Читать книгу Acht - Andreas Michels - Страница 18

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5. Kapitel

Langsam driftete Alex aus der Dunkelheit hinüber in eine umfassende Welt des Schmerzes. Sein Rücken schien in Flammen zu stehen, während sein Kopf sich anfühlte, als ob er bei jedem Pulsschlag mit einem schweren Hammer bearbeitet würde. Er lag wohl in einem Bett, doch eine Bandage um seinen Kopf verhinderte, dass er sich umsehen konnte. Also konzentrierte er sich mit einem ersten Impuls von Panik auf das, was er hörte. Da war entfernter Straßenlärm, zumindest glaubte er, etwas Derartiges zu vernehmen. Wesentlich lauter wurde gleichzeitig ein Wagen durch den Gang vor dem Zimmer geschoben. Dann brach die nächste Schmerzwoge über ihn herein, die alles bewusste Denken bis auf weiteres ausschaltete.

Wie lange er so lag, konnte Alex nicht sagen. Zeit hatte jede Relevanz verloren. Irgendwann öffnete sich eine Tür und Schritte näherten sich. Als einzige Reaktion darauf brachte er aber nur ein ersticktes Japsen und ein mattes Heben der rechten Hand zustande. Diese wurde bereits nach kurzem Weg von einer Schlaufe abgestoppt, woraufhin gleichzeitig ein stechender Schmerz durch seinen Handrücken jagte. »Ach herrje, sie sind ja wach! Augenblick, das haben wir gleich!« Alex hörte nochmals Schritte, dann das Geräusch von schabendem Plastik über ihm. »So, das sollte genügen.«

Fast sofort driftete Alex wieder weg.

Beim nächsten Erwachen meldeten sich auch die Schmerzen augenblicklich wieder, wenn nun weitaus erträglicher. Um ihn herum herrschte Stille. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten, während er versuchte, seinen Verstand zusammenzuklauben. Er schien mental durch Kleister zu waten, selbst die einfachsten Überlegungen kosteten ihn wahnsinnige Anstrengungen. Wie war er hierhergekommen? Und wo war hier überhaupt?

Mühsam versuchte er sich zu erinnern. Karel kam ihn in den Sinn, der ihm Arbeit anbot. Eine Wohnung ausräumen? Nein, ein Haus. Ein großes Haus. Aber was dann? Sein Gedächtnis verweigerte bockig jeden weiteren Dienst. Frustriert schnaubte Alex und tastete stattdessen auf der Matratze herum. Wie auch beim letzten Mal wurde der Versuch bald aufgehalten. Allerdings handelte es sich nicht um Fesseln, sondern eher um große Schlaufen, in denen seine Arme steckten. Nun ergab auch der Schmerz in der rechten Hand Sinn, denn hier hing er wohl an einem Tropf.

Das durch und durch widerwärtige Gefühl einer Nadel unter der Haut hatte er nach einem Unfall vor einigen Jahren schon einmal verspürt. Und je länger er nachdachte, desto wahrscheinlicher wurde dieser Gedanke. Er lag im Krankenhaus. Ein Unfall also? Ein alter Schrank, ins Rutschen geraten ... Wie ein Ertrinkender im Angesicht eines Rettungsrings stürzte er sich auf diese neue Erinnerung. Was war passiert? Er konnte nur mutmaßen, fand aber keine weiteren Antworten, bis er wenig später erneut wegdämmerte.

Ja, definitiv in einem Krankenhaus. Das dritte Erwachen konnte nur als abrupt bezeichnet werden. Die Tür wurde aufgerissen und Schritte näherten sich, was Alex förmlich vor Schreck im Bett stehen ließ. Zwei Frauen unterhielten sich leise und rumorten dabei laut im Raum herum. Als er etwas sagen wollte, brachte er nur ein heiseres Krächzen zustande, dennoch bekam er die gewünschte Aufmerksamkeit. »Guten Morgen, Herr Richter. Die Frage, wie Sie sich fühlen, erspare ich mir wohl besser.« Eine volle Frauenstimme, die Alex unweigerlich Rückschlüsse auf einen gewaltigen Klangkörper bescherte. »Machen Sie sich keine Sorgen, es kommt alles wieder in Ordnung.«

Schon beim Sprechen trat die Schwester an sein Bett heran und schien sich erneut am Tropf zu schaffen zu machen. »Mit dem Frühstück warten wir noch, aber möchten Sie etwas zu trinken?« Schlagartig wurde Alex klar, wie durstig er war. Abermals brachte er nur ein Krächzen als Antwort heraus, das aber scheinbar bejahend genug klang, denn bald schon wurde ihm eine Schnabeltasse an die Lippen gehalten. Gierig schlürfte er den lauwarmen Pfefferminztee darin, bis die Tasse viel zu früh wieder abgesetzt wurde. »Ein Arzt wird so bald wie möglich nach Ihnen sehen. Und wegen Ihrer Augen, es ist wirklich alles in Ordnung. Der Verband ist eine reine Sicherheitsmaßnahme aufgrund ihrer Kopfverletzung.«

Zwei Stunden später wurde Alex durch eine Männerstimme aus seinem Halbschlummer geweckt, in welchem er die Wartezeit verbracht hatte.

