Читать книгу Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis - Alfred Bekker - Страница 17
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ОглавлениеGeorge Braddock saß in Handschellen in einem der Sessel im Wohnzimmer. Er zitterte leicht. Jay war schnell klar, dass die Reaktionsweise dieses Mannes nicht normal war. Um eine psychiatrische Begutachtung kam man in seinem Fall wohl nicht herum. Während Leslie Morell sich auf den Weg machte, um das Pump Action Gewehr sicherzustellen, bewachte Jay den Gefangenen.
„Sie werden von Dr. Guthries Tod gehört haben“, sagte er.
„Er hat verdient, was ihm widerfahren ist!“, rief Braddock. „Der Herr wird ihn richten, so wie er euch richten wird, die ihr Schergen Babylons und der Götzen seid!“
„Wo waren Sie gestern Abend zwischen acht Uhr und Mitternacht?“
„Erwarten Sie wirklich eine Antwort von mir?“
„Sie haben das Recht zu schweigen, wenn Sie sich selbst belasten! Aber ich dachte, Sie möchten vielleicht etwas tun, um uns deutlich zu machen, dass Sie nichts mit dem Mord an Guthrie zu tun haben.“
„Jemand muss das Schwert Gottes sein – so wie ihr als Diener der Götzenherrschaft fungiert!“
„Vielleicht bekommen unsere Verhörspezialisten ja etwas Vernünftiges aus Ihnen heraus, Mister Braddock. Tut mir leid, Sie haben es nicht anders gewollt!“
„Sie haben doch Ihr Urteil längst gefällt!“
„Nein, das ist nicht wahr. Mein Kollege und ich sind eigentlich nur hier gewesen, um Ihr Alibi für die Tatzeit zu überprüfen, wobei Sie mir unglücklicherweise nicht behilflich sein wollen.“
„Warum sollte ich auch nur einen Finger für die Diener des satanischen Systems krumm machen, das unser Land beherrscht und es zulässt, dass unschuldige Kinder getötet werden!“
„Haben Sie sich vielleicht zum Richter über Dr. Guthrie aufgeschwungen?“
„Gott richtet. ‚Mein ist die Rache’, spricht der Herr.“
„Es war ein Mensch, der Guthrie drei Kugeln verpasst hat. Nicht Gott.“
„Ein Mensch, ja! Ein Mensch, der zweifellos ein Werkzeug Gottes war! Ein Schwert in den Händen des Allmächtigen! Ein Wächter des Heiligen Lebens…“
Leslie Morell kehrte wenig später mit dem Gewehr zurück, das auf die Straße geschleudert worden war. Glücklicherweise hatte es niemanden verletzt.
„Aus dem Kerl bekommen wir keine vernünftige Aussage heraus. Entweder er hat Drogen genommen oder ist verrückt, Leslie.“
„Sehen wir uns hier ein bisschen um“, schlug Leslie vor. Er hob die Waffe an. „Bewaffneter Angriff auf zwei Bundesbeamte – da kommt einiges auf Sie zu, Mister Braddock.“
Jay zog sich Lastexhandschuhe an und sah sich um.
In einer Ecke stand ein Schreibtisch samt Computer. Ein Festnetzanschluss existierte nicht, dafür aber lag ein Handy neben dem Computer. Das Gerät war eingeschaltet. Jay sah sich im Menue die Anruflisten durch. Dann griff er in seine Jackentasche, um einen Zettel hervorzuholen, auf dem er sich einige Telefonnummern notiert hatte. Es handelte sich um Dr. Guthries Anschlüsse in der Praxis, zu Hause und mobil.
„Sieh an, das ist sehr interessant, Mister Braddock“, stellte Jay schließlich fest. „Hier taucht sehr häufig die Nummer des Ermordeten auf. Offenbar haben Sie gegen die Bewährungsauflagen verstoßen und Dr. Guthrie kontaktiert!“
Braddock verzog das Gesicht.
„Sie können mich mal!“, brüllte er.
