Читать книгу Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis - Alfred Bekker - Страница 19
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ОглавлениеJay McIntoshs Finger glitten über die Computertastatur. Er war so konzentriert, dass er das Klingeln an der Tür zunächst nicht hörte.
McIntosh horchte auf.
Außer einem ziemlich ungeduldigen Klingeln war auch noch ein heftiges Klopfen zu hören.
Er erhob sich von seinem Platz und ging zur Tür.
Zunächst warf er einen vorsichtigen Blick durch den Spion. Es klopfte erneut.
„Ja, mach auf, wir wissen, dass du da bist!“
McIntosh atmete tief durch und öffnete.
Ein Mann und eine Frau standen vor der Tür, beide Mitte dreißig.
„William! Tara! Was wollt ihr hier?“
„Ich dachte, du bittest uns erst einmal herein!“, meinte der Mann.
McIntosh zögerte kurz, dann nickte er. „Na los. Ich hoffe, es hat euch niemand gesehen.“
Jeder der beiden hatte eine Sporttasche über die Schulter gehängt, das war ihr einziges Gepäck. Sie traten ein und Jay McIntosh schaute sich auf dem Flur um. Das Mietshaus in Queens, in dem er wohnte, gehörte der unteren Preisklasse an und besaß keine Videoüberwachung. In mehr oder minder unregelmäßigen Abständen patrouillierte ein Angestellter einer privaten Sicherheitsfirma durch die Flure des fünfzehnstöckigen Gebäudes. Ansonsten gab es Alarmknöpfe, die bei Bedarf in der Zentrale dieser Firma einen Alarm auslösten.
Aber dafür waren die Apartments preiswert. Hier wohnten vorwiegend kleine Angestellte, die in den Geschäftsvierteln von Manhattan ihre Jobs hatten und darauf angewiesen waren, in der Nähe von Midtown Manhattan zu wohnen, sich dort aber die Mieten nicht leisten konnten.
Jay McIntosh schloss die Tür hinter sich, schob gleich den Riegel davor und hängte die Vorhängekette ein.
„Ihr könnt hier nicht bleiben“, stellte er klipp und klar fest.
„Reverend Garrison meinte, für ein paar Tage wäre das in Ordnung“, sagte die Frau – Tara McMillan.
William C. Blaise wandte sich bereits wieder zum gehen. „Komm, Tara. Ich hatte gedacht, Jay wäre jemand, der unsere Sache ernst nimmt. Ein echter ‚Divine Guardian’ – und nicht so ein Waschlappen. Nichts für ungut, Jay, wir werden schon irgendwo anders unterkommen. Aber eigentlich haben wir uns als Divine Guardians geschworen, dass wir füreinander einstehen. Gleichgültig, was auch geschehen mag.“ Williams Gesicht verzog sich und drückte jetzt Hohn und Verachtung aus. „Offenbar war das alles nur leeres Geschwätz!“
William war bereits bei der Tür, als Jay McIntoshs Stimme ihn zurückhielt.
„Warte! So war das nicht gemeint!“, versicherte Jay.
William hob die Augenbrauen. „Ach, nein? Wie denn dann? Deine Worte waren ja wohl an Deutlichkeit nicht misszuverstehen. Wir sind hier nicht erwünscht, also ist es besser, dass wir gehen!“
„Ihr könnt hier bleiben“, versicherte Jay. „Zumindest für die Nacht. Und morgen sehen wir weiter!“
„Danke, darauf verzichte ich!“, schnaubte William.
Aber Tara McMillan schien darüber etwas moderater zu denken. „Bitte, Will! Sei vernünftig! Jay, hat gesagt, dass wir die Nacht über hier bleiben können, also tun wir das auch! So schnell bekommen wir nämlich keinen neuen Unterschlupf.“
William überlegte einige Augenblicke, dann verschwand die dunkle Röte, die zuvor sein Gesicht überzogen hatte.
„Okay“, murmelte er.
„Viel Platz ist bei mir allerdings nicht“, warnte Jay.
„Wir erwarten kein Hotel.“
Jay führte William und Tara ins Wohnzimmer, wo auch der Computer befand.
William trat an den Schirm heran und meinte: „Na, schreibst du wieder was für die News der LIFE IS DIVINE FOUNDATION?“
„Das geht dich nichts an!“, lautete Jays recht schroffe Erwiderung. Er ging zum Computer und schaltete den Bildschirm aus.
„Ist ja schon gut!“, sagte William, ließ seine Sporttasche zu Boden gleiten und hob die Hände im Scherz.
„Wie habt ihr euch das weitere Vorgehen gedacht?“, fragte Jay.
William zuckte nur mit den Schultern.
„Wir werden eine Weile untertauchen und wechseln alle paar Tage das Quartier“, erklärte Tara. „Die Cops können schließlich nicht alle von uns verhaften. Damit kommen sie einfach nicht durch. Weil kein Staatsanwalt und kein Richter in dieser Stadt das mitmachen würde!“
„Wenn du dir da mal nicht zu sicher bist!“ Jays Stimme klang überraschend kühl. „Ich muss gleich noch mal weg. Wenn ihr wollt, bringe ich euch eine Pizza mit. Schließlich werdet ihr Hunger haben.“
„Eine gute Idee“, lobte Tara.
„Kein Thunfisch bitte“, forderte William. Er trat auf Jay zu und blickte ihm direkt in die Augen. „Wohin willst du denn jetzt noch?“
„Das geht dich nichts an, Will!“
„Du hast doch nicht etwa vor, irgendwen darüber zu informieren, dass wir hier sind?“
„Kennst du mich wirklich so schlecht, Will? Du kannst mir vertrauen. Das solltest du in der Zwischenzeit gelernt haben!“
William musterte Jay einige Augenblicke lang nachdenklich. Schließlich nickte er, zog seine Jacke aus und warf sie auf die Couch. Im Hosenbund steckte eine Automatik. Als er Jays erstaunten Blick bemerkte, legte William die Hand an den Griff. „Wir gehen nicht ins Gefängnis, Jay. Auf keinen Fall. Einen fairen Prozess bekommen wir vor dieser korrupten Justiz sowieso nicht!“