Читать книгу Dämon II - Alfred Broi - Страница 12
Morgenstund
ОглавлениеObwohl draußen der Morgen bereits deutlich Einzug hielt, blieb es in Christophers Wohnung noch dunkel, denn vor den Fenstern waren alle Jalousien heruntergelassen und fest verschlossen.
Da Christophers Gemütszustand morgens meist sehr zu wünschen übrig ließ, war er auch nicht daran interessiert, Sonnenlicht zu sehen, sodass es in seiner Wohnung eigentlich ständig dunkel war.
Auch der Verkehrslärm drang nur sehr gedämpft herein, da das einzig wirklich gute an seiner Wohnung fest schließende und ziemlich schalldichte Fenster waren.
Entsprechend war auch um neun Uhr morgens noch keine Bewegung in den Räumen zu vernehmen.
Douglas war in dem Sessel eingeschlafen und sein Körper lag vollkommen entspannt in dem weichen, warmen Polster. Ein leises Schnarchen war von ihm zu hören, ansonsten atmete er tief und ruhig.
Außerhalb der Wohnung wurde die Haustür im Erdgeschoss aufgeschlossen. Auf dem Fliesenboden waren deutlich die Schritte einer Person in Schuhen mit Absätzen zu hören, die sich in den ersten Stock bewegten und näher kamen.
Vor der Wohnungstür machten sie Halt und nur einen Moment später wurde die Wohnungsklingel einmal kräftig für zwei Sekunden gedrückt. Dann verstummte sie wieder. Einen weiteren Moment später entfernten sich die Schritte. Doch nicht weit, dann war eine Tür zu hören, die geöffnet und kurz danach wieder geschlossen wurde. Aus der Nachbarwohnung waren dann von Zeit zu Zeit leise Geräusche zu hören.
Douglas aber schlief so fest, dass er nichts davon wirklich wahrnahm.
Auch nicht, dass sich wenig später im Schlafzimmer doch etwas rührte.
Zunächst endete das deutliche, knarrende Schnarchen, dann waren einige leise, tiefe Stöhnlaute zu hören, schließlich knarrte das Bett unter der Bewegung eines Körpers. Dann gab es ein weiteres lauteres Stöhnen zu hören und wenige Augenblicke später öffnete Christopher die Schlafzimmertür und trat in den Wohnraum.
Im Gegensatz zum Beginn seiner Nachtruhe, trug er seine Hosen und seine Schuhe nicht mehr und auch sein Hemd hatte er sich im Halbschlaf im Laufe der Stunden ausgezogen. Nur mit hellblauen Boxershorts und einem ehemals weißem, jetzt deutlich ergrauten und auch ziemlich schmutzigen T-Shirt bekleidet stapfte er mit unsicherem Schritt und einem gewaltigen Gähnen in den Raum. Nach drei Schritten blieb er stehen, stöhnte wieder, sein Gesicht verzog sich zu einer gequälten Grimasse und seine rechte Hand fuhr über seine Stirn und dann durch seine Haare. Schließlich atmete er gestresst durch die Wangen aus. Als er seinen Blick wieder anhob, erkannte er den Mann in seinem Ledersessel. In den ersten Momenten schien er nicht zu wissen, wer er war, denn er starrte ihn nur mit ausdrucksloser Miene an und atmete dabei sehr flach. Dann aber erhellte sich sein Blick und er nickte. „Douglas!“ Er schien zufrieden, doch schon meldete sich sein Kopf mit hämmernden Schmerzen zu Wort. Unwillkürlich machte er einen Schritt auf den Wandschrank zu, in dem er noch eine Flache Scotch wusste. Dann aber bremste er ab, schaute wieder zu Douglas und brummte missmutig.
Ein kräftiger Schluck wäre jetzt genau das richtige gewesen, um ihn aufzubauen, doch war er sich klar bewusst, dass das nur wieder einen Heidenärger mit seinem Freund geben würde, also verzichtete er notgedrungen darauf. Und stapfte stattdessen in die Küche, wo er sich eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank holte.
Noch in der Küche trank er einen großen Schluck daraus. Den anschließenden Rülpser konnte er nur mit viel Mühe so gedämpft halten, dass er keinem Erdbeben glich. Diese Anstrengung verursachte jedoch wieder sichtliche Schmerzen in ihm. Da er einen deutlichen Druck auf der Blase verspürte, ging er anschließend ins Badezimmer, wo er sich vor das Toilettenbecken stellte und seinen Penis mühsam aus der Unterhose kramte. Den Toilettendeckel brauchte er nicht anzuheben, denn das war er bereits.
