Tage nicht ohne Unruhe in Beziehung auf den Besuch von d’Artagnan beim König; doch vier Worte genügten ihm als Erläuterung, Athos errieth, daß Ludwig XIV. d’Artagnan mit einer wichtigen Sendung beauftragt hatte, und versuchte es nicht einmal, ihn das Geheimniß gestehen zu machen. Er empfahl ihm, sich zu schonen, und bot sich discret an, ihn zu begleiten, wenn dies möglich wäre.

»Theurer Freund,« erwiederte d’Artagnan, »ich reise durchaus nicht ab.«

»Wie! Ihr kommt, um von mir Abschied zu nehmen, und reist nicht ab?«

»Ob! doch, doch,« erwiederte d’Artagnan, ein wenig erröthend, »ich reise, um einen Ankauf zu machen.«

»Das ist etwas Anderes, und ich ändere meine Formel. Statt zu sagen: Laßt Euch nicht tödten, sage ich: Laßt Euch nicht betrügen!«

»Mein Freund, ich werde Euch benachrichtigen, wenn ich meine Blicke auf ein bestimmtes Gut geworfen habe; Ihr werdet dann wohl so gefällig sein, mir einen Rath zu geben.«

»Ja, ja,« sagte Athos, zu zartfühlend, um sich die Genugthuung eines Lächelns zu erlauben.«

Raoul ahmte die väterliche Zurückhaltung nach, D’Artagnan begriff, es wäre zu geheimnißvoll, Freunde unter einem Vorwand zu verlassen, ohne ihnen nur den Weg zu nennen, den man nehmen würde.

»Ich habe das Mans gewählt,« sagte er zu Athos. »Ist das ein gutes Land?«

»Ein vortreffliches, mein Freund,« erwiederte der Graf, ohne ihm bemerklich zu machen, das Mans habe dieselbe Richtung wie die Touraine, und wenn er zwei Tage warten würde, so könnte er die Reise mit einem Freunde antreten.

Aber verlegener als der Graf, höhlte d’Artagnan bei jeder neuen Erklärung den Morast, in den er sich allmälig versenkte, tiefer aus.

»Ich werde morgen bei Tagesanbruch abreisen,« sagte er endlich. »Willst Du bis dahin mit mir kommen, Raoul?«

»Ja, Herr Chevalier,« erwiederte der junge Mann, »wenn der Herr Graf meiner nicht bedarf.«

»Nein, Raoul, ich habe heute nur Audienz bei Monsieur, dem Bruder des Königs.«

Raoul verlangte von Grimaud seinen Degen, und dieser brachte ihn auf der Stelle.

»Nun also, lebt wohl, theurer Freund,« sprach d’Artagnan, indem er seine Arme Athos öffnete.

Athos hielt ihn lange umschlossen, und der Musketier, der seine Discretion wohl begriff, flüsterte ihm ins Ohr:

»Skaatsangelegenheit!«

Was Athos mit einem bezeichnenden Händedruck erwiederte.

Dann trennten sie sich. Raoul nahm den Arm seines alten Freundes, der ihn durch die Rue Saint-Honoré führte.

»Ich führe Dich zu dem Gott Plutus,« sagte d’Artagnan zu dem jungen Mann; »halte Dich bereit; Du wirst heute den ganzen Tag Thaler aufhäufen sehen. Mein Gott, wie bin ich verändert!«

»Oho! da sind viele Leute auf der Straße.«

»Ist heute eine Prozession?« fragte d’Artagnan einen Müssiggänger.

»Herr, es ist ein Henken,« erwiederte der Andere.

