Читать книгу Dämon II - Alfred Broi - Страница 15
Ein neues Team
ОглавлениеChristopher fühlte sich noch ein wenig schwach auf den Beinen, als er an Douglas vorbei aus dem Raum ging. Cynthia war vorangegangen, sein Freund folgte ihm.
Im Schlafzimmer hielt er kurz inne, weil er dort auf Talea und Alfredo traf, die ihm fremd waren.
„Was ist mit ihm?“ fragte Talea mit ernster, aber auch besorgter Miene, doch Cynthia schüttelte den Kopf.
„Im Wohnzimmer!“ meinte sie nur und schob die jüngere Frau vor sich her.
Alfredo blieb stumm, starrte Christopher aber unverhohlen an. Während er wortlos von Douglas an ihm vorbeigeführt wurde, trafen sich ihre Blicke und Christopher hatte das Gefühl, sein Gesicht schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
Im Wohnzimmer führte Douglas ihn zur Couch, wo er auf Francesca traf. Als sich ihre Blicke trafen, lächelte sie sanft und ihre Augen strahlten Freude aus. Auch bei ihr hatte er sofort das Gefühl, sie zu kennen, doch auch hier konnte er nicht sagen, warum oder woher.
Dafür spürte er, wie seine Beine unter ihm zu zittern begannen. „Ich...!“ Er ging zu dem Ledersessel und rieb sich mit der rechten Hand über sein Gesicht. „...muss mich einen Moment hinsetzen!“
Während Douglas verständnisvoll nickte, ließ er sich etwas kraftlos in das Polster sinken.
„Möchtest du einen Kaffee haben?“ fragte sein Freund sofort.
Christopher lachte leise auf. „Ein Whiskey...!“ Er hob seinen Kopf an und schaute Douglas geradewegs ins Gesicht. „...wäre mir jetzt lieber!“
„Das kommt gar nicht in Frage!“ bekam er jedoch rigoros zur Antwort. Dabei fiel Douglas Blick auf ein paar ungeöffnete Halbliter-Flaschen Mineralwasser neben der Couch. Sofort trat er darauf zu und reichte seinem Freund eine davon. „Hier! Wenn du keinen Kaffee willst, trink Wasser!“
*
Einige Meter unter ihnen bog gerade ein großer Lieferwagen der Dixiebound-Brauerei in die Cecilia-Street ein und der Fahrer lenkte ihn direkt vor Barneys Bar.
Barney selbst stand schon am Eingang und wartete scheinbar etwas ungeduldig auf seine Ankunft. Kaum, dass er gestoppt hatte, überquerte er den Bürgersteig und öffnete die Beifahrertür. „Wo bleibt ihr denn?“ raunte er missmutig. „Ich habe auch noch was anderes zu tun, als auf euch...!“
Am anderen Ende der Straße bogen zwei weitere Fahrzeuge ein. Vorweg fuhr ein dunkelblauer Mercedes C-Klasse eines älteren Baujahrs, dahinter ein grüner Ford-Lieferwagen mit geschlossenem Kastenaufbau.
Beide Fahrzeuge fuhren recht schnell in die Straße ein. Während der Mercedes sofort nach rechts zum Straßenrand zog und auf dem Parkplatz hielt, den kurz zuvor der schwarze Buick eingenommen hatte, zog der Lieferwagen quer über die Straße an den linken Bürgersteig und parkte dort Schnauze an Schnauze vor dem Lieferwagen von Jacks Sanitärdienst.
Kaum dass die Fahrzeuge gestoppt hatten, wurden mehrere Türen gleichzeitig geöffnet.
Aus der linken Seitentür des Fords hüpften vier Männer mit kurzgeschorenen Haaren in dunklen Anzügen auf den Bürgersteig. Ihre Gesichter waren verbissen und ernst. Ohne jede Verzögerung gingen sie die Straße hinunter, überquerten sie am Ende und machten sich so auf den Weg zur rückwärtigen Seite der Gebäude. Ihre Handfeuerwaffen, die sie in Schulterhohlstern trugen, hielten sie dabei noch verdeckt.
Aus dem Fond des Fords stieg der Beifahrer aus, umrundete den Wagen und hüpfte dann in den Laderaum, wo er die Tür wieder schloss und sich auf die Rückkehr der Männer vorbereitete. Der Fahrer des Ford blieb, wo er war und beobachtete scheinbar gelangweilt die Straße.
In dem Mercedes befanden sich drei Insassen. Der Beifahrer und der Mann im Rückraum waren ebenfalls junge, breitschultrige Burschen mit ernsten, scheinbar emotionslosen Gesichtern in dunklen Anzügen.
