Читать книгу Eine Kompanie Soldaten - In der Hölle von Verdun - Alfred Hein - Страница 5
Vorwort.
ОглавлениеDies Buch ist kein Roman, aber auch kein trockener Bericht von Kriegsabenteuern. Es ist auf Grund von persönlichen Erlebnissen mit allerdings bewusstem künstlerischen Willen gestaltet. Als Kompagnie-Meldeläufer machte ich im April und Mai 1916 die Verdun-Offensive bei den Höhen „Toter Mann“ und „Höhe 304“ mit, und in der Charakterisierung seiner entscheidenden Gestalten, im inneren Wesenskern der Ereignisse beruht das Buch auf Lebenswahrheit. Der Rhythmus jenes grossen Totentanzes mit seinen Sturmangriffen und Trommelfeuern ist mir für alle Zeit im Blut geblieben, ich habe versucht, ihn auf meine Dichtung zu übertragen. Natürlich konnte ich nicht Sekunde auf Sekunde der schwersten Todesnot mit minutiöser Darstellung reihen, wie es in der Schilderung des tagelangen Trommelfeuers eigentlich geschehen müsste, um einen entfernten Begriff von der trostlosen Preisgabe des Leibes und der Seele an die Tobsucht der Granaten zu geben.
Das Buch ist absichtlich nicht in der Ich-Form geschrieben. Aus drei Gründen. Erstens wollte ich mich zu dem „damaligen Kriegsfreiwilligen Alfred Hein“ distanzieren, um mich selbst in dem wüsten Getriebe besser zu erkennen; zweitens soll es keinen „Helden“ dieses Buches geben, der Held ist die ganze Kompagnie, eine von den vielen tausend Kompagnien, die vorn gestanden. Drittens: Nicht nur, was der meine Person vertretende Meldeläufer Lutz vom Kriege denkt und fühlt, soll als das „allein Wahre“ angesehen werden, Wynfrith, von Tislar, Hirschfeld, Agathe, sie alle haben ebenso recht.
Denn auch dieses Buch will vor allem von dem heiligen Geist der Kameradschaft künden, der während des Krieges vorn geboren wurde und der immer bereit war, über alles Ichsüchtige hinweg die Hand zu reichen, um gemeinsam die Todesnot zu ertragen, die dort vorn alle gleich anfiel.
Als ich vor zwei Jahren das Buch vorzubereiten und im vergangenen Jahre niederzuschreiben begann, gab es noch keine Hausse in Kriegsbüchern. Ich glaubte, ich würde mit ihm gegen den Strom der literarischen Mode schwimmen. Es ist über Nacht anders gekommen. Ich will diesem Modestrom dankbar sein, wenn er auch meinem Kriegsbuch zur weiten Verbreitung verhilft, obwohl Mode und Fronterlebnis verdammt schlecht in Einklang zu bringen sind. Entscheidend für die Veröffentlichung ist aber der Gedanke, den tieferen Sinn des Krieges als den, der aus dem ehrgeizigen Wunsch der verantwortlichen Machthaber aller Völker entspringen sollte, aufzuzeigen: die Meisterung der Geschicke durch diesen harten, klar sehenden und um jeden Preis nichts als die menschliche Wahrheit suchenden Kameradengeist der Front. So wenig ich für die Entfesselung des Krieges verantwortlich sein möchte, so sehr bin ich von Stolz erfüllt, in den Gräben vor Verdun meine Seele fürs Leben geklärt und gefestigt zu haben.
In der Ueberzeugung, dass dieser schöne und starke Frontgeist über den ganzen lärmenden Konjunkturbetrieb, der schon wieder trotz des Krieges die Welt beherrscht, in Deutschland in dem Augenblick Herr werden wird, in dem sich alle Frontkameraden abermals zur gemeinsamen Bekämpfung des Niedrigen und Unlauteren zusammenfinden werden, sei das Buch auch kommenden Geschlechtern ein Beispiel.
Königsberg i. Pr., Herbst 1929.
Alfred Hein.