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»Mist«, fluchte Sabine halblaut und schlug die Stablampe mehrmals gegen ihren Oberschenkel. »Muss diese Scheißtaschenlampe gerade jetzt ihren Geist aufgeben?« Gestern erst hatte sie Batterien kaufen wollen, aber die waren wieder mal aus gewesen. Nun durfte sie das stockdunkle Treppenhaus ohne Licht hinuntertappen.

Die Flurbeleuchtung war bereits vor Jahren kaputtgegangen, und die Leitungen waren zu alt, als dass ein Elektriker sie noch hätte flicken können.

Da Sabine sämtliche Stolperfallen gut kannte, kam sie unversehrt im Hinterhof an. Bloß gut, dass ich jung bin und meine Blase noch im Griff habe, dachte sie und grinste breit. Sie verspürte nicht die geringste Lust, den mörderischen Abstieg mehrmals pro Nacht auf sich zu nehmen.

Ein zaghaftes Glühen über den Dächern der gegenüberliegenden Häuser kündigte die Morgendämmerung an. So gering das Leuchten auch war, würde es Sabine davor bewahren, in die Hinterlassenschaften von Herta Klügels Foxterrier zu latschen.

Inzwischen hatte es Sabine eilig. So schnell es ging, überquerte sie den Hof und lief zielstrebig zum Toilettenhäuschen. Ein langes Bündel, das im Schatten der windschiefen Bretterbude lag, ließ sie stutzen. Bei ihrem gestrigen abendlichen Toilettengang hatte es da noch nicht gelegen.

Eine leichte Verstimmung machte sich in ihr breit. Da hatte doch nicht etwa irgendein Assi Müll abgeladen? Aber egal, was da lag, ihr Geschäft war dringender.

Fünf Minuten später beugte sich Sabine neugierig über den verdächtigen Haufen. Das Tageslicht hatte an Kraft gewonnen, und der bisher formlose Gegenstand nahm Gestalt an.

Sabine benötigte einen Moment, bis sie realisiert hatte, was da lag. Zischend zog sie die Luft ein.

Nach einer Schrecksekunde kam sie zur Besinnung. Und obwohl ihr die glanzlosen Augen von dem Zustand des Mannes berichtet hatten, legte sie prüfend die Finger auf die Halsschlagader.

Der ist nicht nur tot, der ist mausetot, lautete ihr knappes Resümee. Dann holte sie die bittere Wahrheit ein, und ihr wurde bewusst, dass sich die Sache zur Katastrophe für sie und die anderen Bewohner auswachsen konnte. Nachdem ihr das gesamte Ausmaß klar geworden war, überdachte sie sorgfältig ihre nächsten Schritte. Da sie nichts überstürzen wollte, beschloss sie, Anton um Rat zu fragen.

Wenig später stand sie mit ihrem Nachbarn vor der Leiche. Kopfschüttelnd ging Anton Jäger in die Knie und musterte den Toten. Er schluckte, um die Trockenheit in seinem Hals zu vertreiben, und sein zerfurchtes Gesicht verhärtete sich. »Das bedeutet Ärger. Viel Ärger.«

»Kennst du den?« Antons finstere Miene machte Sabine Angst.

»Leider. Und wenn du mich fragst, um ihn ist es wirklich nicht schade.« Er richtete sich auf und sah Sabine ernst an. »Du marschierst jetzt zur nächsten Telefonzelle und rufst die Polizei. Bis du zurück bist, passe ich auf, dass keine Kinder die Leiche sehen, dann verschwinde ich sofort, und du erwähnst mich mit keinem Wort. Verplapper dich nicht! Das ist sehr wichtig, Mädchen.«

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