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13 – Duval du Noir

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»Professor, was ist mit Ihnen?« Amore schaute besorgt auf den Professor. Was war nur los mit ihm? Hatte er sich den Magen mit etwas verdorben? Gleich nach dem Frühstück, kurz bevor sie zum Louvre aufbrechen wollten, überkam Gräulich urplötzlich ein Gefühl des Unwohlseins, so dass der Besuch des Louvres auf einen anderen Tag verschoben wurde.

Da auch Madame sich nicht wohlfühlte, hatte auch sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen.

Sie hoffte, dass sich Evelyn wieder bei ihr melden und sich mit ihr aussöhnen würde.

Quentin und Kim wiederum zogen es auf Grund dessen vor, den Tag alleine zu verbringen und mit Cemetery Car ein wenig von der Gegend Frankreichs zu erkunden.

Salvatore, der sich sehr um den Professor sorgte, entschied sich dafür, ihn nicht alleine zu lassen, sondern mit ihm nach oben zu gehen.

Gräulich wehrte ab, kam jedoch gegen Salvatores Fürsorge nicht an.

Kaum im Zimmer angelangt, wurde der Professor von Übelkeit und Schwindelgefühl geplagt, so dass er es vorzog, sich ins Bett zu legen. Es dauerte auch nicht lange und er war eingeschlafen.

Nach wenigen Minuten bemerkte Salvatore, der im Sessel saß und den Professor nicht aus den Augen ließ, dass das Gesicht des Professors rot glühte. Besorgt setzte er sich zu ihm ans Bett. Mit der Hand fühlte er seine Stirn. Gräulichs Stirn glühte.

Fieber, er hat Fieber, sorgte sich Salvatore.

Gräulich bäumte sich auf, den Blick verwundert auf Salvatore gerichtet, doch noch, bevor der Professor etwas sagen konnte, sank er ohnmächtig aufs Kissen zurück. Eine Vision hatte den geschwächten Körper Gräulichs überkommen …

Duval du Noir war glücklich. Er hatte alles, wovon er bisher geträumt hatte. Dennoch gab es in seinem Glücklichsein eine Einschränkung, doch darüber redete Duval du Noir nur ungern.

Zusammen mit seiner Frau Riviera hatte er das Hotel nach seinen Wünschen erbauen lassen. Es war ein nobles, sehr anspruchsvolles Hotel. Seinen Namen Le Petite verdankte das Hotel der Liebe Duval du Noirs zu seinem Sohn Richelieu.

Riviera du Noir jedoch war keine glückliche Frau. Sie war oftmals sehr launenhaft, worunter Duval du Noir und das Personal des Le Petites sehr zu leiden hatten.

Mitunter schloss sie sich tagelang in ihrem Zimmer ein, dann wiederum war sie stets und überall gegenwärtig.

Die Du Noir war eine rassige Französin. Ihr schwarzes Haar fiel ihr wallend auf die Schultern und ihre grünen Augen blickten oftmals sehr missgünstig drein. Dabei hatte Riviera du Noir alles, um glücklich sein zu können. Alles bis auf eins: Sie hatte sich so sehr bei der Geburt ihres Sohnes Richelieu gewünscht, dass sie ein Mädchen zur Welt bringen würde. Wie groß war ihre Enttäuschung, als sie sah, dass sie einen Jungen zur Welt gebracht hatte. Ausgerechnet einen Sohn. Einen Sohn, den sie niemals gewollt hatte, hatte sie gebären müssen. Sie wollte keinen Sohn, hatte niemals den Wunsch nach einem Sohn verspürt. Und sie nahm es dem Jungen persönlich übel, dass er als solcher das Licht der Welt erblickte. Riviera konnte ihr Kind nicht leiden, lehnte ihn ab. Und so behandelte sie Richelieu auch. Wann immer sie konnte, bestrafte sie den Jungen, oder gab ihn, aus nichtssagenden Gründen heraus, zum Küchenpersonal, das wiederum auf Richelieu aufzupassen hatte.

Duval du Noir beobachtete dies mit Missfallen, dennoch ließ es seine Zeit nicht zu, sich mehr um den Jungen zu kümmern, als er es ohnehin schon tat. Jede freie Minute versuchte Duval mit Richelieu zu verbringen.

Die Situation wurde fast unerträglich, als ein Zimmermädchen, Mariélle, schwanger wurde. Dieser hatte eine alte Zigeunerin weisgesagt, dass sie ein gesundes Mädchen zur Welt bringen würde. Überglücklich erzählte sie dies im Le Petite, so dass auch Madame du Noir davon erfuhr. Mit einem falschen Lächeln sah sie das Zimmermädchen an, versprach sich in Bälde um sie zu kümmern und verabschiedete sich unter einem fadenscheinigen Vorwand.