»Wie! Henken?« versetzte d’Artagnan, »auf der Grève?«

»Ja, Herr.«

»Der Teufel soll den Schuft holen, der sich gerade an dem Tage henken läßt, wo ich nothwendig meinen Miethzins erheben muß!« rief d’Artagnan. »Raoul, hast Du henken sehen?«

»Nie, Herr, Gott sei Dank!«

»Das ist die Jugend . . . Hättest Du die Wache im Laufgraben, wie ich sie hatte, und ein Spion würde . . . Doch siehst Du, verzeih, Raoul, ich schwatze ungereimtes Zeug . . . Du hast Recht, es ist häßlich, henken zu sehen . . . Um welche Stunde wird man henken, wenn’s beliebt, mein Herr?«

»Mein Herr,« erwiederte der Müssiggänger. ehrerbietig, denn er war entzückt, ein Gespräch mit zwei Männern vom Schwert anzuknüpfen, »es soll um drei Uhr geschehen.«

»Oh! es ist erst halb zwei Uhr, strecken wir die Beine aus, und wir kommen zur rechten Zeit an, um meine dreihundert und fünfundsiebenzig Livres einzuziehen und wieder wegzugehen, ehe der arme Sünder erscheint.«

»Die armen Sünder, mein Herr,« fuhr der Bürger fort, »denn es sind ihrer zwei.«

»Mein Herr, ich danke Euch tausendmal,« sprach d’Artagnan, der mit dem Alter eine raffinirte Höflichkeit angenommen hatte.

Und er zog Raoul fort, und wandte sich rasch nach dem Quartier der Grève.

Wäre der Musketier nicht sosehr an das Volksgedränge gewöhnt gewesen, hätte er nicht die unwiderstehliche Faust besessen, mit der sich eine ungewöhnliche Geschmeidigkeit der Schultern verband, so würde weder der eine, noch der andere der beiden Wanderer den Ort seiner Bestimmung erreicht haben.

Als sie die Rue Saint-Honoré verließen, durch die sie gingen, nachdem sie von Athos Abschied genommen hatten, folgten sie dem Quai.

»D’Artagnan marschirte voran: sein Ellenbogen, seine Faust, seine Schultern bildeten Ecken, die er kunstreich in die Gruppen einzuspeideln wußte, um sie zu spalten und wie Stücke Holz auseinanderspringen zu machen.

Oft bediente er sich auch als einer Verstärkung des eisernen Griffes seines Degens. Er schob ihn zwischen zu widerspänstige Rippen, ließ ihn in Form eines Hebels oder einer Zange spielen, und trennte so im geeigneten Augenblick den Mann von seiner Frau, den Oheim vom Neffen, den Bruder vom Bruder. Dies Alles so natürlich und mit einem so freundliches Lächeln, daß man hätte eherne Rippen haben müssen, um nicht um Verzeihung zu bitten, wenn das Faustgelenke sein Spiel machte, oder diamantene Herzen, um nicht entzückt zu sein, wenn sich das Lächeln auf den kippen des Musketiers ausbreitete.

Seinem Freunde folgend, schonte Raoul die Frauen, welche seine Schönheit bewunderten, schob die Männer zurück, die die Stärke seiner Muskeln fühlten, und Beide durchschnitten mit Hülse dieses Manoeuvre die sehr gedrängte und ein wenig schmutzige Volkswoge.

Sie kamen ins Angesicht der Galgen, und Raoul wandte mit Ekel seine Äugen ab. D’Artagnan sah sie nicht einmal; sein Haus mit dem gezackten First, mit den Fenstern voll von Neugierigen, erregte, verschlang sogar die ganze Aufmerksamkeit, der er fähig war.

Er erblickte auf dem Platz und um die Häuser her viele beurlaubte Musketiere, welche die einen mit Frauen, die anderenmit Freunden den Augenblick der Ceremonie erwarteten.

Ganz ungemein aber freute er sich, als er sah, daß sein Miethsmann, der Schenkwirth, vor Geschäften nicht wußte, wo ihm der Kopf stand.

Drei Kellner genügten nicht, um die Trinker zu bedienen. Es waren deren in der Bude, in den Zimmern, im Hof sogar.

D’Artagnan machte Raoul auf diesen Zustrom aufmerksam und fügte bei:

»Der Bursche wird keine Entschuldigung haben, um seinen Termin nicht zu bezahlen. Sieh alle diese Trinker, Raoul, man sollte glauben, es wären Leute von guter Gesellschaft. Mordioux! man findet keinen Platz hier.«

Es gelang indessen d’Artagnan, den, Patron bei der Ecke seiner Schürze zu erwischen und sich ihm zu erkennen zu geben.

