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Kapitel 5

Vertrauen ist die Oase in deinem Herzen, in dem die Karawane des Denkens niemals ankommen wird.

Khalil Gibran

GEDULD MACHT SICH BEZAHLT

Die Wohnung ist unaufgeräumt, als ich müde nach Hause komme. Egal! Ich bin einfach nur froh, endlich daheim zu sein.

Die Woche war lang und das letzte Wochenende so voll.

‚Gott sei Dank: Freitag! – Und an diesem Wochenende sind wir einfach nur daheim. Nichts! Oh, wie gut!‘, denke ich.

‚Wie es Mama nun wohl geht? Ich werde Gabriela nachher mal anrufen.‘

Alle waren wir letzten Samstag da. Und Mama mittenmang dabei. Sie hatte Wünsche, ob nicht der dies und jener das mitnähme, und gleichzeitig hat sie völlig losgelassen. Sie saß in all dem Trubel in ihrem Gartenstuhl im Chaos und hat ihre Kinder genossen – hat geschehen lassen, was geschehen musste. Sie schaute uns dabei zu, wie wir in den Zeugnissen ihres Lebens wühlten. Letztlich ging alles erstaunlich schnell. Jeder hat irgendetwas sortiert. Immer wieder wurde gefragt: „Hat jemand Interesse an …?“

Alle waren wir nervös. In jedem lebten tausend Fragen und Erinnerungen und vor allem die große Frage, ob das denn nun wirklich stattfindet, was wir da gerade tun? Alle haben wir dazu geschwiegen, so effektiv und konzentriert wie möglich gearbeitet. Keine unnötigen Diskussionen – nicht heute, auf keinen Fall. Und am Ende waren es nur noch zwei große leere Schränke und Diverses für den Sperrmüll. Alexander kümmert sich darum und wird auch die Wohnung weißeln. Stephan schreibt die Kündigung und natürlich hoffen wir, einen Nachmieter zu finden.

Brigitta ist schon der Knüller, hat sie es doch geschafft, während all des Trubels Mama noch ein letztes Mal in ihrem Bad zu baden. Den Samstag zuvor war dieses Vorhaben dem Besuch im Sonnenhof zum Opfer gefallen.

Erst wollte Mama nicht so recht, obwohl sie andererseits wusste, dass es die letzte Chance war – sie liebt es ja inzwischen so sehr.

„Das geht doch nicht!“, hat sie gesagt.

Alle haben wir ihr dann zugeraten. Und schließlich waren die beiden im Bad verschwunden mit Kerzenlicht und Rosenduft, während wir gewirbelt haben. Nachher saß Mama dann frisch gebadet und duftend in ihrem Gartenstuhl. Ich habe mich gefragt, wie das wohl in Zukunft sein wird: Gibt es dann solche Treffen überhaupt noch? ‚Oh, da war so viel Anlass für Wehmut und dennoch hat sie es einfach genossen. Wie schlau! Jetzt ruf ich bei Gabriela – ah, da klingelt es schon! Sehr wahrscheinlich ist sie das! Tatsächliche!‘

„Hallo, das ist ja schön! Gerade eben wollte ich dich anrufen – und schon klingelt das Telefon. Wie geht es Mama?“

„Hallo, Schwesterherz, gut, es geht ihr so weit gut. Gerade war ich bei ihr. Stell dir vor, ich brauche mit dem Fahrrad nur zehn Minuten an der Donau lang. Jetzt bin ich sogar froh, dass ich die schöne Wohnung am Kuhberg nicht bekommen und die am Eselsberg nicht genommen habe. Jetzt weiß ich, dass es gut und genau richtig war, geduldig zu sein.“

„Ja, manchmal versteht man es erst hinterher.“

„Ja, irgendwie passt jetzt alles. Das ist doch super. Oh, ich bin so froh.“

„Ja wirklich, schon toll, wie der Zufall einem oft hilft, auch wenn man es erst mal nicht verstehen konnte! Sag, wenn du noch Zeit hast, erzähl mir bitte noch ein bisschen. Wie lebt sie sich dort ein?“

„Ganz gut so weit. Beim Essen wird immer ein Spruch gesprochen, das freut sie. Sie scheint ganz zufrieden zu sein. Der Hausmeister ist auch supernett. Er grüßt sie immer mit Namen und kümmert sich liebevoll um die Blumen. Das gefällt ihr natürlich. Auch wenn sie wegen ihres eleganten Kleidungsstils auffällt, scheint sie sehr beliebt zu sein.“

„Ja, und wie ist das, wenn sie abends mal in einen Vortrag will oder ins Kino oder ins Theater?“

„Ja, dann muss sie halt klingeln, aber das ist kein Problem.“

„Toll, wenn es so bleibt, dann haben wir wohl Glück gehabt. Saumäßiges Glück. Wie hat sie es nur an der Warteliste vorbeigeschafft? Ich freu mich einfach.“

„Ja, ich mich auch.“

„Ich denke gerade an Worte, die Bernhard Mack immer bei meiner Ausbildung gesagt hat: ‚Entwicklung passiert langsam und in Sprüngen.‘

Das stimmt wohl, bei dir hat es jetzt lange gedauert, bis du deinen neuen Wohnort gefunden hast, und bei Mama ging es so schnell, dass wir gerade so hinterherkamen. Und schließlich passt es sogar zusammen. Wieder mal ganz klar ein Beweis für die Synchronizität. Tja, Geduld macht sich bezahlt – oder sollten wir es Vertrauen nennen?“

Perlen der Demenz

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