Читать книгу Mörder geben kein Pardon: Drei Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 25
18
Оглавление„Wir werden die Spuren verfolgen, die Sie uns mitgebracht haben, Uwe“, versprach Kriminaldirektor Hoch, nachdem er sich endlich gesetzt hatte. Wir saßen im Büro unseres Chefs und tranken einen Becher Kaffee. Außer uns waren noch eine Reihe weiterer Kommissare unseres Polizeipräsidiums anwesend, darunter Stefan, Selcuk, Kalle und Hansi. Kriminaldirektor Hoch fuhr fort: „Allerdings glaube ich nicht, dass es uns besonders weiterhilft, wenn wir alle Speditionen heraussuchen, die in ihrer Fahrzeugflotte einen Atego 500 haben.“
„Es wäre immerhin ein Anfang“, meinte ich. „Und wenn man noch weitere Raster anlegt, könnte man die Zahl der Treffer einschränken. Zum Beispiel indem man erstmal nur Speditionsfirmen berücksichtigt, von denen bekannt ist, dass sie chemische Abfälle transportieren.“
Kriminaldirektor Hoch hob die Augenbrauen. Er wirkte immer noch ziemlich skeptisch, nickte schließlich aber dennoch. „Unsere Innendienstler werden sich darum kümmern, Uwe. Und vielleicht finden sie ja sogar die Identität dieses Obdachlosen heraus... Aber wir werden darauf nicht unsere Prioritäten ausrichten können. Dazu hält uns ein anderer Bursche zu sehr in Atem.“
Kriminaldirektor Hoch schaltete einen Beamer an, mit dessen Hilfe ein Bild an die Wand projiziert wurde.
Das Gesicht eines jungen Mannes war zu sehen. Er war Mitte zwanzig, hatte dunkles Haar und trug eine Uniform der Bundeswehr.
„Das ist – oder war – Arvid Lennart Alexander, Leutnant bei den Kommando Spezialkräften der Bundeswehr. Das Foto ist allerdings schon fünfundzwanzig Jahre alt. Alexander verschwand unter mysteriösen Umständen. Er wird noch heute als fahnenflüchtig geführt, aber inzwischen gilt es als ziemlich sicher, dass er mit dem Killer namens Blitz identisch ist. Die drei ersten Morde, die Blitz zugeschrieben werden, wurden mit Waffen begangen, die er aus einem Bundeswehr-Depot entwendete, bevor er untertauchte. Fast fünfzehn Jahre lang war er seitdem als Profi-Killer aktiv, bis er sich wahrscheinlich vor fünf Jahren mit einem geschätzten Vermögen von zehn Millionen Dollar zur Ruhe setzte. Jedenfalls ist seitdem keine Tat mehr bekannt geworden, die die Handschrift dieses Mannes getragen hätte. Außerdem sind einige frühere Auftraggeber im Laufe der Zeit verhaftet worden, wobei man sie natürlich auch nach Blitz befragt hat. Es gibt eine Reihe von übereinstimmenden Hinweisen darauf, dass er tatsächlich seinen Job als Lohnkiller der Syndikate an den Nagel gehängt hat, um das Leben zu genießen oder was auch immer. Allerdings sind all diese angeblich Informationen über Blitz mit äußerster Vorsicht zu genießen. Alexander hat eine Zusatzausbildung in psychologischer Kriegsführung gemacht. Spezialgebiet: Desinformation. Wenn jemand weiß, wie man Gerüchte streut, die einem nützen, dann ist es zweifellos dieser Mann.“
„Fragt sich nur, ob die Geschichte von seiner Reaktivierung, die Käding uns auf die Nase gebunden hat, nicht auch nur ein Gerücht ist“, meinte Roy.