„Zwei Anrufe – kurz bevor Guthrie ermordet wurde!“, gab Jay zu bedenken. „Die Verbindung kam zu Stande, das geht eindeutig aus dem Menue hervor.“
„Dann sind Sie der letzte Mensch, der mit Dr. Guthrie gesprochen hat, bevor er erschossen wurde“, erklärte Leslie.
„Vielleicht wollte er sich vergewissern, dass Guthrie noch in seiner Praxis ist. Sobald niemand mehr abnahm wusste er, dass er jeden Moment im Parkhaus auftauchen würde…“
„Verdammt, was wollen Sie von mir?“, kreischte Braddock unverhältnismäßig heftig.
„Wie wäre es einfach mit der Wahrheit?“, erwiderte Jay.
„Die Wahrheit?“ Er lachte heiser. „Die Wahrheit wollen Sie doch nicht hören! Sie wollen mir diesen Mord in die Schuhe schieben und wenn ich ihn nicht zugebe, werden Sie vermutlich Beweise fälschen oder mich verprügeln!“
Jay und Leslie wechselten einen etwas irritierten Blick.
Schließlich sagte Jay: „Das ist Unsinn, Mister Braddock! Aber Sie sollten uns schon erklären, was das hier zu bedeuten hat!“ Dabei hob er das Handy etwas an, das er daraufhin Leslie übergab.
Jay sah sich noch ein wenig um. Im Gefrierfach des Kühlschranks entdeckte eine Automatik, Kaliber 45.
Jay roch am Lauf. „Mit der Waffe wurde vor kurzem geschossen.“
„Würde mich nicht wundern, wenn die Projektile, die Dr. Guthrie getötet haben, zu dieser Waffe passen!“, ergänzte Leslie. „Aber das werden unsere Kollegen im Field Office klären. Möchten Sie einen Anwalt anrufen, Mister Braddock?“
Er schwieg.
„Für den Angriff auf uns und den Verstoß gegen die Bewährungsauflagen werden Sie ein Verfahren bekommen“, hielt Jay ihm vor. „Aber die Strafe wird in einem überschaubaren Rahmen bleiben, so fern Sie er sich nicht mit der Staatsanwaltschaft verscherzen und man ihren Auftritt als versuchten Totschlag interpretiert.
„Sie machen mir keine Angst!“
„So ein Mord wie der Fall Guthrie ist ganz andere Sache… Da können Sie froh sein, wenn Sie noch lebenslänglich bekommen!“
„Hören Sie, ich gebe ja zu, dass ich diesen Guthrie angerufen habe.“
Jay blickte auf das Handy-Menue. „Ziemlich oft in letzter Zeit! Und ich nehme an, dass Sie ihn nicht kontaktierten, um Freundlichkeiten auszutauschen!“
„Ich habe ihm alles Mögliche gesagt.“
„Was?“
„Dass seine Zeit um ist, dass er verrecken soll, dass er ein Kindermörder sei und so weiter… Die ganze Palette! Ich habe meine Stimme verstellt, damit er mich nicht gleich erkennt!“
„Wäre es da nicht auch logisch, wenn Sie Ihre Ankündigungen in die Tat umgesetzt und ihn umgebracht hätten?“
„Damit habe ich nichts zu tun!“
Jay ließ nicht locker. „Wo waren Sie dann gestern Abend?“
„Ich war hier in diesem Raum und habe ferngesehen.“
„Klingt nicht gerade nach einem Alibi, dass eine Jury überzeugen könnte!“
Leslie Morells Handy klingelte. Er nahm das Gerät ans Ohr.
Es meldete sich Special Agent Fred LaRocca, der zusammen mit der irischstämmige Kollegin Josy O’Leary die Wohnung von Michael Matlanovich aufgesucht hatte.
„Wir befinden uns hier in Matlanovichs Wohnung“, berichtete Fred LaRocca. „Erstens haben wir ein umfangreiches Waffenarsenal gefunden, dass von einem Sturmgewehr bis zu einer gewöhnlichen Automatik reicht. Und zweitens besitzt Mister Matlanovich ein Nachtsichtgerät!“