Читать книгу Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis - Alfred Bekker - Страница 8

1

Оглавление

„Sie können schon gehen, Meredith.“

Dr. Miles Guthrie saß hinter seinem Schreibtisch und sah einige Laborwerte durch, die gerade noch per Kurier in die Praxis gebracht worden waren.

„Bis Morgen, Dr. Guthrie.“

„Ich sehe mir nur noch kurz die Befunde an, dann gehe ich auch nach Hause!“

Miles Guthrie hörte, wie die Schritte seiner Arzthelferin auf dem Flur verklangen. Wenig später fiel die Tür ins Schloss.

Guthrie überflog die Laborergebnisse.

Das Telefon klingelte. Guthrie nahm den Hörer ans Ohr.

„Miles Guthrie?“, krächzte eine verzerrte Stimme.

„Am Apparat.“

„Du Kindermörder!“

„Hören Sie, ich…“

„Aber noch heute Abend wirst du selbst tot sein.“

Es machte klick. Die Verbindung war unterbrochen.

Guthrie seufzte hörbar.

Dieser Spinner hat mir gerade noch gefehlt!, dachte er. Als ein Gynäkologe, in dessen Praxis im Rahmen der gesetzlichen Grenzen auch Abtreibungen durchgeführt wurden, war es gewöhnt, dass religiöse Fanatiker und sogenannte Lebensschützer in ihm eine willkommene Zielscheibe ihrer Kampagnen sahen. Das war auch der Grund dafür, dass Guthrie seine Praxis im Brandon Tower, 332 Washington Lane, Hoboken eingerichtet hatte - einem Gebäude mit erstklassigem Sicherheitsstandard. Rund um die Uhr sorgten die bewaffneten Security Guards eines privaten Sicherheitsunternehmens dafür, dass kein Unbefugter ins Gebäude gelangen konnte. Flure, die Eingangshalle und die Aufzüge waren ebenso mit einer Videoüberwachungsanlage ausgestattet wie das zum Brandon Tower gehörige unterirdische Parkhaus.

Seit Guthrie vor drei Jahren auf einem Ärztekongress von einem fanatischen Lebensschützer mit einem Messer angegriffen worden war, trug er häufig einen Revolver bei sich.

Guthrie legte die Befunde zur Seite. Er konnte sich jetzt einfach nicht mehr auf die Ergebnisse konzentrieren.

Immerhin, das hast du erreicht, Krächzer!, dachte Guthrie.

Krächzer – das war der Name, den er diesem Anrufer für sich persönlich gegeben hatte. Der Krächzer verfolgte ihn schon seit langem mit seinen Todesankündigungen. Manchmal täglich, dann wieder nur alle vier bis fünf Wochen. Die Polizei hatte die Identität des Krächzers bisher nicht herausbekommen. Alles, was man wusste, war, dass er mindestens dreimal von einer bestimmten Telefonzelle in der Nähe des Times Square angerufen hatte und ansonsten verschiedene Prepaid Handys benutzt. Außerdem gehörte der Krächzer zu einem guten Dutzend Anrufern, die Guthrie mehr oder minder regelmäßig mit Beschimpfungen, Beleidigungen oder Drohungen bedachten. Zwei von ihnen hatte die Polizei erwischt.

Die meisten von ihnen nahm Guthrie nicht besonders ernst. Ihre Rhetorik mochte martialisch klingen, aber Guthrie schätzte die Meisten von ihnen als harmlos ein. Menschen, für die es nur schwarz oder weiß gab und die nicht bereit waren, sich mit der Not, die eine Frau vielleicht zu der Entscheidung trieb, eine Schwangerschaft zu unterbrechen, überhaupt zu beschäftigen.

Aber Guthrie wusste spätestens seit dem Messeranschlag auf dem Ärztekongress, dass es eine kleine Minderheit in den Reihen der Abtreibungsgegner gab, die bereit waren, weiter zu gehen.

Einmal war sein Wagen angezündet worden. Die Polizei hatte die Täter bislang ebenso wenig ermitteln können, wie die Identität des Krächzers und der anderen Anrufer. Manche von ihnen waren für Guthrie im Laufe der Zeit zu so etwas wie guten Bekannten geworden.

Guthrie versuchte so wenig wie möglich daran zu denken, dass da draußen vielleicht tatsächlich jemand auf ihn lauern mochte.

Der Arzt war überzeugt davon, dass seine Arbeit wichtig war und getan werden musste. Also setzte er sie trotz der damit verbundenen Gefahren fort und versuchte ansonsten einfach, alle nur denkbaren Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Miles Guthrie streifte den weißen Kittel ab, hängte ihn an einen Haken an der Wand seines Behandlungszimmers, ging in den Vorraum und nahm Jackett und Mantel von der Garderobe.

Kurz bevor er die Praxis verlassen wollte, klingelte noch einmal das Telefon.

Guthrie zögerte. Eine Frau in Not oder der Krächzer – beides war möglich. Schließlich gab Guthrie sich einen Ruck, ging zum Tresen, hinter dem Meredith normalerweise ihren Platz hatte und nahm das Gespräch entgegen. „Unbekannter Anrufer“ stand im Display.

„Hier Dr. Guthrie“, meldete er sich.

Auf der anderen Seite der Leitung war nur ein schweres Atmen zu hören. Dann machte es klick und die Verbindung war unterbrochen.

Der Schweiger!, dachte Guthrie. Von dir habe ich schon länger nichts mehr gehört!

Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis

Подняться наверх