Der Fahrer jedoch wirkte gegen diese zwei Meter Hünen mit seinen knapp 180 Zentimetern eher klein und er war mit seinem 42 Jahren auch deutlich älter, als der Rest des Trupps.
Dennoch deutete, nachdem sie ebenfalls ausgestiegen waren, auch sein Körperbau auf stahlhartes Training und kein Gramm Fett zu viel hin. Außerdem besaß er sehr kurze, blonde Haare und auffallend leuchtende, fast schwarze Pupillen, die ihm eine unheimliche, gefährliche Aura verliehen. Auch sein Gesicht war eine knallharte Maske.
Eine Sekunde später kamen aus dem Hauseingang auf der gegenüberliegenden Straßenseite die beiden Handwerker von Jacks Sanitärdienst und überquerten die Fahrbahn.
*
Christopher nahm die Wasserflasche widerwillig, öffnete sie aber doch und trank einen Schluck daraus, wobei er sich sofort wieder sicher war, dass ein Whiskey seine Probleme viel besser hätte lösen können, als dieses geschmacksarme, blubbernde Zeug, das beinahe warm war und einen ekligen Nachgeschmack nach Plastik in seinem Mund hinterließ.
Während er trank und das Wasser hinunterschluckte, sagte niemand ein Wort und es trat eine kurze bedrückende Stille ein.
Dann aber räusperte sich Cynthia, trat zu ihm und setzte sich neben ihn auf die Lehne der Couch, die noch einigermaßen sauber war. „Okay! Wir wollen keine Zeit verlieren. Chris?“ Sie wartete, bis ihr Freund sie ansah. „Ich möchte dir ein paar Leute vorstellen!“ Sie drehte sich herum und deutete auf Talea, die am halbhohen Tresen lehnte, der die Küche abgrenzte. „Das ist Talea Thomson!“
Christopher schaute sie an und zog die Augenbrauen zusammen. „Kennen wir uns?“
Talea nickte ihm zu. „Ja, wir kennen uns. Allerdings haben wir uns erst ein Mal für ein paar Minuten gesehen. Und damals sah ich etwas anders aus, als jetzt!“
Christopher nickte, doch zeigte sein Gesicht weiterhin Unsicherheit. „Thomson?“ Er blickte zu Douglas. “Eric…?“
Sein Freund nickte.
„Sie haben Recht! Eric Thomson ist...!“ Sie stutzte und schniefte kurz durch die Nase. „...war mein Mann!“
„Ja!“ Christophers Erkenntnis kam wuchtig. „Ich erinnere mich. Wir trafen uns im Central Park, um ihnen...von jener Nacht zu erzählen, in der...Eric gestorben ist!“
Talea nickte mit ernster Miene.
„Und um ihnen etwas zu geben!“ fügte Christopher noch an. „Haben sie damit getan, was ich ihnen gesagt habe?“
Talea schüttelte den Kopf. „Nein!“ Sie atmete einmal tief durch. „Ich hatte es vor, denn sie hatten ja Recht. Ich hatte noch immer eine Verantwortung für meine Kinder, die Eric...über alles geliebt hat. Aber ich hatte keinen Grund, mir finanzielle Sorgen zu machen. Erics Tod...in Ausübung seiner Pflicht, beschert mir seither eine Rente, wovon wir gut leben können. Und für alles weitere kommt seither mein Schwiegervater auf. Er ist ein äußerst wohlhabender Anwalt in Boston. Eric hatte mit ihm vor langer Zeit gebrochen. Er hatte nie Kontakt zu ihm und ich habe ihn nie vorher kennen lernen dürfen. Doch als er vom Tod seines Sohnes erfuhr, hat er sich bei mir gemeldet und wir haben jetzt einen guten Kontakt zueinander. Seine Enkel hat er sofort ins Herz geschlossen und sich erboten, für ihre Ausbildung aufzukommen. Auch sie haben ihn ins Herz geschlossen und gerade jetzt sind sie bei ihm zu Besuch, bis diese...Sache hier hinter uns liegt!" Sie hielt einen Moment inne, dann lächelte sie. „Weil ich ihr Geld deshalb nicht brauchte, habe ich mit Douglas Kontakt aufgenommen und wollte es ihm zurückgeben. Dabei habe ich auch sehr viel mehr über diese furchtbare Nacht erfahren und über den Auslöser, der all das verursacht hat. Damit auch über Douglas und sie und...Silvia! Und da war mir klar, dass das Geld niemals dazu bestimmt war, mir zu helfen, sondern um es jetzt für unsere Sache einzusetzen!“
Christopher hatte ihr aufmerksam zugehört. Am Ende nickte er, doch hatte er natürlich auch gleich tausend Fragen an sie. Bevor er jedoch den Mund aufmachen konnte, hob Cynthia wieder an.