»Herr Richter? Sind Sie wach?« »Jetzt ja!«, brummte er säuerlich zur Antwort. »Freut mich zu hören. Mein Name ist Wagner, ich bin ihr behandelnder Arzt. Wie stark sind die Schmerzen im Moment?« Zu seiner Überraschung hielt sich das allgemeine Schmerzniveau in Grenzen. »Geht so!«, gab er vorsichtig zurück. »Was ist mit mir geschehen?«

Der Arzt umrundete das Bett. »Sie erinnern sich nicht?«, fragte er, wobei sein Tonfall mehr nach einer Feststellung, denn nach einer Frage klang.

Alex überlegte ein weiteres Mal und schüttelte dann den Kopf, nur um es sofort zu bereuen.

»Nein!«, presste er hervor. »Ich weiß nur noch, dass ich mit Karel ein Haus entrümpeln wollte und der Sack mich mit einem Großteil der Arbeit alleingelassen hat.«

Das leise Lachen Wagners klang erheitert. »Nun, an die wichtigsten Details scheinen Sie sich ja noch zu erinnern.« Dann wurde er aber schlagartig ernst. »Sie haben eine nicht unerhebliche Kopfverletzung davongetragen. Diese dürfte auch die Ursache für ihre momentane Amnesie sein.« Bevor Alex darauf etwas antworten konnte, sprach der Mann weiter.

»Hinzu kommen mehrere Traumata an ihrem Rücken. Was genau geschehen ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, dass wir einige, teilweise recht große, Glassplitter entfernt haben. Glücklicherweise ist Ihre Wirbelsäule unversehrt geblieben! Da fallen die Schnittverletzungen an den Unterarmen nicht mehr sonderlich ins Gewicht.«

Das musste Alex erst einmal sacken lassen. Seine nächste Frage klang auch dementsprechend zögerlich. »Ich komme also wieder in Ordnung?« Zunächst erhielt er keine Antwort, stattdessen legte das Rascheln von Papier nahe, dass der Arzt die Krankenakte durchsah. »Wenn sich während des Heilungsverlaufs keine Komplikationen ergeben, sind Sie bald wieder ganz der Alte. Ihre Rückenmuskulatur ist verhältnismäßig gut ausgeprägt und hat ein tieferes Eindringen der Scherben verhindert. Innere Organe wurden ebenfalls nicht verletzt!«

Alex zwang sich zu einem Lächeln. »Also waren die Klimmzüge doch für etwas gut!« Gemächlich nahm das Pochen in seinen Schläfen wieder zu und machte das Nachdenken zur Qual. »Ich kann mich wirklich an gar nichts erinnern. Alles ist wie weggewischt!« Er atmete langsam aus. »Wird sich das nochmal ändern?« Der Arzt zog die Luft zwischen den Zähnen hindurch und schnalzte nachdenklich mit der Zunge. »Schwer zu sagen! Manchmal ja, manchmal nein. Allerdings …« Alex runzelte verwundert die Stirn, als Wagner nicht weitersprach.

Schließlich soufflierte er. »Allerdings …?« Die Schritte kamen näher auf ihn zu. »Ich fürchte, Sie sind Opfer eines Verbrechens geworden. Die Kripo Regensburg ermittelt momentan und möchte auch mit Ihnen sprechen, sobald ich Sie für vernehmungsfähig erkläre!«

»Oh …« Mehr brachte Alex nicht heraus. Er sollte wohl erschrocken ob dieser Nachricht sein. Dennoch ließen ihn die Worte des Arztes überraschend kalt. So sehr er den Gedanken mental auch hin und her rollte, er kam zu dem Schluss, dass er ja noch lebte. »Und wie lange wird das noch dauern?« Wagners Stimme klang nachdenklich. »Zwei bis drei Tage, würde ich vermuten. Bis dahin sollte die Gehirnerschütterung zu einem guten Teil abgeklungen sein.« »Wenn alles gut geht?«, fragte Alex gedehnt. »Davon ist auszugehen. Ihr Kopf ist so weit in Ordnung, die Rückenverletzungen waren der weitaus kritischere Teil. Und vielleicht ist bis dahin Ihre Erinnerung zurückgekehrt.« Papiere wurden auf dem Tisch abgelegt, dann entfernten sich die Schritte. »Leider muss ich jetzt weiter, Herr Richter. Lassen Sie sich das Abendessen schmecken. Die Schwester wird nachher noch die Augenabdeckung entfernen. Morgen früh sehen wir uns zu einer gründlichen Untersuchung!« »Klar!«, antwortete Alex lakonisch. »Ich werde da sein! Hab sonst nix vor.«

Der Arzt zog ohne Antwort die Zimmertür hinter sich zu, derweil Alex noch versuchte, eine Liegeposition zu finden, die ansatzweise ertragbar war.

Acht

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