Читать книгу Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas Brandhorst - Страница 33

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Kapitel 28

Der Tag neigte sich dem Ende zu. Einer wie viele, beinahe austauschbar, wäre nicht die Demütigung des Vordenkers gewesen: ein ermüdender, monotoner Marsch. Teil des großen Marschs, der sie schließlich zum Mittelpunkt der PAN-THAU-RA bringen würde.

Lef-Krar hatte den Helm ausgefahren. An-Keyt sah Bilder über die Innenfläche huschen, die den Höckerwulst des Navigators in wechselndes Licht tauchten. Der Loower kommunizierte mit dem Helk des Trupps, ging mit ihm zusammen in Frage kommende Nachtquartiere durch. An-Keyt konnte an den Gesten des Navigators den Verlauf des Gesprächs ablesen. Lef-Krar hatte die Eigenart, seine Worte stets mit Bewegungen der Tentakel zu unterstreichen, und sie war offenbar so tief in ihm verankert, dass er sie auch im Umgang mit einem Gesprächspartner nicht ablegen konnte, der ihn optisch gar nicht wahrnahm.

An-Keyt verfolgte mehrere Ablehnungen in schneller Folge, dann eine kurze Diskussion, schließlich die Zustimmung des Navigators.

Er klappte den Helm ein. »Hier lang«, verkündete er und zeigte auf eine Abzweigung. »Es ist nicht weit.«

Dankbar für die Aussicht, einen anstrengenden Tag endlich abzuschließen, wollte der Trupp aufbrechen, aber der Vordenker ging dazwischen.

»Halt! Wer hat den Befehl gegeben, das Nachtquartier aufzusuchen?«

Er bekam keine Antwort. Sie war zu offensichtlich. Wozu einen Befehl für das, was der einzig vernünftige nächste Schritt war, der gemeinsame Wille des Trupps?

Schließlich sagte Lef-Krar: »Niemand.« Er atmete tief durch. »Es ist selbstverständlich dein Privileg, ihn zu geben.«

»Richtig.«

»Worauf wartest du dann?«

»Auf den richtigen Moment. Er ist noch nicht gekommen.«

»Was ...?«

Die Helme des Trupps klappten hoch. Der Vordenker hatte seinen Primärkode benutzt.

»Sieh dir das an!«, hörte An-Keyt seine Stimme aus den Akustikfeldern dringen. »Was sagst du hierzu?«

Die Frage war an den Navigator gerichtet. An-Keyt sah auf der Schemadarstellung ein Neuneck. Es pulsierte orange.

»Was soll ich dazu sagen? Es ist ein potentielles Feindnest.«

»Richtig. Und?«

»Wir passieren jeden Tag Dutzende von ihnen und überlassen sie dem Helk. Sobald die Helk-Module den unmittelbaren Bereich um unser Nachtquartier gesichert haben, werden sie sich darum kümmern.«

»Wie lange wird es bis dahin dauern?«

»Einige Subeinheiten vielleicht. Der genaue Zeitraum lässt sich nicht vorhersagen, weil wir nicht wissen, worauf sie bei der Säuberung stoßen werden.«

»Einige Subeinheiten. Oder mehr. Was ist, wenn die Flachaugen bis dahin die Flucht ergriffen haben?«

»Was soll schon sein?« Lef-Krar gab sich zunehmend weniger Mühe, die Genervtheit aus seiner Stimme herauszuhalten. »Dann erwischen wir sie morgen oder übermorgen oder was weiß ich wann. Sie können uns nicht entkommen. Es gibt keine Lücke in unserem Vormarsch. Der Plan sieht sie nicht vor.«

»Falsch. Uns können sie schon entwischen. Willst du die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie in einen anderen Sektor fliehen und dort womöglich unersetzliche Loower-Leben nehmen?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Schön. Ich wusste, dass du einsichtig bist. Wieso machst du nicht öfters von deiner Klugheit Gebrauch, Lef-Krar?«

Die Tentakel des Navigators zuckten vor, verschränkten sich in einem Griff, mit dem er spielend eine Flughaut hätte abreißen können. »Ich ziehe einige Helk-Module ab, die sich um das Nest kümmern«, sagte er betont ruhig.

An-Keyt glaubte, die Krise sei damit ausgestanden, Negan-Parrs Bloßstellung wenigstens fürs Erste gesühnt. Sie irrte sich.

