Читать книгу Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis - Alfred Bekker - Страница 22
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ОглавлениеMilo und ich erreichten Jay McIntoshs Adresse in Queens. Milo drückte auf die Klingel, als wir vor seinem Apartment standen.
Keine Reaktion.
Ich klopfte an die Tür.
„Mister McIntosh, hier spricht Jesse Trevellian, FBI! Bitte machen Sie auf, wir müssen mit Ihnen sprechen!“
Wir warteten. Wieder erfolgte keine Reaktion.
„McIntosh scheint nicht zu Hause zu sein.“
„Ja, und wir haben keinen Anlass, uns davon zu überzeugen, ob er wirklich nicht da ist.“ Für einen Moment glaubte ich, ein Geräusch aus dem Inneren der Wohnung zu hören. So als ob jemand auf eine knarrende Parkettbohle trat. Aber auf Grund der zahllosen Nebengeräusche von denen man her umgeben war, konnte ich mir nicht sicher sein.
„Ich versuche es noch einmal“, kündigte Milo an und betätigte erneut die Klingel.
„Wer weiß, ob das Ding überhaupt funktioniert, Milo!“
„Mister McIntosh!“, rief Milo.
„Also ein anderes Mal“, sagte ich und blickte auf die Uhr. Unsere Dienstzeit war ohnehin vorbei.
„Morgen ist auch noch ein Tag“, meinte Milo.
Ich griff zum Handy, um im Field Office anzurufen, ob es irgendwelche neuen Erkenntnisse gab. Insbesondere die Auswertung der Fingerabdrücke an den Parktickets interessierte mich. Als wir uns zum Gehen wandten, bemerkten wir, dass die Tür der Nachbarwohnung einen Spalt offen stand. Ein Paar wässrig blaue Augen beobachteten uns sehr aufmerksam.
„Ma’am?“, wandte ich mich der Beobachterin zu.
„Sind Sie wirklich vom FBI?“
„Wollen Sie unsere Dienstausweise sehen?“
Der Türspalt weitete sich. Eine alte Dame mit zerzauster Dauerwelle und gebeugtem gang kam zum Vorschein. Ich schätzte sie auf mindestens achtzig Jahre.
„Was hat der Kerl getan, der hier nebenan wohnt?“, fragte sie.
„Wir wollen ihn als Zeugen in einem Mordfall vernehmen“, gab ich Auskunft.
Die alte Dame schien nur das Wort Mordfall verstanden zu haben. „Ich wusste gleich, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmt. Wissen Sie, ich habe das im Gefühl, ob von jemandem Gefahr ausgeht oder ob es sich um einen harmlosen Zeitgenossen handelt!“ Sie atmete heftig, schnappte nach Luft und brauchte ein paar Augenblicke, um sich wieder zu fassen. Mit einem Atemspray half sie etwas nach. Schließlich fuhr sie fort: „Ich könnte einiges über den Kerl erzählen… Kommen Sie herein, dass muss ja nicht auf dem Flur sein!“
Milo und ich wechselten einen kurzen Blick.
Ich zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Wenn Mister McIntosh nicht mit uns reden will…“
Die alte Dame sah sich eingehend unsere Dienstausweise an und führte uns in ihre Wohnung. „Nehmen Sie Platz“, sagte sie und deutete dabei auf ihre Sitzecke. Sie selbst setzte sich auf eine Couch.
Sie sah mich an. „Es hat bei Mister McIntosh niemand aufgemacht, nicht wahr?“
„Das ist richtig.“
„Aber es ist jemand dort! Zumindest sein Besuch.“
„Was für ein Besuch?“
„Vor ein paar Stunden sind dort ein Mann und eine Frau aufgetaucht. Ich habe mitbekommen, dass sie bei McIntosh für die nächsten Tage übernachten wollten und dieser davon überhaupt nicht begeistert war. Leider musste ich dann die Tür schließen, sonst hätte er mich bemerkt.“
„Können Sie diesen Mann und die Frau näher beschreiben?“
„Es war nichts Besonderes an ihnen. Beide so Mitte dreißig würde ich sagen. Sie hatten Taschen bei sich, die mit bunten Schriftzügen bedruckt waren.“
Ich holte die Bilder von William C. Blaise und Tara McMillan aus dem Jackett und zeigte sie ihr.
Sie hielt sich die Fotos einmal näher, dann wieder etwas weiter vor die Augen, bevor sie schließlich aufstand, um sich aus einer Schublade ihr Brillenetui zu holen. Danach begann die ganze Prozedur noch einmal von vorn.
Dann nickte sie.
„Das sind die Leute“, war sie sich plötzlich sicher. „Ich habe keinerlei Zweifel mehr, auch wenn die Frau sich wohl die Haare gefärbt hat…“ Die alte Dame blickte auf. „Sie sind da drüben, Sir, ganz bestimmt! Und wenn Sie leise sind, dann können Sie das auch hören. Die Wände sind hier nämlich sehr hellhörig. Und noch etwas!“
„Was denn?“, fragte ich.
„Es sind zurzeit nur zwei Personen in Mister McIntoshs Wohnung. Wer das ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich musste vorsichtig sein, um nicht bemerkt zu werden, aber ich bin mir sicher, dass eine Person die Wohnung kurz nach Ankunft des Besuchs wieder verlassen hat. Leider bin ich nicht schnell genug zum Fenster gekommen, um sehen zu können, ob er mit seinem Wagen weggefahren ist. Schließlich parkt er immer um die Ecke und da hier Einbahnstraße ist, muss er an der Fensterfront vorbei.“
In diesem Augenblick klingelte mein Handy.
„Hier Trevellian, was gibt es?“
Max Carter war am anderen Ende der Verbindung.
„Bei der Untersuchung der Fingerabdrücke an den Parktickets haben wir einen Mann identifizieren können, der mit dem Fall zumindest in losem Zusammenhang steht.“
„Und?“
„Jay McIntosh. Er firmiert als Webmaster der LIFE IS DIVINE FOUNDATION und ist außerdem als Aktivist der Lebensschützer mehrfach straffällig geworden, daher hatten wir seine Abdrücke gespeichert.“
„Der Name sagt uns etwas“, gab ich zurück. „Wir befinden uns gerade in der Wohnung nebenan.“