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Tunnelbrandplanungen und Frischluftstollen
ОглавлениеAbgesehen von einem Brand im Hollandtunnel in New York gab es kaum Erfahrungen mit Brandkatastrophen in Tunneln. Im Mai 1965 fanden Brandversuche im aufgegebenen Ofenegg-Bahntunnel am Walensee statt. Unterschiedliche Mengen Benzin wurden angezündet. Im Tunnel waren alte Personenwagen abgestellt, in die Holzproben, Stoffe, Haare und Fleisch gelegt worden waren. Das Resultat: Wenige Sekunden nach Brandbeginn verschlechterte sich die Sicht. Die Temperatur- und Abgaswerte lagen weit über jenen Werten, bei denen ein Überleben möglich war. Bis zu einer Entfernung von fünfzig Metern vom Brandherd herrschte grösste Lebensgefahr.19 Angesichts der bis zu zwölf Minuten langen Anfahrt zum Brandherd, der Hitze, des Rauchs und des Sauerstoffmangels im künftigen Gotthard-Strassentunnel würde die Arbeit der Feuerwehr also sehr schwierig oder unmöglich.20 So wurden im Gotthard-Strassentunnel alle 250 Meter Schutzräume geplant.21
Die Automobilverbände Automobil Club Schweiz und Touring Club Schweiz (TCS) richteten sich an die Bundesverwaltung; sie forderten Akteneinsicht und Aussprachen. «Der TCS vertritt die Automobilisten, die den Gotthard-Strassentunnel bezahlen, und es ist seine Pflicht, an die Sicherheit eines derartigen Verkehrsweges höchste Anforderungen zu stellen. Ein unabhängig vom Strassen-Tunnel geführter Seitenstollen hat diesbezüglich sehr grosse Vorteile. Bei Brand- oder Explosionskatastrophen können Evakuations- und Rettungsfahrzeuge unberührt vom übrigen Verkehr zur Unglücksstelle fahren. Personen, die sich vor einem Brand in Sicherheit begeben wollen, würden sich in den alle 250 m angeordneten Querschlägen zum Haupttunnel aufhalten und auf keinen Fall den Separatstollen verstopfen.»22 Der TCS befürwortete das 4-Schacht-Projekt und forderte zusätzlich einen Fluchtstollen. Die NZZ schilderte das Für und Wider, begleitet von eindrücklichen Fotografien, die bei Tunnelbränden entstanden waren. Vertreter der beiden Ingenieurgemeinschaften beharkten das Bundeshaus mit Briefen. Giovanni Lombardi verteidigte sein 4-Schacht-Projekt und wehrte sich gegen Presseartikel, «die in emotioneller Weise zu Gunsten des anderen Projektes Stellung nehmen, offenbar mit der Absicht, die Behörden bei der Wahl der Projekte zu beeinflussen».23
Im Mai 1969 entschied die Baukommission den Streit. Der Frischluftstollen werde im Katastrophenfall nicht begehbar sein, weil die Lüftung dann auf Volllast laufen werde. Dann werde im Stollen ein Sturm mit 100 Kilometer pro Stunde Windgeschwindigkeit herrschen.24 So schied die 2-Schächte-Variante mit dem Frischluftstollen aus. Und das 4-Schacht-Projekt wurde nachträglich überraschend mit einem Sicherheitsstollen ergänzt.