»Nicht doch«, hakte der Vordenker nach. »Es wäre äußerst unklug, Helk-Module von der Sicherung des Nachtquartiers abzuziehen. Willst du uns alle gefährden, Navigator?« Die Stielaugen des Vordenkers waren jetzt ganz ausgefahren. Er wollte sichergehen, dass er keine Einzelheit seiner Vergeltung verpasste. »Das wäre unverantwortlich. Wir erledigen das selbst.«

Protest war sinnlos. Der letzte Rest Peschtan, das den Soldaten vielleicht noch Mut zur Rebellion eingeflößt hätte, war längst aus den Adern gewaschen. Negan-Parr war der Vordenker. Er hatte einen Befehl gegeben, ihn stichhaltig begründet. Die Soldaten mussten ihm gehorchen.

Der Trupp brach zu dem Feindnest auf, umzingelte es in einer weiten Sphäre.

»Simultanangriff in fünf Subeinheiten«, befahl der Vordenker. »Ich bleibe zurück und koordiniere.«

An-Keyt hatte es nicht anders erwartet. Ihr war übel. Sie wollte nicht mehr länger töten. Aber sie wollte ebenso wenig sterben. Doch was konnte sie tun? Sie konnte den Befehl unmöglich verweigern, sie hätte ebenso gut den Strahler auf sich selbst richten können. Ihr Ende wäre nur schneller gekommen und schmerzloser gewesen. Ihr blieb keine Wahl, sie musste den Angriff mitmachen. Vielleicht, hoffte sie inständig, war es ein Orterfehler, und das Nest war verlassen. Es kam vor.

»Vordenker?«, hörte sie die Stimme des Navigators.

»Ja, was ist, Lef-Krar?«

»Ich halte dieses Vorgehen für unklug. Es ist un-entelechisch.«

An-Keyt ruckte unwillkürlich hoch. Ein gravierenderer Vorwurf war für Zweidenker undenkbar.

»Un-entelechisch ...« Der Vordenker hatte hörbar an ihm zu kauen. »Und wie kommst du darauf, Soldat?«

»Die Neo-Entelechie ist nicht zuletzt die Lehre des optimalen Einsatzes von Ressourcen, um das objektiv als richtig erkannte Ziel zu erreichen.«

Ein weiterer Affront. Lef-Krar wagte es, dem Vordenker öffentlich grundlegende Lehrsätze zu zitieren, als wäre er ein Novize.

»So ist es«, pflichtete Negan-Parr bei. Er war verwirrt. »Ich sehe nicht, was das mit unserer ...«

»Der Zusammenhang ist offensichtlich. Die von dir vorgeschlagene Angriffsstrategie wäre eine Ressourcenverschwendung.«

Die Sprachblase des Vordenkers bebte so stark, dass feuchter Nebel um den Höckerwulst aufstieg. Negan-Parrs Tentakel, der sich um den entsicherten Strahler klammerte, zuckte. An-Keyt hatte eine Vision: Sie sah, wie der Vordenker auf den Navigator anlegte und ihn erschoss. Lef-Krar war ihm schon immer ein Dorn im Auge gewesen, eine Lästigkeit in guten Tagen, an einem Tag wie diesem ein tonnenschweres Gewicht, das dem Vordenker die Luft abzudrücken drohte. Lef-Krar drohte ihm die sicher geglaubte Vergeltung zu rauben, sie in eine neue Demütigung zu verwandeln. Der Vordenker, war sich die Loowerin sicher, würde dem Druck nicht mehr standhalten können.

Doch An-Keyt hatte Negan-Parr unterschätzt. »Sprich weiter, Soldat!«, befahl er beherrscht, wenn auch mühsam.

»Unser Angriff wird sich deutlich auf den Ortern des Feindes abzeichnen. Unsere erste Priorität muss deshalb sein, für die Zeit nach dem Angriff Vorkehrungen zu treffen, unser Quartier so gut wie nur irgend möglich zu sichern.«

Die Logik des Navigators war makellos. Negan-Parr schwieg für einige Augenblicke, dann sagte er: »Was schlägst du vor, Soldat?«

»Ich bleibe zurück. Als Navigator ist es meine Pflicht, den Weg und das Quartier des Trupps abzusichern. Ich beaufsichtige die Helk-Module, überwache den Sektor.«

Er steigt aus!, schrillte es in An-Keyts Gedanken. Er muss den Angriff nicht mitmachen!

Neid überkam sie. Sie wollte ebenfalls zurückbleiben. Nur wie? Sie hatte keine Fähigkeiten, die sie für irgendetwas anderes prädestinierten als zum Töten.