„Die Frage wäre allerdings, wem so eine Nachricht nützen würde“, wandte Stefan Carnavaro ein. „Blitz bestimmt nicht. Einer wie der kann alles Mögliche vertragen, nur keine gesteigerte Aufmerksamkeit.“
„Dieser fahnenflüchtige Leutnant besitzt übrigens ein besonderes Kennzeichen“, erklärte Kriminaldirektor Hoch noch und zeigte uns eine weitere Aufnahme, die die Nackenpartie jenes Mannes zeigte, der mit größter Wahrscheinlichkeit unter dem Namen Blitz zu trauriger Berühmtheit gelangt war. „Sie sehen hier eine rotbraune, sichelförmige Stelle von etwa zehn Zentimeter Läge, die nicht sichtbar ist, solange Alexander den Hemdkragen geschlossen trägt. Diese Stelle resultiert aus einer als Teenager erlittenen Verbrennung – und selbst unter der Voraussetzung, dass Blitz genug Geld verdient hat, um sich die besten plastische Chirurgen leisten zu können, so müsste davon noch etwas vorhanden sein! Außerdem ist er natürlich über die bei seiner Bundeswehr-Bewerbung für das Kommando Spezialkräfte genommenen und nach wie vor über unser Datenverbundsystem abrufbaren Fingerabdrücke identifizierbar“, gab Kriminaldirektor Hoch Auskunft. „Leider hat Leutnant Alexander in seiner Zeit als Blitz niemals Spuren hinterlassen, die wir abgleichen könnten, sodass bei der Identifizierung von Alexander mit dem Lohnkiller Blitz immer noch ein Rest von Unsicherheit besteht – so viele Indizien auch dafür sprechen mögen.“
Kriminaldirektor Hochs Finger glitten über die Tasten des Laptops, das sich neben dem Beamer befand, mit dessen Hilfe Alexanders Bild an die Wand geworfen worden war.
Das Gesicht des jungen Leutnants aus den Reihen der Kommando Spezialkräfte veränderte sich.
Es alterte.
Bis wir schließlich in das Antlitz eines etwa fünfundvierzigjährigen Mannes blickten, dessen Haar an den Schläfen bereits deutlich ergraut war.
„So sieht Arvid Lennart Alexander wahrscheinlich heute aus“, erklärte unser Chef. „Wir können nur hoffen, dass er seinen Auftrag, Vic Noureddine zu ermorden, nicht in die Tat umsetzen kann – denn sonst haben wir Krieg in St. Pauli!“ Unser Chef wandte sich an Stefan Carnavaro. „Was haben Ihre Ermittlungen in Richtung von Timothy Kronewitteck ergeben? Er gilt schließlich als Noureddines härtester Konkurrent...“
„Bislang gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Kronewitteck der Auftraggeber für Blitz ist“, berichtete Stefan. „Ich habe sämtliche Informationsquellen in seinem Umkreis aktiviert. Allerdings muss ich zugeben, dass es uns bis heute nicht gelungen ist, jemanden in Kronewittecks Organisation einzuschleusen, der wirklich Zugang zum inneren Kreis hätte.“
„Ich habe gleich noch ein Telefonat mit der Staatsanwaltschaft vor mir“, berichtete Kriminaldirektor Hoch. „Dem will ich zwar nicht vorgreifen, aber so wie es aussieht, bekommen wir die Erlaubnis, Kronewittecks Telefon- und Internetverbindungen abzuhören. Was Noureddine angeht, war das auf Grund des anfänglichen Terrorismus-Verdachts etwas leichter...“
Eines der Telefone auf Kriminaldirektor Hochs Schreibtisch klingelte.
Hoch nahm ab. Er sagte nur ein paar Mal knapp „Ja!“ und ich konnte seinem veränderten Gesichtsausdruck ansehen, dass es nicht der erhoffte Bescheid über die Genehmigung von Abhörmaßnamen war.
Das Gespräch war schnell zu Ende.
„Auf Vic Noureddine ist ein Attentat verübt worden. Er ist leicht verletzt und befindet sich derzeit in stationärer Behandlung im St. Joseph Krankenhaus. Stefan, ich möchte, dass Sie und Selcuk sich zum Tatort nach St. Pauli begeben. Die Kollegen des Erkennungsdienstes sind schon unterwegs.“ Kriminaldirektor Hoch wandte sich an Roy und mich. „Sie beide sollten Vic Noureddine so schnell wie möglich im St. Joseph Krankenhaus aufsuchen. Der Kerl sollte jetzt eigentlich begriffen haben, dass er jetzt mit uns zusammenarbeiten muss.“