Читать книгу Der Mörder ist falsch verbunden: 8 Krimis - Alfred Bekker - Страница 34
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ОглавлениеAm Nachmittag des folgenden Tages erreichte unser Field Office die Nachricht, dass Dr. Dan Linneck in seinem Haus am Vinegar Hill in Brooklyn ermordet aufgefunden worden war. Zusammen mit Orry und Clive fuhren wir zum Tatort.
Die Untersuchungen durch die SRD waren schon in vollem Gang.
Dr. Linneck lag in seinem Wohnzimmer.
Lieutenant Susan Braus von der Homicide Squad des zuständigen Reviers berichtete uns von den bisherigen Erkenntnissen.
„Dr. Linneck erschien nicht zu seiner Schicht im St. Michael’s Hospital“, erzählte sie. „Die Nachbarn berichten, dass er seit Monaten allein lebte, seit seine Frau ihn verlassen hat.“
„Wie ist der Tote so schnell aufgefunden worden?“, fragte ich. Schließlich war das Fehlen eines Arztes in seiner Schicht für die City Police noch kein Anlass, gewaltsam in ein Haus einzudringen.
„Wir bekamen einen anonymen Anruf mit verstellter Stimme. Der Tenor lautete etwa, dass Linneck für die abgetriebenen Kinder während seiner bisherigen Laufbahn zur Verantwortung gezogen wurde! Der Anruf ist natürlich aufgezeichnet worden, sodass man vielleicht den Anrufer identifizieren kann.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wir dachten, dass dieser Fall doch eigentlich in das Schema eures Guthrie-Mordes passt.“
„Ja – bis auf den Anruf“, gestand ich zu.
„Der Täter variiert vielleicht seine Vorgehensweise etwas.“
„Oder es handelt sich um einen Nachahmer“, vermutete Milo.
„Selbst wenn das der Fall sein sollte, müssten Sie die Suche nach dem Täter wohl ebenfalls in den Reigen dieser radikalen Lebensschützer beginnen“, gab Susan Braus zu bedenken. „Übrigens gab es eine Alarmanlage für das Haus, die das Opfer wahrscheinlich eigenhändig abgeschaltet hat. Wir haben die Fernbedienung im Türbereich sicherstellen und Fingerabdrücke nehmen können, die das vermutlich beweisen werden. Im Garten gibt es Fußabdrücke zwischen zwei Sträuchern. Wahrscheinlich ist es dort trotz der Beleuchtung nachts dunkel.“
„Der Täter hat darauf gewartet, dass Linneck die Alarmanlage abschaltet“, schloss ich.
„Das nehmen wir an“, bestätigte Lieutenant Braus.
Sie führte uns ins Wohnzimmer, wo der Gerichtsmediziner gerade seine Erstuntersuchung abgeschlossen hatte. Es handelte sich um Dr. Brent Claus.
Er grüßte uns knapp, nachdem er sich erhoben hatte.
„Drei Schüsse“, erklärte er. „Einer in den Oberschenkel, einer in die Brust und ein weiterer in den Kopf. Aufgesetzt.“
„Wie bei Dr. Guthrie!“, entfuhr es Milo.
„Das muss sich irgendwann in der letzten Nacht abgespielt haben. Genauer kann ich das allenfalls nach der vollständigen Obduktion sagen. Dasselbe gilt natürlich für die Reihenfolge der Schüsse. Die Kollegen haben im Eingangsbereich des Hauses ein blutiges Projektil und eine Patronenhülse sichergestellt.“
„Dann ist dort bereits der erste Schuss abgegeben worden“, vermutete ich.
Dr. Claus nickte. „Ja – und zwar wahrscheinlich der ins Bein. Andernfalls hätte er es allein nicht mehr ins Wohnzimmer schaffen können und Spuren, die dafür sprechen würden, dass Linneck getragen oder geschleift wurde, konnte ich zumindest bei der Erstbegutachtung nicht entdecken.“
„Die Wunde am Bein hat stark geblutet“, ergänzte Lieutenant Braus. „Wir haben Blutspuren auf dem Weg ins Wohnzimmer gefunden, wo dann die beiden anderen Schüsse erfolgt sein müssen.“
„Welches Kaliber?“, fragte Milo.
„Kaliber 45. Die Projektile werden so schnell wie möglich abgeglichen, damit feststeht, ob es derselbe Täter ist, hinter dem Sie her sind.“
Wir begannen damit die Wohnung des Opfers zu durchsuchen.
Im Obergeschoss der Villa gab es ein Arbeitszimmer. Im Schreibtisch fanden sich unter anderem Kontoauszüge, die belegten, dass er seiner getrennt lebenden Frau Unterhalt in erheblicher Höhe zahlte. Aber es gab noch eine andere regelmäßige Zahlung, die von Linnecks Konto abging. Eine Spende an die LIVE IS DIVINE FOUNDATION von Reverend Moses Garrison.
„Linneck scheint damit nicht mehr in das Opfer-Schema zu passen“, meinte Milo.
„Dann ist vielleicht das Schema falsch“, sagte ich. „Wir sollten dringend mit jemand sprechen, der Dr. Linneck besser kannte und uns dieses Paradox erklären kann.“
„Ein Arzt der Schwangerschaftsabbrüche durchführt und gleichzeitig einer radikalen Organisation von Abtreibungsgegnern Spenden überweist. Ich bin gespannt, was dahinter steckt“, gab Milo zurück.
Die Zahlungen wurden seit drei Monaten geleistet. Ich fragte mich, ob die Motivation für diese Spenden tatsächlich eine neu gewonnene Überzeugung war.
„Vielleicht konnte Dr. Linneck einfach dem Druck nicht mehr standhalten und wollte sich auf gewisse Weise von dem Terror freikaufen“, vermutete Orry.
„Wenn das sein Ziel war, dann hat es aber nicht sonderlich gut funktioniert“, stellte Clive fest.