Читать книгу Genesis IV - Alfred Broi - Страница 17

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XIV

Melia spürte, wie sich ihr Herzschlag erhöhte und sich eine eklige Gänsehaut über ihrem Rücken ausbreitete, als die Plattform mit einem dumpfen Knall und einem sanften Rütteln den Boden erreicht hatte.

Unruhe breitete sich in ihr aus, auch Angst. Doch die Sicherheit, dass sie hier das richtige tat, überwog – noch.

Dazu gehörte auch, dass sie dieses Mal allein hier war, was jedoch wirklich nicht einfach gewesen war. Sie hatte Chalek in der Tat beinahe überlisten müssen, damit er nicht sah, wie so hinging.

Wie so oft hatte sie Kalipos Hilfe dafür gebraucht, wenngleich der Anführer gar nicht wusste, dass er von ihr missbraucht wurde. Aber es war notwendig gewesen und wenn Chalek sich überhaupt ablenken ließ, dann von einer gemeinsamen Jagd mit Kalipos, um ihre Essensvorräte wiederaufzufrischen.

Alles in allem würde sie sicherlich drei bis vier Stunden Zeit haben, um sich dem zu widmen, was sie vorhatte.

Nachdem die beiden in Richtung Süden gegangen waren, hatte sie sich unverzüglich und schnell auf den Weg nach Norden gemacht und befand sich jetzt wieder in der Höhle, die sie rein zufällig zusammen mit Chalek entdeckt hatte.

Der Aufzug war mittlerweile ganz nach unten gefahren und stoppte ab.

Melia verharrte für einen Moment und lauschte, doch sie konnte keine verdächtigen Geräusche hören.

Trotzdem blieb ihre Nervosität und stieg sogar noch an, als sie durch die anschließende Kammer in den nachfolgenden Tunnel schritt.

Ihren Herzschlag spürte sie nur allzu deutlich unter ihrer Schädeldecke, das Blut pulsierte schnell durch ihre Adern.

Plötzlich erschrak sie und erstarrte atemlos. War das ein Scharben, dass sie da gehört hatte? Oder nur Einbildung?

Schon kamen ihr erste Zweifel, ob sie hier wirklich das richtige tat, doch sie zwang sich rüde zur Ordnung.

Sie hatte die Höhle zusammen mit Chalek entdeckt, war aus reiner Neugierde mit dem Aufzug tief in den Berg gefahren und hatte dort diesen Tunnel gefunden. Die Natur hatte ihre Macht gezeigt und ein kurzes Beben dafür gesorgt, dass eine Verbindung zu dem Nest der Insektenbestien hergestellt worden war. Winzig klein nur, aber dennoch vorhanden.

Melia hatte Chalek eingeschärft, niemandem etwas davon zu erzählen. Sie wusste, der Junge würde sich daranhalten. Und auch sie war verschwiegen gewesen. Dennoch war sie seither immer öfter nervös und schreckhaft.

Und deshalb war Melia hier. Sie musste feststellen, ob die Verbindung zu den Bestien noch immer bestand und wie sie wieder geschlossen werden konnte. Denn das musste sie, dessen war sie sich sehr sicher, weil ansonsten früher oder später das Grauen Einzug in das Hochplateau halten würde.

Melia entspannte sich ein wenig, setzte einen Schritt vor den anderen, drang tiefer in den Tunnel ein, bis sie an die Stelle kam, hinter der sie die Trümmer des Bebens wusste.

Ihre eigene Nervosität trübte ihre Sinne, doch das erkannte sie natürlich nicht und so nahm sie die deutlichen schlurfenden und fauchenden Geräusche nur wie durch einen Filter wahr, der ihr zwar sagte, dass da etwas war, aber nicht was.

Erst als sie um die Ecke herum und es schon viel zu spät war, erkannte sie mit panischem Entsetzen, was sich vor ihr auftat.

Die Bestien hatten die winzige Verbindung in diesen Tunnel entdeckt und weiter aufgebrochen! Der unstillbare Blutdurst dieser Monster hatte sie angetrieben und mit ihrer unglaublichen Kraft hatten sie den Felsen aufgesprengt und einen Durchgang geschaffen, der groß genug für sie war.

Trotz ihrer Panik konnte Melia auf Anhieb ein halbes Dutzend Bestien ausmachen. Ein gellender Aufschrei schoss durch ihre Kehle, doch konnte sie ihn gerade noch verhindern. Dennoch war ein ersticktes Stöhnen zu hören, dass die Kreaturen aufhorchen ließ.

Instinktiv sprang Melia einen Schritt zurück und hoffte, ihre Anwesenheit so noch verbergen zu können. Tatsächlich blieb das zu erwartende Brüllen der Bestien aus.

