Читать книгу Mörder geben kein Pardon: Drei Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 27

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Bis zum Tatort war es nur ein Katzensprung. Stefan und Selcuk befanden sich dort mit einigen Kollegen der Polizei und des Erkennungsdienstes. Als wir eintrafen war Stefan gerade damit beschäftigt, Pierre Lacroix zu befragen, vor dessen Restaurant sich das Attentat abgespielt hatte.

Der Mann stand noch immer ziemlich unter Schock. Seine Schilderungen wirkten recht wirr und ohne Zusammenhang. Vielleicht würden wir ihn zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal verhören müssen, wenn er sich etwas besser erholt hatte.

Unser Erkennungsdienstler Kommissar Pascal Steinberger holte ein Projektil aus dem Asphalt vor dem Lokal „Chez Pierre“.

Selcuk hatte in der Zwischenzeit einige Mitglieder des Küchenpersonals befragt.

Unser türkisch-stämmige Kollege nahm Roy und mich zur Seite. Wir ließen Stefan mit Pierre Lacroix allein im Hauptsaal des Restaurants und gingen auf den Flur.

„Von den Leuten, die in der Küche arbeiten, will keiner detaillierte Angaben machen“, meinte Selcuk. „Die scheinen alle irgendwie unter Druck zu stehen. Ich habe die Personalien aufgenommen. Vielleicht müssen wir da ein paar Hausbesuche machen, um etwas herauszubekommen – ohne dass ihr Chef dabei ist.“

„Wenn es wirklich Blitz ist, der dahinter steckt, dann wundert es mich, dass er daneben geschossen hat!“, meinte Roy. „Ich dachte immer, der Kerl wäre so effektiv wie eine Maschine!“

Selcuk zuckte die Achseln. „Aber er ist auch immer auf Nummer sicher gegangen. Ich habe mir das über BKA-DATA-REQUEST abrufbare Dossier noch mal gründlich durchgelesen. Sehr häufig hat er aus großer Distanz getötet. Und das hat er auch diesmal versucht.“

„Von wo aus wurde geschossen?“, fragte ich.

„Von einem im Bau befindlichen Hochhaus. Stefan hat schon weitere Kommissaren angefordert, um die Arbeiter zu befragen, die da beschäftigt sind.“

„Der hat geschossen, während in dem Haus gearbeitet wurde?“, echote ich verwundert. „Und du sprichst davon, dass er auf Nummer sicher gegangen ist.“

„Er brauchte sich nur entsprechend anziehen, unter die Arbeiter mischen und sich ein Stockwerk aussuchen, das einerseits hoch genug ist und wo andererseits gerade nichts zu tun ist. Vermutlich hat keiner der dort Beschäftigten überhaupt irgendetwas gemerkt. Aber etwas anderes gibt mir zu denken.“

„Was?“, fragte ich.

„Das ‚Chez Pierre’ war an diesem Tag geschlossen. Ich weiß nicht, ob dir das kleine Hinweisschild am Eingang aufgefallen ist?“

„Dann hat Vic Noureddine hier jemandem getroffen“, schloss ich. „Jemandem, der wichtig genug war, um für ihn ein ganzes Lokal zu mieten.“

„Wäre sicher aufschlussreich zu wissen, wer das war...“

Im Verlauf der Ermittlungen rund um das „Chez Pierre“ tauchten weitere Hinweise auf. So fiel uns in der Küche die Einkaufsliste des Küchenchefs auf. Die Mengen waren äußerst sparsam bemessen. Und außerdem war auffällig, dass offenbar Wodka getrunken wurde. Auf die Frage, wie das denn zu der in diesem Haus gepflegten französischen Küche passte, bekamen wir nur ausweichende Antworten.

Die Befragung der Arbeiter in dem Hochhausrohbau war wenig ergiebig.

Unser Kollege Kommissar Fred Menninga leitete die Aktion in enger Zusammenarbeit mit Polizeiobermeister Mackensen von der Schutzpolizei. Überall wurden Bilder herumgezeigt, die Arvid Lennart Alexander als jungen Offizier bei den Kommando Spezialkräften oder virtuell gealtert zeigten. Aber niemand konnte sich an ihn erinnern. Besondere Beobachtungen waren auch nicht gemacht worden. Unser Chef-Ballistiker David Eichenbaum war eingetroffen, um die Schussbahn und den genauen Ort, von wo aus gefeuert worden war, zu bestimmen. In diesem Fall würde das allerdings auf Grund der dürftigen Spurenlage ziemlich kompliziert werden.

Später teilten wir uns die Restaurantangestellten auf, um sie später in ihren Wohnungen zu befragen. Pierre Lacroix hatte ihnen für den Rest des Tages freigegeben – wahrscheinlich um dafür zu sorgen, dass sie so schnell wie möglich aus unserem Blickfeld waren und nicht doch noch irgendetwas verrieten.

