Читать книгу Datenschutz im Krankenhaus - Andrea Hauser - Страница 67
8.1 Berechtigung zur Anzeige
ОглавлениеDie Unterrichtung der zuständigen Behörden über den Verdacht des Vorliegens einer Straftat kann zur Preisgabe der durch § 203 StGB geschützten Geheimnisse des Patienten führen, wodurch sich der Arzt in einer solchen Situation strafbar machen würde. Das Problem der Strafbarkeit besteht jedoch – wie bereits dargestellt123 – nur, wenn der betreffende Arzt die Patientengeheimnisse unbefugt offenbart. So kann die Weitergabe von Patientendaten bei der Anzeige des Verdachts auf Vorliegen einer Straftat zum Schutz des Opfers vor weiteren Straftaten gemäß § 34 StGB gerechtfertigt sein.124
Zu beachten ist jedoch, dass das Gesetz die Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht zunächst nur zur Verhinderung bevorstehender Straftaten erlaubt, während bei bereits begangenen Straftaten das reine Strafverfolgungsinteresse in der Regel nicht ausreicht, die Offenbarung von Patientengeheimnissen zu rechtfertigen.125 Will also beispielsweise das (erwachsene) Opfer einer Straftat (z. B. Vergewaltigung oder Misshandlung) keine Anzeige erstatten, so hat der Arzt dies zu akzeptieren. Er ist nicht dazu berechtigt, die Polizei gegen den Willen des Opfers zu informieren, damit diese wegen einer möglichen Straftat ermittelt. Der Wunsch des erwachsenen Patienten auf Geheimhaltung des Verdachts auf Vorliegen einer Straftat ist grundsätzlich zu respektieren (unabhängig davon, dass selbstverständlich jede mögliche Hilfestellung gegeben werden sollte, damit sich das Opfer für eine Anzeige der Straftat entscheidet).
Etwas anderes gilt aber, wenn die Gefahr besteht, dass es weiterhin zu erheblichen Straftaten kommen wird.126 So ist die Sachlage selbstverständlich anders einzuschätzen, wenn für das Opfer – ggf. sogar noch im Krankenhaus (etwa weil sich der Täter dort aufhält und mit weiteren Misshandlungen droht) – eine akute Gefahr besteht, erneut das Opfer einer Straftat zu werden. Bei einer solchen Sachlage ist aufgrund der Wiederholungsgefahr zum Schutz des Opfers und ggf. sogar zum Schutz der eigenen Krankenhausmitarbeiter aufgrund der Notstandssituation die Nichtbeachtung der ärztlichen Schweigepflicht gerechtfertigt.