Sie lächelte Talea kurz traurig zu. „Danke Talea!“ Dann blickte sie Christopher an. „Ich weiß, du hast bestimmt noch tausend Fragen, aber die müssen erst einmal warten, okay?“
Christopher nickte zögerlich.
Cynthia wandte sich an Francesca. „Dir gegenüber sitzt...!“
Christopher schaute die alte Dame an und musste sofort lächeln. „Silvias Großmutter!“ sagte er und erntete damit ein ebenso fröhliches Lächeln von Francesca.
„Woher weißt du das?“ Cynthia war ein wenig überrascht.
„Silvias Eltern waren tot, ihre Großeltern ihre Bezugspersonen. Und sie hat sie beide sehr geliebt!“ Während er sprach hielt er seinen Blick auf Francesca, die ihr Lächeln langsam verlor und sich ein trauriger, schmerzvoller Ausdruck auf ihr Gesicht legte. „Sie hat so oft und vor allem, so lebendig von ihnen gesprochen und ganz besonders von ihrer Großmutter, dass ich immer das Gefühl hatte, ich könnte sie wahrhaftig vor mir sehen!“ Er lächelte offen und breit. „Und ich sehe, sie hat mit keinem Wort gelogen. Es ist mir eine besondere Ehre, sie endlich persönlich kennenzulernen, Francesca!“
Die Alte versuchte zu lächeln, doch gelang ihr das bei all der Rührung, die sie im Moment empfand nicht wirklich. „Die Freude...!“ begann sie mit etwa brüchiger Stimme. „...ist ganz meinerseits, Christopher!“ Ihr italienischer Akzent war deutlich zu hören und seinem Namen verlieh er einen besonderen Klang.
Christophers Lächeln verschwand und er blickte wieder ernst. „Die Tatsache, dass sie jetzt hier sind, zeigt mir, dass Francesco sich wohl geirrt hat! Oder?“
Francesco wurde ebenfalls ernst und schüttelte den Kopf. „Nein! Sie irren nicht!“ Ihre Stimme klang traurig und etwas kraftlos. „Er hat zwar stets alles getan, was in seiner Macht stand, um diesen furchtbaren Fluch von mir fernzuhalten...und hat das auch lange Jahre erfolgreich geschafft, aber...letztlich hat ein dummer Zufall mir die ganze schreckliche Wahrheit offenbart!“ Sie hielt kurz inne und hing ihren Gedanken nach. „Und das ist auch der Grund dafür, warum mein Sohn...!“ Sie blickte neben sich. „...Alfredo hier ist!“
Christopher war sofort sichtlich überrascht. „Ihr...Sohn?“
Francesca und auch Alfredo nickten.
„Als ich erkannt hatte, was Francesco wirklich tat, wenn er unterwegs war, war ich absolut verzweifelt. Alfredo bemerkte das natürlich und so konnte ich die ganze Sache auch vor ihm nicht geheim halten!“ Sie lächelte ihren Sohn liebevoll an.
„Wir waren uns aber sehr schnell einig...!“ fuhr Alfredo fort. "…dass wir Vater nicht einfach so die Wahrheit sagen konnten und versuchten daher zunächst, ihn mit Andeutungen aus der Reserve zu locken. Doch er blockte schon hier so rigoros ab, dass wir keine andere Wahl hatten, als es vor ihm zu verheimlichen!“
Francesca nickte. „Aber wir wussten auch, dass wir trotz allem nicht untätig sein durften. Wir sammelten alles an Informationen, was wir nur finden konnten und rüsteten uns für den Tag, an dem diese furchtbare Kreatur wieder in Erscheinung treten würde, um Francesco beizustehen!“
„Als Silvia dann anrief und Vater sich sofort auf den Weg machte, sahen wir es in seinen Augen: Die Zeit, auf die wir uns vorbereitet hatten, war gekommen!“
„Uns war klar, dass wir nicht mit der gleichen Maschine nach New York fliegen konnten, wie er, doch wir nahmen bereits die nächste nach ihm!“
„Sie...?“ Christopher schaute erst Francesca, dann Alfredo und schließlich auch Douglas entgeistert an. „...waren dort? Ich meine: In New York...damals in jener Nacht?“ Er blickte wieder zu der Alten, die daraufhin nickte.
