Читать книгу Sammelband 7 Mystery Thriller - Der Sommer der Geheimnisse - Alfred Bekker - Страница 63
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Undeutlich nahm ich eine Gestalt vor mir war. Ich schrie.
Die Gestalt trug ein weißes Gewand.
Zwei kräftige Hände schüttelten mich an den Schultern.
"Patti!"
Ich blickte in Tante Lizzys entsetztes Gesicht. "Patricia, komm zu dir!", sagte sie eindringlich.
Ich öffnete halb den Mund, wollte etwas sagen. Aber ich brachte keinen Ton heraus. Meine Kehle war staubtrocken. Ich schluckte. Es dauerte einige Augenblicke, bis ich begriff, dass der grauenerregende Eis-Zombie, dessen gefrorene, glitschig-kalte Hände sich gerade noch um meinen Hals gelegt hatten, einem Alptraum entsprungen sein musste.
Einem Alptraum, der zweifellos in Zusammenhang mit meiner übersinnlichen Begabung stand, die sich vor allem in seherischen Träumen oder Visionen offenbarte.
"Tante Lizzy", flüsterte ich.
Die Erinnerung an die halbverweste Gestalt des lebenden Leichnams stieg wieder in mir auf. Dazu die wie Gasblasen wirkenden, transparenten Totenkopfwesen, die um den Zombie herumgeschwebt waren.
Ich hatte ein Gefühl als ob sich eine grabeskalte Hand auf meine Schulter gelegt hätte.
"Kind, du zitterst ja."
"Es war so furchtbar, Tante Lizzy..."
"Eine Vision, nicht wahr?"
"Ja... Aber sie war dermaßen real, dass ich wirklich geglaubt habe..." Ich brach ab. Tante Lizzy strich mir über das Haar, so wie sie es früher immer getan hatte, als ich noch kleines Mädchen gewesen war.
Einige Augenblicke standen wir so da, dann sagte ich schließlich: "Lass uns nach unten gehen, Tante Lizzy... Ich glaube nicht, dass ich in dieser Nacht noch ein Auge zudrücken werde!"
Unten in der Bibliothek erzählte ich Tante Lizzy dann von dem, was mir widerfahren war.
Tante Lizzy hörte nachdenklich zu, während ich mit stockender Stimme nach den richtigen Worten suchte.
"Diese Kreatur hatte gewaltige übersinnliche Kräfte", erklärte ich. "Ich konnte sie deutlich wahrnehmen..."
Ich atmete tief durch.
Tante Lizzy sagte indessen mit bedauerndem Tonfall: "Ich fürchte, so einfach kann ich dir jetzt auch nicht weiterhelfen. Vielleicht hast du ein Bild aus der Zukunft oder von einem weit entfernten Ort gesehen. Etwas, das in irgendeiner Weise mit deinem Schicksal zusammenhängt. Genauso gut könnte es sein, dass diese Vision auf symbolischer Ebene zu verstehen ist und erst entschlüsselt werden muss...."
"Nein", sagte ich - ohne zu überlegen.
Tante Lizzy hob erstaunt die Augenbrauen.
"So sicher?"
"Ja", sagte ich. "Ich bin selbst überrascht darüber. Aber ich weiß, dass es diese Kreatur gibt, die ich gesehen habe. Jetzt, in diesem Moment, irgendwo... Ein Wesen, das einen entsetzlichen Hunger hat..."
"Hunger?", echote Tante Lizzy.
"Hunger nach der Energie der Lebenden. Ich glaube, das war auch der Grund dafür, dass das Wesen mich angriff." Ich begann allein bei dem Gedanken daran schon zu zittern. Ein Frösteln überkam mich, obwohl in der Bibliothek eigentlich sehr warm war. Aber diese Kälte kam von innen. Sie erfüllte jeden Winkel meiner Seele, sobald ich auch nur eine Sekunde lang an diese grauenvolle Erscheinung dachte. "Dieses Wesen lebt", murmelte ich. "Es existiert und ich glaube, dass ich ihm irgendwann in nächster Zeit begegnen werde."
"Ich kann nur hoffen, dass du dich irrst..."
Wie zufällig streifte mein Blick den Schreibtisch, dessen Geheimfach die Conroys am Abend endlich gefunden hatten.
Für Sekundenbruchteile stand ein sehr deutliches Bild vor meinen Augen, dessen Intensität ich mich nicht entziehen konnte.
Ich sah den Eis-Zombie, sah seine leeren Augenhöhlen und das graue, schmutzige Eis, das seinen toten Körper wie einen Panzer überzog und glücklicherweise den Anblick des verwesenden Fleisches etwas milderte.
Der Zombie hob die Hand mit einer ruckartigen Bewegung.
Seine knochendürren Finger hielten zitternd...
Ein Buch!
Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag vor den Kopf. Ich war wie konsterniert.
"Das Notizbuch Hermann von Schlichtens...", murmelte ich halblaut vor mich hin.
"Wie bitte?", fragte Tante Lizzy.
Das Bild verschwand.
Ich wandte den Kopf zu Tante Lizzy herum.
"Dieses Notizbuch, das die Conroys aus deinem antiken Schreibtisch herausgeholt haben! Es hat etwas mit dem zu tun, was ich gesehen habe, Tante Lizzy."
"Bist du dir sicher?" Tiefe, sehr sorgenvolle Furchen erschienen auf Tante Lizzys Gesicht.
Ich nickte.
"Ganz sicher", murmelte ich. "Ich weiß es einfach... Und du weißt, dass ich mich auf meine Ahnungen immer gut verlassen konnte."