Doch Melia war mehr als klar, dass sie sofort von hier verschwinden musste. Weg von hier und die anderen warnen! Der Feind hatte einen Weg in den Berg gefunden und es war nur noch eine Frage von Stunden, bis er ihn an die Oberfläche führen würde. Das Hochplateau, das so viele Jahre ihre Zuflucht gewesen war, war nicht mehr sicher.

Mit diesen Gedanken wirbelte Melia herum und wollte zurück zum Aufzug rennen, als sich direkt vor ihr ein monströser, schwarzer Schatten aufbäumte.

Ihr Herz setzte aus und sie erstarrte in blankem Entsetzen. Die Bestie erhob sich auf ihre Hinterläufe, quiekte widerlich und voller Vorfreude auf und ließ ihre rasiermesserscharfen Krallen herniedersausen.

Einen Wimpernschlag später umfing Melia tiefe Schwärze und ein unsäglicher Schmerz durchzuckte ihren Körper.

Melia schreckte mit weit aufgerissenen Augen in die Höhe. Ihr gesamter Körper war schweißnass und glänzte im fahlen Licht der Leuchtkristalle. Ihr Atem ging rasend schnell und ihr Herz hämmerte einen feurigen Rhythmus in ihrer Brust.

Doch nur für wenige Augenblicke, dann erkannte sie, wo sie war und sie beruhigte sich erstaunlich schnell wieder. Ein tiefes, verärgert klingendes Brummen entfuhr ihr, als sie mit geschlossenen Augen tief durchatmete.

Nein, sie war jetzt nicht grausames Opfer eines Insektenangriffs geworden und ihre Körperteile lagen nicht verstreut am Boden. Ob sie sich mit dieser Erkenntnis aber so viel besser fühlte, wusste sie im ersten Moment nicht zu sagen, denn Tatsache war, dass sie, seitdem sie die Höhle und den Aufzug gefunden hatte, ständig nervös, hektisch und zerfahren war und kaum noch Ruhe zum Schlafen fand.

Eine unheimliche, schleichende Angst hatte sie befallen und sie verfluchte ihr Wissen um das, was sie in den Tiefen des Berges gesehen hatte.

Plötzlich erstarrte sie und ihr Kopf zuckte nach rechts. Als sie Chalek dort jedoch friedlich schlafend in seine Decke eingehüllt liegen sah, atmete sie erleichtert auf. Der Junge war sehr umtriebig und ganz besonders nachts war er eigentlich öfter unterwegs, als dass er schlief. Woher er diese Kraft und Ausdauer nahm, hatte Melia nie ergründen können. Und wenn sie sonst stets große Sorgen um ihn hatte, machte sie der Gedanke, er könne sich trotz ihres Verbotes doch heimlich davonstehlen und allein in den Berg hinabsteigen, beinahe wahnsinnig.

Heute aber war das nicht der Fall. Chalek atmete tief und ruhig und Melia wusste, dass er wirklich schlief.

Das beruhigte sie für einen Moment, bevor die Sorge und die Qual um ihr Wissen über die Verbindung zu dem Nest der Bestien wieder einen ängstlichen Schauer durch ihren Körper jagte.

An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Sie musste darüber nachdenken und eine Lösung für dieses Problem finden.

Das Loch war ja nur sehr klein, redete sie sich ein und versuchte sich damit zu beruhigen. Sie wollte deswegen keine Panik auslösen. Wenn Kalipos es wüsste, würde er womöglich entscheiden, dass sie diesen Ort verlassen mussten. Doch das wollte Melia nicht, denn wo sonst würden sie wohl nochmals einen so sicheren Platz, wie diesen, finden? Wenn die Bestien die Verbindung bereits als das erkannt hätten, was sie war, wären sie längst schon hier gewesen. Nein, diese Sache musste in Ruhe und mit Besonnenheit angegangen werden. Und Melia würde es allein tun und dafür sorgen, dass ihr Wissen keinen Schaden für die Menschen hier darstellte und sie hier weiterhin in Sicherheit leben konnten.

Langsam drehte sie sich von dem Jungen weg und erhob sich lautlos. Sie ergriff eine dünne Jacke und trat nach draußen an die Luft.

In den vergangenen Monaten waren die Nächte stets unerträglich schwül gewesen und die Luft noch schwerer und stickiger als am Tage. Heute aber hatten sich die Temperaturen doch merklich abgekühlt und Melia fühlte sich sogar erfrischt dadurch. Einige Augenblicke später aber begann sie leicht zu frösteln, da ihr Körper eine solche Abkühlung kaum noch gewöhnt war. Sie konnte ihren Atem sehen und die Pflanzen um sie herum waren mit einer grauen Schicht Raureif bedeckt. Nächte mit Temperaturen über dreißig Grad waren zu dieser Jahreszeit sicherlich alles andere als normal, doch eine Gradzahl um den Gefrierpunkt war ebenfalls nicht richtig.