„Doch wir hatten nicht den Hauch einer Chance!“ Sie atmete einmal tief durch. „Wir hatten gehofft, es würde zumindest eine kurze Ruhephase geben, nachdem Francesco gelandet war, damit wir uns ebenfalls orientieren und zu ihm aufschließen konnten, doch dem war nicht so!“
Jetzt schüttelte Christopher ebenfalls den Kopf. „Nein, alles ging so furchtbar schnell. Ein irrsinniges Tempo! Keine Verschnaufpause, kein Atemholen. Nur Vollgas über Stunden. Der pure Irrsinn am Rande der Vorstellungskraft!“ Christophers Gesicht wirkte wie erschlagen und seine Augen waren blicklos.
Wieder nickte Francesca. „Wir versuchten wirklich alles, um zu euch aufzuschließen…, doch am Ende kamen wir immer zu spät! Die Katastrophe nahm ihren furchtbaren Verlauf und auch wenn am Ende der Tod des Dämons stand, so hat sie doch schließlich alles verändert, was uns allen je wichtig war und niemanden zu einem Sieger gemacht!“
Christopher nickte nachdenklich. „Genau so ist es!“
„Genauso schien es!“ Das war Cynthia.
Christopher hob seinen Kopf und schaute sie verwirrt an.
„Cynthia hat recht!“ hob Francesca sofort an. „Wir alle waren lange Zeit einfach nur erschüttert über die Geschehnisse und vollkommen unfähig, zu denken oder zu handeln. Dabei lag die Lösung doch schon in seinen...!“ Sie deutete auf Douglas. “...Händen!“
Christopher wirbelte herum und starrte seinen Freund entsetzt an, dem das sichtlich nicht recht war und er verlegen grinsen musste.
„Du?“ fragte Christopher und Douglas nickte fast schon entschuldigend. „Oh Mann!“ Christopher zog die Augenbrauen hoch und blies die Luft durch die Wangen. „Ich glaube, jetzt könnte ich doch einen Kaffee vertragen!“
„Gute Idee!“ stimmte Alfredo zu.
„Da sag ich jetzt auch nicht mehr nein!“ meinte Talea.
Cynthia nickte und ergriff die Kaffeekanne. „Sie ist leer!“ meinte sie.
„Kein Problem!“ Christopher erhob sich sofort und nahm sie ihr ab. „Ich gehe schnell zu Karen und sorge für frischen Kaffee und etwas zu essen!“
Niemand widersprach ihm und so ging er zur Wohnungstür. Er drückte die Klinke herunter und zog sie auf. Dabei schaute er durch den Spalt, der sich vor ihm auftat, auf den Hausflur und konnte mehr als deutlich die vier Männer erkennen, die gerade die Treppe herauf kamen und auf sein Büro zuhielten. Die Kombination aus zwei Schlipsträgern – ein zwei Meter-Riese und ein kleinerer, drahtiger Blondschopf – und zwei Sanitärtechnikern, kam ihm sofort verdächtig vor und alle Alarmglocken in seinem Inneren begannen zu schrillen. Sein Körper versteifte, sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Sofort zuckte seine linke Hand nach vorn und drückte die Tür wieder zu.
Für einen kurzen Moment war er sich nicht sicher, ob er sicher sein konnte oder er nur wilde Halluzinationen hatte, doch dann fielen alle Zweifel von ihm ab. Nein, es gab keinen Zweifel – und sie mussten schnell handeln.
Er machte kehrt und ging mit schnellen Schritten in das Zimmer zurück. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, hatte ihn Douglas schon erspäht und war natürlich überrascht, ihn schon wiederzusehen.
„Was ist los?“ fragte er laut. „Hast du was vergessen oder...?“
Weiter kam er nicht, denn Christopher war förmlich zu ihm gesprungen und hatte ihm mit großen, mahnenden Augen seine rechte Hand auf den Mund gelegt.
„Was ist los?“ fragte Cynthia leise mit sofort besorgter Miene.
„Seid ihr sicher, dass euch niemand gefolgt ist?“
„Was?“ Talea war überrascht, hielt ihre Stimme aber ebenfalls gesenkt. „Warum?“
„Weil wir Besuch bekommen!“ Er deutete auf die linke Wand und allen war klar, dass er damit sein Büro dahinter meinte.
„Besuch?“ Alfredo erhob sich. „Wer?“
„So wie die Kerle ausgesehen haben...!“ Er nahm Douglas die Hand vom Mund und schaute ihn mit ernster Miene an. „...fallen mir nur drei Buchstaben dazu ein!“
Douglas Antlitz verfinsterte sich und voller Erkenntnis stieß er hervor. „F B I!“