Der Vordenker stieß in einem sprühenden Strahl die Luft aus den Lungen. »Also gut«, fügte er sich in das Unvermeidliche. »Du bleibst zurück, Lef-Krar. Ich führe den Angriff. Zufrieden?«

»Das ist keine Angelegenheit von Zufriedenheit«, entgegnete der Navigator. »Es ist lediglich gute Entelechie.«

Negan-Parr ließ seine Stielaugen auffordernd kreisen. »Wir schwärmen aus!«, rief er, bemüht, den Augenblick seiner missglückten Vergeltung hinter sich zu lassen, ihn im Rausch des Kampfs vergessen zu machen.

Aber Lef-Krar war noch nicht fertig. »Da ist noch etwas, Vordenker.«

»Was?« Negan-Parr wirbelte herum.

»Es wäre unklug, unsere gesamten Ressourcen auf die Eliminierung eines einzigen Feindnests zu verwenden. Ich schlage vor, dass An-Keyt als Reserve zurückbleibt. Sie kann mit mir zusammen Verstärkungen abfangen, sollten die Flachaugen versuchen, welche heranzuführen. Wir sollten auch die Möglichkeit eines Hinterhalts nicht ausschließen.«

Die Worte des Navigators trafen An-Keyt wie ein elektrischer Schlag, ihre Stielaugen kreisten verwirrt. Sie glaubte ihren Sinnen nicht. Hatte sie gehört, was sie eben gehört hatte? Es schien unmöglich, unwirklich wie ihre Begegnung mit dem Fremden. Es war unmöglich. Wieso sollte Lef-Krar sich um sich kümmern? Er hatte ihr noch nie besondere Beachtung geschenkt. Wieso jetzt?

An-Keyt zwang ihre Augen zur Ruhe, sah zum Vordenker. Der Druck auf Negan-Parr war zu viel. Er fiel in sich zusammen, wie ein Ballon, aus dem man die Luft entließ. Er war gebrochen. Für den Augenblick wenigstens. »Was immer du willst, Soldat«, brachte er flüsternd hervor. »Wieso gerade An-Keyt?«

»Sie ist eine gute Kämpferin. Aber sie ist erschöpft. Die Züchtigung gestern hat ihre Kräfte in besonderer Weise angegriffen. Wir tun gut daran, ihr die Möglichkeit zu geben, sich zu sammeln.«

An-Keyt war wie erstarrt. Was hast du vor, Lef-Krar?, schrie es in ihr. Was weißt du? Was willst du von mir?

Es konnte nichts Gutes sein.

Betäubt verfolgte sie, wie ein Soldat nach dem anderen sich auf den Weg zu seiner Angriffsposition machte, bis nur noch der Vordenker, der Navigator und sie zurückblieben.

»Worauf wartest du noch?«, schnauzte der Navigator sie an. »Geh an deine Position, Soldatin!«

An-Keyt machte sich auf, brachte das Feindnest zwischen sich und den Navigator. Sie war wie eine Schlafwandlerin, nahm ihre Umwelt nur am Rande wahr.

Der Angriff begann. Auf die Loowerin, die ihn über das Rundumdisplay ihres Helms verfolgte, wirkte er wie eine Aufzeichnung, die Wiederholung eines Films, den sie bereits viel zu oft gesehen hatte. Wände glühten auf, zersprangen in Funken. Ihre Kameraden stießen in das Nest wie Geschosse, angetrieben von ihren Flugaggregaten und eröffneten das Feuer. Die Flachaugen drängten sich in den Ecken aneinander. In den wenigen Momenten, bevor sie starben, fand keine Gegenwehr statt.

An-Keyt zog ihre Stielaugen ein, wollte nicht zuschauen, wie ihre Kameraden durch die Reste stöberten. Den Tod, den sie gesät hatten, für das Oberkommando dokumentierten und in Zahlen fassten.

Etwas berührte sie an der Flughaut.

Sie sprang hoch, ihre Stielaugen preschten vor – und sahen Lef-Krar, der vor ihr stand und beruhigend gestikulierte. Klapp deinen Helm ein!, befahl er ihr wortlos.

Sie tat es.

Der Navigator beugte sich ganz nahe an sie heran, so nahe, bis ihre Höcker einander beinahe berührten, und flüsterte: »Ich weiß es. Ich weiß, dass du die Züchtigung nicht mitgemacht hast.«

An-Keyt wollte ihm widersprechen. Doch in den Momenten, die sie brauchte, um eine Entgegnung aus dem Aufruhr ihrer Gedanken zu formen, wandte sich der Navigator ab und ging den Gang entlang.

»Lef-Krar!«, brachte sie endlich hervor, gerade, als der Loower sich anschickte, um eine Biegung zu verschwinden. »Warte!«

Der Navigator beachtete sie nicht.

Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband)

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