Während er mit der rechten Hand seinen Penis hielt, stützte er sich mit der linken Hand, in der sich auch die Wasserflasche befand, an der Wand vor ihm ab. Nach einem anfänglich gequälten Gesichtsausdruck entspannten sich seine Züge deutlich und er genoss mit einem zufriedenen, tiefen Stöhnen das Entleeren seiner Blase, was anhand eines deutlichen Plätscherns auch zu hören war.
Mittendrin verspürte er erneut Durst und er trank einen weiteren Schluck aus der Flasche. Da er seinen Kopf dabei nach hinten klappen musste, verlor er das Gleichgewicht. Um nicht umzustürzen, zuckte seine rechte Hand zur Wand und er konnte gerade noch rechtzeitig abstützen
Im nächsten Moment hatte er seinen Zug beendet, senkte den Kopf wieder und schaute, froh dass er nicht umgestürzt war, an sich hinab, wo er zusehen konnte, wie sein Penis ungezügelt, weil vollkommen freischwingend, sein Geschäft erledigte und dabei weit über sein Ziel hinausschoss.
Im ersten Moment schien es auch so, als würde ihn das wenig bis überhaupt nicht interessieren, dann aber riss er die Augen auf, atmete hörbar tief ein und stöhnte. „Oh, so eine Scheiße!“ Er griff sich mit der rechten Hand wieder beherzt in den Schritt, knallte die linke Hand erneut zur Stütze an die Wand und machte gleichzeitig einen Satz nach hinten, ohne jedoch nochmals zuzulassen, dass er kleckerte, sodass er jetzt ziemlich langgestreckt und ulkig vor dem Toilettenbecken hing. „Verdammte Sauerei!“ maulte er. „Bah!“ Er stöhnte nochmals angewidert auf.
Dann hatte er seine Blase entleert, steckte seinen Penis wieder ein, machte vorsichtig kehrt und verließ das Badezimmer.
Gerade als er zurück in sein Schlafzimmer gehen wollte, um noch für eine halbe Stunde im Bett zu entspannen, hörte er ein Handy klingeln.
Dass es nicht sein Eigenes war – von dem er im Moment auch gar nicht wusste, wo es war - vernahm er am Klingelton, also blickte er zu Douglas. Sein Freund rekelte sich tatsächlich mit einem tiefen Brummen in seinem Sessel hin und her, doch versuchte er mit der Hand das Klingeln eher wegzuschieben, als es zu beenden. Dabei wachte er keineswegs auf.
Für Christopher aber entwickelte sich das ohnehin schon widerliche Piepgeräusch in das brüllend laute Hämmern einer riesigen Turmglocke, die sich direkt über ihm befand. Er hatte sofort nur ein Ziel: Dass es wieder aufhörte, bevor sein Schädel zerplatzen würde.
Doch seine anfängliche Hoffnung erfüllte sich nicht, denn der Anrufer war deutlich hartnäckig, also hatte er nur eine Wahl. Mit in seinem Zustand erstaunlich schnellen Schritten war er bei Douglas und fummelte ihm ohne zu zögern in seiner Hosentasche herum, um das Handy an sich zu bringen und verstummen zu lassen. Dabei ging er weder sanft mit ihm um, noch vorsichtig, sodass es eigentlich klar war, dass Douglas davon schließlich doch erwachte.
Als er spürte, wie sich eine Hand in seine Hosentasche schob und sich dort bedrohlich seiner Männlichkeit näherte, war er schlagartig hellwach. Da er im ersten Moment jedoch nicht wirklich wusste, wo er war, riss er nur seine Augen auf, schrie entsetzt auf und wollte sich einfach nur von der Hand in seiner Hose entfernen. Der einfachste Weg war dabei, seine Beine anzuziehen, sie in den Sessel zu stemmen und dann durchzudrücken. Dadurch gelang es ihm in der Tat, die Hand aus der Juwelenzone zu befördern, doch gleichzeitig verlor er dabei sein Gleichgewicht und bevor er etwas dagegen tun konnte, sauste er mit einem überraschten Aufschrei über die Sessellehne hinweg und krachte unkontrolliert und hart auf den Fußboden, wo er nochmals laut aufschrie. „Oh verdammt!“ brüllte er.
Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sich Christopher schon von dem Geschehen weggedreht. Noch immer nur darauf bedacht, dass Handy zum Verstummen zu bringen, hatte er es geschafft, es zu greifen, bevor seine Hand förmlich aus Douglas Hose gerissen wurde.
Im nächsten Moment starrte er auf das Gerät, um die Taste mit dem roten Hörer zu finden, doch bevor ihm das gelungen war, konnte er auf dem Display deutlich den Namen Cynthia erkennen.