Von Neid zerfressen zog sie sich auf ihr Zimmer zurück.

Am Abend des gleichen Tages stieg Philippe Lafaiette im Le Petite ab.

Ohne es zu wissen, oder gar zu ahnen, sollte Philippe Lafaiette zu Riviera du Noirs Schicksal werden.

Sie sich gegenseitig ihr Schicksal sein sollten.

Während einer kurzen Unterhaltung mit dem neuen Gast, erfuhr die Du Noir, dass der Mann ein Maler, ein vielseitiger Künstler war. Doch Philippe Lafaiette war kein gewöhnlicher Maler. Er war ein Künstler auf seinem, einem ganz speziellen Gebiet: dem Gebiet des Tarotkartenmalens.

Tarotkarten, mit deren Hilfe den Menschen ihre Zukunft geweissagt werden konnte.

Als Riviera du Noir davon hörte, sah sie die Chance für sich. Sie beschloss, sich Philippe Lafaiette anzunehmen, und so mehr über Tarotkarten zu erfahren. Darüber, wie sie zu deuten waren, und inwieweit der Maler des Kartendecks Einfluss auf das Schicksal der Frager hatte.

Vor allem aber, inwieweit der Kartendeuter in der Lage war, das Leben der Fragenden zu beeinflussen.

In Philippe Lafaiette erhoffte sich Riviera du Noir den Mann kennen gelernt zu haben, mit dessen Hilfe sich ihr Leben so verändern würde, wie sie es sich wünschte. Schon immer ersehnt hatte. Der ihr dabei behilflich sein sollte, bei ihrem irrwitzigen Streben nach Macht. Den sie benutzen wollte, um ihre wahnwitzige Gier zu stillen.

Sein Tarot, Philippe Lafaiettes Tarot, er würde sie zu ihrem Ziel führen. Mit ihm würde sie die Macht besitzen, nach der sie schon ihr Leben lang strebte. Und sie würde sich rächen. Rächen an all den Menschen, für das, was man ihr als Kind, als sie noch in armseligen Verhältnissen lebte, angetan hatte. Sie würde herrschen und beherrschen, sie wäre die mächtigste Frau auf der Welt. Sie, und nur sie alleine: Riviera du Noir!

Der Tarot, er wies ihr Wege, von denen sie im Traum nicht gewagt hatte, daran zu glauben, dass ihr diese jemals vergönnt sein würden. Alles würde sie mit dem Tarot tun können, wäre er erst einmal zu Ende gemalt, und in ihren Besitz gelangt. Vor ihren Augen wurden ihre bösartigsten und durchtriebensten Wünsche wahr. Sie erkannte, wozu sie mithilfe des Tarots in der Lage sein würde.

Sah, wie sie gleichzeitig andere würde bestrafen können, wäre sie erst einmal in die Kunst der Tarotkartenwahrsagekunde eingeweiht. Und wenn dieser Tag gekommen sein würde, dann wäre sie, Riviera du Noir, als Einzige in der Lage das Leben der Menschen zu bestimmen. Sie lächelte böse, dachte an das Zimmermädchen Mariélle. Mit ihr würde sie beginnen. Ihr würde sie Krankheit und Tod ihres ungeborenen Babys vorhersagen. Und in Gedanken sah Riviera du Noir, wie Mariélle, am Boden zerstört, ihr totgeborenes Mädchen in den Armen wiegte. Tränenüberströmt und mit gebrochenem Herzen.

Ein durchtriebener, bösartiger Ausdruck machte sich auf Riviera du Noirs Gesicht breit. Ja, sie würde mit diesen Karten Macht besitzen. Eine Macht, die es ihr ermöglichen würde, die Pläne der Menschen zu durchkreuzen. Sie würde mit ihnen das Böse in die Welt bringen. Es würde nur einen Menschen geben, der mit dem Tarot die Herrschaft besitzen würde, und dieser Mensch würde sie, Riviera du Noir, sein.

Macht! In der Welt ging es immer nur um Macht, und diese würde sie haben. Sie alleine. Riviera du Noir!

Gräulich schlug die Augen auf. Mit fieberglühendem Leuchten sah er Salvatore Amore an. Leise flüsterte er: »Der Tarot … Die Karten … Die Geschichte des Le Petites …, mehr … herausfinden …« Bereits im nächsten Augenblick verfiel der Professor in Fieberphantastereien, von denen Salvatore kein einziges Wort verstand. Nur undeutliches Nuscheln kam über Gräulichs Lippen.

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