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J. Zum Einspruch gegen den Bußgeldbescheid

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Gegen den Bußgeldbescheid kann der Betroffene gem. § 67 Abs. 1 OWiG Einspruch einlegen. Der Einspruch ist Rechtsbehelf sui generis. Das Verbot der Verschlechterung (reformatio in peius) gilt – wie beim Strafbefehl[329] – nicht.

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In formeller Hinsicht sind die nachfolgenden Voraussetzungen zu beachten:

- Einspruchsberechtigung: Neben dem Betroffenen und dem gesetzlichen Vertreter (§ 67 Abs. 1 OWiG, § 298 StPO) ist der Verteidiger (§ 67 Abs. 1 OWiG, § 297 StPO) einspruchsberechtigt. War der Verteidiger im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nicht bevollmächtigt, ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen, §§ 96 Abs. 1, 70 OWiG.[330] Auch die nebenbeteiligte Gesellschaft ist wie der Betroffene berechtigt, Einspruch gegen den sie belastenden Bußgeldbescheid einzulegen. Problematisch ist die Wirksamkeit des Einspruchs, wenn dieser von dem betroffenen Organ der Gesellschaft eingelegt wird. Das betroffene Organ ist nach h.M. wegen Interessenskollision von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen.[331] Stellt die BaFin den Bußgeldbescheid an die Gesellschaft – vertreten durch das betroffene Organ (z.B. an den betroffenen Vorstand) – zu, ist die Zustellung gleichwohl wirksam.[332] Mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es nicht vereinbar, wenn die BaFin in dieser Situation den vom betroffenen Vorstand für die Gesellschaft eingelegten Einspruch wegen Vertretungsmangels als unwirksam behandeln würde; denn wenn sich die Gesellschaft trotz einer etwaigen Interessenkollision die Zustellung des Bußgeldbescheids entgegenhalten lassen muss, wäre es überraschend und damit unzulässig,[333] sodann den durch dasselbe Organ eingelegten Einspruch als unwirksam zu behandeln. Betrachtet man dies hingegen streng zivilrechtsakzessorisch und behandelt den eingelegten Einspruch als schwebend unwirksam (nach h.L. sollen die Grundsätze der §§ 177 ff. BGB Anwendung finden[334]), verbietet das Bedürfnis nach Rechtssicherheit im streng formalisierten Strafprozessrecht, die Wirksamkeit des Einspruchs von einer etwaigen Genehmigung durch die Gesellschaft abhängig zu machen. Insoweit wäre der Einspruch zwar als unwirksam zu betrachten, indes wäre bei Fristversäumung über § 52 OWiG i.V.m. §§ 44 f. StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft verfristet Einspruch einlegen sollte.
- Einspruchsform: Der Einspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der BaFin einzulegen. Dem Schriftformerfordernis ist schon dann Genüge getan, wenn sich aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, von wem die Erklärung herrührt, ob sie als endgültig gedacht war sowie ernstlich und willentlich in den Verkehr gebracht wurde.[335] Die eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich.[336] Wird der Einspruch mittels Telefax eingelegt, soll es die eigenhändige geleistete Unterschrift allerdings enthalten.[337] Auch der durch E-Mail eingereichte Einspruch kann formgerecht sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Bußgeldbescheid der BaFin eine E-Mail-Adresse des Fallbearbeiters ausweist und in der Rechtsmittelbelehrung die Einlegung des Einspruchs durch E-Mail nicht ausgeschlossen ist.[338] Denn dadurch gibt die BaFin nach außen zu erkennen, dass sie sowohl den Übermittlungsweg als auch die Form des Einspruchs als E-Mail akzeptiert.[339] Ob es zusätzlich einer qualifizierten elektronische Signatur bedarf, wird unterschiedlich gesehen.[340] Richtigerweise ist dies zu verneinen.[341] Entscheidungen des zuständigen AG Frankfurt a. M. sind hierzu bislang nicht veröffentlicht.
- Einspruchsfrist: Der Einspruch muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids bei der BaFin an ihrem Sitz in Frankfurt/Main (vgl. § 1 Abs. 3 S. 2 FinDAG) eingelegt werden. Wird der Einspruch versehentlich am Sitz der BaFin in Bonn eingelegt, ist die Frist gewahrt, wenn der Einspruch noch innerhalb der Einspruchsfrist am Sitz in Frankfurt/Main eingeht.[342] Die Fristberechnung richtet sich nach § 43 StPO. Wurde die Frist nicht eingehalten, ist unter den Voraussetzungen der §§ 52 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierüber entscheidet die BaFin gem. § 52 Abs. 2 S. 1 OWiG als zuständige Verwaltungsbehörde. Der Betroffene muss sich das Verschulden seines Verteidigers im Zusammenhang mit dem Fristversäumnis – im Gegensatz zum Zivilprozessrecht (§ 85 Abs. 2 ZPO) – nicht zurechnen lassen. Verlegt der Verteidiger die Akte und versäumt deshalb die Einspruchsfrist des § 67 Abs. 1 OWiG, kann dies dem Betroffenen nicht ohne eigenes Verschulden (z.B. Kenntnis der Unzuverlässigkeit des Verteidigers[343]) angelastet werden. Er ist auch nicht verpflichtet, die Tätigkeit seines Verteidigers zu überwachen.[344]

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Ist der Einspruch nicht form- oder fristgerecht eingelegt worden, verwirft ihn die BaFin durch Bescheid gem. § 69 Abs. 1 OWiG als unzulässig. Der Bescheid ist zu begründen (§§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 34 StPO) und zuzustellen (§ 51 OWiG).[345] Innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Verwerfungsbescheids kann der Berechtigte Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 69 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 62 OWiG bei der BaFin stellen. Die BaFin kann sodann den Verwerfungsbescheid aufheben, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren und erkannten Rechtsfehlern abhelfen.[346]

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Der Einspruch muss nicht begründet werden. Er kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden, § 67 Abs. 2 OWiG. So ist es möglich, den Einspruch auf die Höhe der Geldbuße zu beschränken.

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