Himmel, schoss es ihm in den Kopf, das war Douglas Frau! Sofort kamen die Erinnerungen an sie wuchtig in sein Gedächtnis: Cynthia, eine absolut wundervolle Klassefrau. Nicht sein Typ – wobei ihm die Hautfarbe bei Frauen stets vollkommen egal gewesen war – aber eine atemberaubend rassige, wilde Schönheit, mit einem aufrechten und geradlinigen Charakter, einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein und Kaltschnäuzigkeit, vereint mit einem empfindsamen Wesen und einem Herz aus Gold. Kurz gesagt also, eigentlich genau das Gegenteil von Douglas und sicher weit mehr, als er je verdient hatte. Was aber natürlich nicht stimmte, denn sie und Douglas gaben ein wundervolles Paar ab, hatten sich gesucht und gefunden und liebten sich ehrlich und innigst.
Mit diesen Gedanken musste sich Christopher schwer beherrschen, dass ihm nicht Tränen in die Augen schossen. Er hatte plötzlich große Sehnsucht danach, sie wiederzusehen und musste einmal schwer schlucken. Dann aber überwog die Freude in ihm, wieder an Cynthia erinnert zu werden, die jedoch sofort durch ein weiteres Piepen des Handys schwer gestört wurde. Mit einem Mal aber wurde sich Christopher bewusst, dass es noch eine andere Lösung für sein Problem gab, als die Taste mit dem roten Hörer. Und so drückte er, ohne zu zögern, den grünen Hörer.
Kaum hatte er das jedoch getan, als er für eine Sekunde wie erstarrt war und sich nicht bewegen konnte. Dann aber hatte er sich wieder gefangen und führte das Handy an sein Ohr.
„Hallo?“ Das war eindeutig Cynthias Stimme und Christophers Herz machte einen kleinen Satz. Sie klang besorgt, doch das war wohl auch verständlich, wenn man Jemanden anrief, am anderen Ende abgenommen wurde, sich aber niemand meldete. „Hallo Schatz, bist du da?“
„Ja, ich bin hier!“ Christopher musste breit grinsen, als er ihr antwortete.
Natürlich stutzte Cynthia. „Sie sind nicht Douglas!“ stellte sie sofort fest.
„Stimmt, ich bin viel besser als Doug! Aber das war doch wohl schon immer klar, oder?“ Im Hintergrund konnte Christopher hören, wie sich Douglas mühsam, stöhnend und lautstark fluchend zurück auf die Füße brachte.
„Christopher?“ fragte Cynthia vorsichtig. „Chris bist du das?“
Christopher nickte mit einem breiten Grinsen. „Ja, ich bin es!“
„Ich...!“ Cynthias Stimme war sofort etwas belegt und zitternd. „Oh, ich freue mich so sehr, dich zu hören, Chris! Wie geht es dir? Geht es dir gut?“
„Ja!“ Christopher musste sich wieder schwer beherrschen, nicht laut loszulachen. „Ja, mir geht es...gut! Keine Sorge!“
„Was...ist das für ein Lärm bei dir? Wo ist Douglas? Warum ist er nicht...?“
Christopher drehte sich um und als er seinen Freund sah, wie er sich gerade wieder aufrichtete, verschwand sein Lächeln. „Ich hab ihn in flagranti erwischt!“ meinte er dann nur.
„Was?“ rief Cynthia durch den Hörer.
„Was?“ rief auch Douglas sofort sichtlich entsetzt. Er starrte Christopher mit großen Augen an und erstarrte in seiner Bewegung.
„Ja, er hat ganz übelst an sich herumgespielt!“ sprach Christopher in vollkommenem Ernst in den Hörer. „Ich kann dir sagen...!“ Er stieß einen kurzen Pfiff aus. Das verursachte zwar sofort wieder ein widerliches Hämmern in seinem Kopf, doch das war ihm die Sache wert.
„Aber...!“ Cynthia war sprachlos.