Auf unserer Liste stand Linda Degenhall, die bei Lacroix als Küchenhilfe angestellt war. Sie wohnte ein paar Straßen weiter in einem Mietshaus.

Als wir vor ihrer Tür standen und wir ihr unsere Dienstausweise unter die Nase hielten, verdrehte sie genervt die Augen. „Ich habe Ihrem Kollegen doch schon alles gesagt, was ich weiß", sagte Linda Degenhall, eine junge Frau von höchstens fünfundzwanzig Jahren. Das dunkle, gelockte Haar fiel ihr bis über die Schultern. Ihre smaragdgrünen Augen wirkten verängstigt.

„Wir müssen uns trotzdem mit Ihnen kurz unterhalten", sagte ich ruhig. „Können wir hereinkommen?"

„Bevor Sie mir die Tür eintreten - bitte!"

Wir betraten ihr kleines Ein-Zimmer-Apartment. Linda Degenhall schloss hinter uns die Tür und blieb dort mit vor der Brust verschränkten Armen stehen.

„Wie kommen Sie darauf, dass wir gleich die Tür eintreten würden?", fragte ich. „Haben Sie irgendwann mal schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht?"

„Wie man es nimmt", murmelte sie vor sich hin und fügte schließlich hinzu: „Mein Ex-Freund war Polizist bei der Schutzpolizei - außerdem Alkoholiker. Er hat mich ziemlich oft geschlagen, wenn er zuviel getrunken hatte."

„Das tut mir leid", sagte ich.

Sie hob das Kinn. Ein harter Zug bildete sich um ihre Mundwinkel. „Das braucht es nicht", erwiderte sie schneidend. „Ich habe es schließlich ja doch noch geschafft, mich von dem Kerl zu trennen."

„Also wir treten Ihnen weder die Türen ein, noch wollen wir, dass Sie Ihren Job bei Herr Lacroix verlieren, Frau Degenhall", gab ich zurück. Sie wich dabei meinem Blick aus.

„Sie haben gut reden, Herr..."

„Kommissar Uwe Jörgensen. Aber ich habe nichts dagegen, wenn Sie mich Uwe nennen."

„Zahlen Sie mir meine Miete, wenn Herr Lacroix mich rausschmeißt, Uwe?"

„Ich denke nicht, dass Sie durch Ihr Schweigen vielleicht einen Mörder decken wollen...", erwiderte ich.

Und Roy ergänzte: „Wir werden Ihre Aussage mit größtmöglicher Diskretion behandeln. Herr Lacroix wird nichts davon erfahren."

Sie atmete tief durch.

„Okay, was wollen Sie wissen?"

„Mit wem hat sich Vic Noureddine zu einer Art Geschäftsessen getroffen", fragte ich.

„Woher soll ich das wissen? Glauben Sie, man hat uns die Leute vorgestellt."

„Sie werden schon irgendetwas mitbekommen haben. Einen Namen vielleicht oder irgendein anderes Detail. Möglicherweise eine physische Besonderheit."

„Scheint ein Wodka-Liebhaber gewesen zu sein", ergänzte Roy. „Zu einem französischen Essen würde ich als kulinarischer Laie eher Wein vermuten", mischte sich Roy ein.

Linda Degenhall strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.

„Ich war nur ein einziges Mal zur Bedienung im Hauptsaal. Der Mann, mit dem sich die beiden Noureddines getroffen haben, wurde erst Herr Makarow genannt und bot seinen Gastgebern dann an, ihn Peter zu nennen."

„Können Sie den Mann beschreiben", fragte ich.

„Graues, kurz geschorenes Haar, Mitte fünfzig, schien aber noch gut in Form zu sein."

„Wer war sonst noch dabei?"

„Nur noch Leibwächter. Sie standen lediglich herum und haben sich gegenseitig finster angeschaut."

„Sie sprachen von den beiden Noureddines. Das bedeutet, Maik war ebenfalls anwesend."

„Ja."

„Haben Sie irgendetwas von der Unterhaltung mitbekommen?"

„Herr Lacroix hat uns eingeschärft, dass wir all das vergessen und gegenüber niemandem erwähnen sollten. Außerdem musste ich mich voll auf meinen Job konzentrieren. Schließlich mussten dann alle von uns den Raum verlassen. Später, kurz bevor Makarow und sein Gefolge das Chez Pierre verlassen hatten, war irgendwie von einem Schiff die Rede."

„Versuchen Sie sich zu erinnern", forderte Roy sie auf.

Sie blickte einige Augenblicke starr ins Nichts, bevor sie schließlich heftig den Kopf schüttelte. „Tut mir leid, aber das ist wirklich alles!"

Mörder geben kein Pardon: Drei Krimis

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