Читать книгу Über den "tatsächlichen Zusammenhang" im Bankrottstrafrecht - Alexandra Windsberger - Страница 36
III. Der „tatsächliche Zusammenhang“ in der Interpretation durch das konkursstrafrechtliche Schrifttum: Zusammenhang zwischen Handlung und Erfolg?
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Die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum „tatsächlichen Zusammenhang“ wurde von einem breiten Schrifttum rezipiert.[118] Die Frage, wie sich der Gesetzgeber das Verhältnis dieser Tatsachen zueinander denkt, sei für die Auslegung von der allergrößten Bedeutung und hänge nach Ansicht des Schrifttums davon ab, was Gegenstand der Bestrafung gewesen sei.
Die Kernfrage sei, was der Gesetzgeber eigentlich verbietet?[119] Das konkursstrafrechtliche Schrifttum unternahm zwischen 1880 und 1950 vielfach den Versuch, den Bankrotttatbestand einer Deliktsart zuzuordnen und hierbei den Zusammenhang zwischen Tathandlung und Zahlungseinstellung/Konkurseröffnung zu benennen.[120] Die Frage nach Erforderlichkeit und Inhalt des Zusammenhangs wurde hierbei an unterschiedlichen Stellen aufgeworfen: im Rahmen der Kommentarliteratur wurde der Problembereich „tatsächlicher Zusammenhang“ in der Regel bei der Frage, wie Zahlungseinstellung/Konkurseröffnung im Hinblick auf den Gesamtunrechtstatbestand auszulegen sind, diskutiert. Mancherorts wurde vorab die Frage nach dem „Strafgrund“ und dem Wesen der Bankrottdelikte gestellt und dort auf den Zusammenhang zwischen Handlung und Zahlungseinstellung/Konkurseröffnung Bezug genommen.[121] Andere stellten sich die Frage, worin das Hauptgewicht des „Unrechts“ liege: in der „Bankrotthandlung“ oder vielmehr im „Bankrottwerden“?[122] Die Vertreter des Schrifttums waren sich jedenfalls einig, dass der Bankrott „zu denjenigen Delikten gehört, welche sich am schwersten unter die allgemeinen Regeln subsumieren lassen und deren Stoff sich am sprödesten zeigt gegenüber den Versuchen, die allgemeinen Grundsätze des Strafrechts auf ihn anzuwenden.“[123] Die Interpretation des konkursstrafrechtlichen Schrifttums zeigte deutliche Parallelen zur Interpretation des Reichsgerichts. Nach einer breiten Auffassung im Schrifttum hingen die dogmatischen Grundlagenfragen im Rahmen des Bankrotts von der Bestimmung des „geschützten Rechtsguts“ ab. Auch das Schrifttum stellte wie das Reichsgericht die Belange der Konkursgläubiger in den Mittelpunkt der Auslegung. Anders als das Reichsgericht, bemühte sich das Schrifttum allerdings um eine begriffliche Erfassung und die inhaltliche Konkretisierung des „geschützten Rechtsguts“. Unerlässlich für das „materiale Unrecht“ eines Verbrechens sei jedenfalls eine „aggressive Gerichtetheit“, ein Angriff auf eben dieses Rechtsgut.[124]