„Besorgst du es ihm nicht mehr richtig, oder wie soll ich das jetzt deuten?“ Er blickte wieder Douglas an, dessen Gesichtsausdruck zunehmend finsterer wurde, was Christopher sichtlich erfreute. „Das riecht mir doch verteufelt nach Playboy-Heften im Verborgenen!“
Plötzlich, ohne jede Vorwarnung, konnte sich Douglas aus seiner Starre befreien, machte blitzschnell zwei Schritte nach vorn, ergriff mit der rechten Hand sofort sein Handy und giftete Christopher wütend an. „Gib das sofort her!“ zischte er und riss ihm das Gerät förmlich aus seinen Fingern. Dann drehte er sich mit einem vernichtenden Blick von ihm weg. „Hallo Schatz!“ Seine Stimme klang sanft und erfreut, doch nur eine Sekunde später rief er. „Was?“ Er wirbelte zurück zu Christopher, der sich ein diebisches Grinsen nicht verkneifen konnte und auch gar nicht wollte. „Aber, das ist doch Blödsinn! Ich habe überhaupt nichts getan. Ich habe einfach nur geschlafen!“ Douglas war sichtlich aufgelöst und fuchtelte mit den Armen umher. „Ich war halt müde und kaputt. Der Flug, die Suche nach Chris und schließlich...Chris selbst!“ Er schaute Christopher direkt an, doch sein Freund amüsierte sich weiter über ihn und seine Versuche, Cynthia wieder einzufangen. „Tut mir echt leid, dass ich deinen Anruf nicht sofort gehört habe!“ Wieder lauschte er einen Moment. „Nein, dass ist nicht wahr. Christ lügt. Ich sage es jetzt noch ein letztes Mal: Ich habe...nicht...an mir herumgespielt, ich habe geschlafen!“ Douglas war jetzt sichtlich erbost. „Eben! Ja, dass kannst du von mir aus gerne tun. Ich garantiere dir, du wirst nichts finden...!“ Er verharrte in seiner Bewegung und nickte dann zufrieden. „Na also, dann ist ja alles geregelt!“ Er atmete einmal tief durch und warf Christopher nochmals einen Blick in einer Mischung aus Zorn und Stolz zu. „Ich nehme an, ihr seid gelandet!?“ Er horchte und nickte wieder. „Prima! Dann nehmt euch einen Leihwagen und dann nichts wie her mit euch! Cecilia Street... Das ist im Stadtteil Downey.... Ja! Nummer 142! Ja! Alles klar! Dann bis gleich! Und...Schatz?“ Er drehte sich zur Seite und hielt die Hand über seinen Mund. „Sex mit dir ist immer noch total geil!“ Er grinste breit, doch scheinbar ging Cynthia nicht auf seine Anspielung ein. „Ja!“ Er versteifte sich wieder. „Ich habe ja nur gemeint. Entschuldige! Bis gleich also!“ Er kappte die Verbindung, atmete einmal tief durch und hing seinen Gedanken nach. Plötzlich hörte er das leise Lachen seines Freundes. Verärgert drehte er sich zu ihm. „Was gibt es da zu lachen?“
„Es hat sich nichts geändert, Doug. Cynthia hat bei euch noch immer die Hosen an!“
„Ist ja auch nicht schwer, wenn mein...sogenannter Freund...sie mir vorher unterm Arsch wegzieht!“
„Ach komm! Das war doch nur Spaß!“
„So?“ Er trat einen Schritt auf ihn zu und ballte seine linke Hand zu einer Faust, die er ihm deutlich vor die Nase hielt. „Dann sollte ich jetzt vielleicht auch witzig sein, oder wie?“
Christopher musste trotz allem noch immer leise lachen. Er blickte ruhig die Faust an, dann seinem Freund ins Gesicht. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Nicht nötig!“
„Gut!“ Douglas brummte und nickte. „Dann solltest du jetzt besser duschen gehen! Du stinkst noch immer wie ein Fass Whiskey in einem Haufen Dünnschiss!“
Christopher nickte und wandte sich um.
„Und irgendwie siehst du auch so aus wie frisch aus dem Darm gedrückt!“ fügte Douglas noch hinzu.
Daraufhin hielt Christopher in seiner Bewegung inne, drehte sich zurück zu ihm und schaute ihn mit ernster Miene an.
Douglas erkannte, dass sein Scherz gesessen hatte, schob sein Kinn nach vorn und grinste breit.
„Du hast sicher Recht!“ Christopher nickte schlaff. „Aber wenn ich Cynthia erzähle, was ich so alles außer dem Handy in deiner Hosentasche gefunden habe...!“ Er drehte sich wieder von Douglas weg und ging in Richtung Bad.
„Was?“ Douglas war sofort wieder ernst. „Was zum Teufel meinst du?“
Christopher stoppte vor der Badezimmertür und schaute seinen Freund direkt in die Augen. „Doug! Ich weiß, dass du dir keine Playboy-Hefte reinziehst und auch nicht heimlich Pornos guckst. Aber irgendetwas muss es gewesen sein, denn du hattest eindeutig ein Rohr!“ Christopher deutete zwischen seine Beine, dann grinste er kurz breit und verschwand schließlich im Badezimmer.
„Was?“ Er ließ einen ziemlich geschockten Douglas zurück. „Aber...das ist doch nur meine ganz normale...!“ Er schaute verständnishaschend zu der Stelle, wo Christopher gestanden hatte, als könne er seiner Aura dort noch etwas erklären. „...Morgenlatte!“ Doch dann war ihm klar, dass ihm niemand mehr zuhörte. „Ach Scheiße!“ Frustriert drehte er sich um und versuchte, diese ganze Sache schnell zu vergessen, bevor er sich doch noch heimlich ins Bad schleichen und Christopher mit dem Brausekopf erschlagen würde.