»Ah! Herr Chevalier,« sagte der Schenkwirth halb außer sich, »ich bitte, einen Augenblick Geduld! ich habe in meinem Hause hundert Wüthende, die in meinem Keller das Unterste zu oberst kehren!

»Im Keller, gut, aber nicht in Eurer Kasse!«

»Oh! Herr, Eure sieben und dreißig, Pistolen liegen oben gezählt in meiner Stube, aber in eben dieser Stube sind dreißig Gesellen, welche ein Fäßchen Porto leeren, das ich diesen Morgen für sie angestochen habe . . . Gönnt mir nur eine Minute, eine einzige Minute!«

»Gut, gut.«

»Ich gehe,« sagte Raoul leise zu d’Artagnan, »dieser Jubel ist gemein!«

»Mein Herr,« entgegnete d’Artagnan mit strengem Ton, »Ihr werdet mir das Vergnügen machen, hier zu bleiben. Der Soldat muß sich an alle solche Schauspiele gewöhnen. Es gibt im Auge, wenn es jung ist, Fibern, die man abzuhärten wissen muß, und man ist wahrhaft edel und gut erst von dem Moment an, wo das Auge hart geworden und das Herz zart geblieben ist. Willst Du mich übrigens hier allein lassen, mein kleiner Raoul? Das wäre schlimm von Dir. Siehe, es ist hier ein Hof, und in diesem Hof ein Baum; komm in den Schatten, wir werden besser athmen, als in dieser warmen Atmosphäre vergossenen Weins.«

Von dem Orte aus, wo die zwei neuen Gäste des Bildes Unserer Lieben Frau Platz nahmen, hörten sie das immer mehr zunehmende Gemurmel der Volkswoge, und verloren weder einen Ruf, noch eine Geberde der Trinker, welche in der Schenke am Tische saßen, oder in den Zimmern zerstreut waren.

Hätte sich d’Artagnan als Vorposten bei einer Expedition aufstellen wollen, es könnte ihm nicht besser gelungen sein.

Der Baum, unter dem er mit Raoul saß, bedeckte Beide mit einem schon dichten Blätterwerk. Es war ein untersetzter Kastanienbaum mit herabhängenden Zweigen, der seinen schwarzen Schatten auf einen Tisch fallen ließ, welcher dergestalt zerbrochen war, daß die Trinker sich desselben zu bedienen verzichtet hatten.

Wir sagen, von diesem Posten aus habe d’Artagnan Alles gesehen. Er beobachtete das Hin- und Hergehen der Kellner, die Ankunft der neuen Gäste, den bald freundschaftlichen, bald feindseligen Empfang, der gewissen Ankömmlingen von gewissen schon Anwesenden zu Theil wurde. Er beobachtete, um die Zeit zu vertreiben, denn die sieben und dreißig Pistolen blieben sehr lange aus.

Raoul machte ihm hierüber eine Bemerkung.

»Mein Herr,« sagte er, »Ihr treibt Euren Miethsmann nicht zur Eile an, und sogleich werden die armen Sünder kommen. Es wird in diesem Augenblick ein solches Gedränge entstehen, daß wir nicht mehr hinaus können.«

»Du hast Recht, erwiederte der Musketier. »Hollah! ho! Mordioux, Ihr Leute!«

Doch er mochte immerhin schreien und auf die Trümmer des Tisches schlagen, die unter seiner Faust in Staub zerfielen, Niemand kam.

D’Artagnan schickte sich an. den Wirth selbst aufzusuchen, um ihn zu einer entscheidenden Erklärung zu zwingen, als die Thüre des Hofes, in dem er sich mit Raoul befand, eine Thüre, welche mit dem dahinter liegenden Garten in Verbindung stand, sich auf ihren verrosteten Angeln ächzend öffnete und ein als Reiter gekleideter Mann, das Schwert in der Scheide, aber nicht am Gürtel, aus dem Garten herein kam, den Hof durchschritt, ohne die Thüre zu schließen, und, nachdem er einen schiefen Blick auf d’Artagnan und seinen Gefährten geworfen hatte, sich nach der Schenke selbst wandte, indem er seine Augen, welche die Mauern und die Gewissen zu durchdringen schienen, überall umherlaufen ließ.