Melia erkannte wieder einmal, dass der Planet sich durch den Krieg weitaus mehr veränderte und litt, als sie alle vielleicht wussten. Sie fragte sich, ob es für ihn auf diesem Weg noch eine Abzweigung zur Normalität gab oder ob es für sie und ihn nur noch den direkten Weg in die Hölle geben würde?

Ein Räuspern holte sie aus ihrem Gedanken. Bevor sie der Schreck darüber, dass jemand neben sie trat, übermannen konnte, erkannte sie auch schon Kalipos und sie entspannte sich wieder.

„Hallo Barie!“ Der Anführer nickte ihr zu. Auch er hatte seine Jacke geschlossen und man sah ihm an, dass er fror.

„Hallo Kalipos!“ erwiderte Melia mit einem sanften Lächeln, denn eigentlich hätte sie damit rechnen müssen, dass er hier auftauchte. Dieser Mann nahm seine Aufgabe, die ihm anvertraut wurde, sehr ernst und löste sie äußerst professionell. Dazu gehörte auch, dass sie das Gefühl hatte, dass er ständig und überall über sie alle wachte. Obwohl Melia das nicht gutheißen konnte, schien Kalipos mit sehr wenig Schlaf ganz gut zurecht zu kommen und sie hätte gelogen, wenn sie gesagt hätte, dass ihr das nicht ein schönes Gefühl von Sicherheit gab. „Es ist verdammt kalt heute Nacht!“

Kalipos nickte. „Dieser Planet rotiert in Extremen. Ich frage mich, wie lange es dauert, bis er endgültig aus der Bahn fliegt!?“

„Du befürchtest Schlimmeres?“ Innerlich war Melia nicht überrascht, dass er ähnliche Gedanken wie sie hatte.

Kalipos nickte erneut. „Für wen sollte er denn auch noch lebenswert bleiben? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Spezies Mensch ausgerottet sein wird. Von mir aus könnte dieser Planet dann gleich mit zum Teufel gehen!“

„Stimmt!“ meinte Melia und schloss ihre Arme um ihren Oberkörper. „Dann würden diese Bastarde doch noch ihre gerechte Strafe erhalten!“

Kalipos huschte ein Lächeln über die Lippen. Nach einem Moment der Stille meinte er. „Gibt es eigentlich einen besonderen Grund, weshalb du um diese Zeit hier draußen bist?“

„Was?“ Melia wurde sofort nervös und lächelte verlegen. „Nein! Ich konnte einfach nur nicht mehr schlafen. Das ist alles!“

Kalipos lachte leise auf.

„Was lachst du?“ fragte Melia und fürchtete sich irgendwie schon vor der Antwort.

„Ich kenne dich jetzt schon so viele Jahre. Du weißt, du kannst mir kaum noch etwas verheimlichen. Und trotzdem versuchst du es stets aufs Neue!“

„Tut mir leid!“ erwiderte sie sofort kleinlaut.

Wieder lachte Kalipos. „Mir auch! War nämlich nur ein Scherz!“ Er schaute sie direkt an und verlor sein Lächeln. „Ich habe dich stöhnen gehört!“ Er deutete mit dem Kopf auf ihre Schlafhöhle hinter ihnen.

„Oh!“ Melia schien verlegen und erleichtert zugleich. „Es war nur...ein Alptraum!“

Kalipos nickte nachdenklich. „Du bist seit ein paar Tagen ziemlich nervös, ängstlich und fahrig, kann das sein?“

„Ich weiß nicht?“ wich Melia aus. „Wenn du es sagst!“

„Ja, tue ich!“ Kalipos wartete, bis sie ihn ansah. „Gibt es irgendetwas, das du mir sagen möchtest?“

Melia wich seinem Blick zunächst wieder aus, dann schüttelte sie den Kopf und schaute ihm direkt in die Augen. „Nein!“ antwortete sie. „Es ist nur die Hölle dieses Krieges, die mich keine Ruhe finden lässt!“

Kalipos reagierte zunächst nicht, sondern schaute sie nur unverwandt an. Dann nickte er bedächtig. „Wie du willst!“ Er schniefte einmal durch die Nase. „Ich muss jetzt weiter!“ Er drehte sich um und ging.

Melia nickte und schaute ihm nach.

Plötzlich drehte er sich noch einmal um. „Ich mag dich. Sehr sogar! Aber wenn du je das Wohl unserer Gruppe gefährden solltest, werde ich dich dafür zur Rechenschaft ziehen. Okay?“

Melia lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Doch sie nickte nur zur Antwort.

„Wenn du deine Meinung ändern solltest, weißt du, wo du mich findest!“ Er wartete nicht auf ihre Reaktion, drehte sich wieder um und verschwand endgültig.

Und Melia war vollkommen klar, was sie in der morgigen Nacht zu tun hatte.

II

Genesis IV

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