»Ah!« sagte d’Artagnan zu sich selbst, »meine Miethsleute stehen mit einander in Verbindung . . . Ah! das ist abermals ein Neugieriger, der das Henken sehen will.«

In demselben Augenblick hörten das Geschrei und der Lärmen in den oberen Zimmern auf. Die Stille setzt unter solchen Umständen ebenso sehr in Erstaunen, als eine Verdopplung des Geräusches. D’Artagnan wollte sehen, was die Ursache dieses plötzlichen Stillschweigens sei.

Er bemerkte, daß der Mann in Reitertracht in die Hauptstube eingetreten war und die Trinker haranguirte, welche alle mit ängstlicher Aufmerksamkeit horchten. D’Artagnan hätte vielleicht seine Rede ohne das beherrschende Geräusch der Ausrufungen des Volkes gehört, das ein furchtbares Accompagnement für die Worte des Redners bildete. Doch dieser war bald zu Ende, und alle Leute, welche die Schenke enthielt, gingen nach einander in kleinen Gruppen heraus, so jedoch, daß noch sechs im Zimmer zurückblieben. Der Eine von diesen sechs, der Mann mit dem Schwert, nahm den Schenkwirth bei Seite und beschäftigte ihn mit mehr oder minder ernsten Reden, während die Anderen ein großes Feuer im Kamin anzündeten. Ein seltsames Ding bei dem schönen Wetter und der Wärme!

»Es ist sonderbar,« sagte d’Artagnan zu Raoul; »doch ich kenne diese Gesichter.«

»Findet Ihr nicht, daß es hier nach Rauch riecht?« fragte Raoul.

»Ich finde vielmehr, daß es nach Verschwörung riecht,« erwiederte d’Artagnan.

Er hatte noch nicht vollendet, als vier von diesen Menschen in den Hof hinabgingen und sich, scheinbar ohne eine schlimme Absicht, als Wachen in der Gegend der Verbindungsthüre aufstellten, wobei sie in Zwischenräumen auf d’Artagnan Blicke warfen, welche vielerlei bezeichneten.

»Mordioux,« sagte d’Artagnan leise zu Raoul, »hier geht etwas vor. Bist Du neugierig, Raoul?«

»Je nachdem, Herr Chevalier.«

»Ich bin neugierig wie ein altes Weib. Komm ein wenig nach vorne, wir werden den Anblick des Platzes haben, und es ist Alles zu wetten, daß wir Interessantes sehen.«

»Aber Ihr wißt, Herr Chevalier, daß ich nicht leidender und gleichgültiger Zuschauer des Todes von zwei armen Sündern sein will.«

»Und ich! glaubst Du, ich sei ein Wilder? Wir gehen wieder herein, wenn es Zeit ist, herein zu gehen Komm!«

Sie gingen in das Vordergebäude und stellten sich an das Fenster, das, was noch seltsamer erscheinen mußte, als das Uebrige, unbesetzt geblieben war.

Statt durch dieses Fenster zu schauen, unterhielten die zwei letzten Trinker das Feuer.

Als sie d’Artagnan und Raoul eintreten sahen, murmelten sie:

»Ah! Verstärkung.«

D’Artagnan stieß Raoul mit dem Ellenbogen und sagte:

»Ja, meine Braven, Verstärkung; bei Gott! ein herrliches Feuer . . . Was wollt Ihr denn da kochen?«

Die zwei Männer schlugen ein lustiges Gelächter auf und legten, statt zu antworten, Holz zum Feuer.

»D’Artagnan konnte nicht müde werden, ihnen zuzuschauen.

»Hört,« sprach einer von den Heizern, »nicht wahr, man hat Euch zu uns geschickt, um uns den Augenblick zu sagen?«

»Allerdings,« antwortete d’Artagnan, da er wissen wollte, woran er sich zu halten hätte. »Warum wäre ich sonst hier, wenn nicht zu diesem Zweck?«

»Dann stellt Euch an’s Fenster, wenn es Euch beliebt, und beobachtet.«

D’Artagnan lächelte in seinen Schnurrbart, machte Raoul ein Zeichen und stellte sich willfährig an’s Fenster.

Der Graf von Bragelonne

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