Читать книгу Was wäre, wenn ... - Angelika Rohwetter - Страница 40
3.1 Focusing
ОглавлениеFocusing ist eine Psychotechnik, die wir intuitiv selbst im Alltag anwenden. Wir fühlen ein diffuses Unbehagen, wenn das deutlich genug ist, suchen wir nach der Ursache. Das Überraschende ist, dass das Unbehagen schon nachlässt, wenn wir seinen Grund gefunden haben. Ein Beispiel: Irgendetwas grummelt den ganzen Tag, macht uns unruhig und ängstlich. Dann erkennen wir, dass wir ja noch Tante Birgit eine Geburtstagekarte schicken wollten. (Der Grad des Unbehagens ist unabhängig von Grund.) Schon lässt das Unbehagen nach und wir können die Ursache beseitigen oder zumindest nach einer Lösung suchen.
Als ebenso schnelle Hilfe, ist das Focusing besonders geeignet für eine Kurzzeittherapie. Es geht um die Benennung eines Grundkonfliktes. Bei einer ausführlichen Anamnese lässt sich ein solcher Fokus relativ leicht finden, besonders bei Patienten, in deren Leben sich zum Beispiel verschiedene Konflikte wiederholen. Es wird ein Satz gebildet, der zuerst das Problem beschreibt, dann das dazugehörende Gefühl und schließlich das innere Programm (den Glaubenssatz) der Patientin. Der Satz einer ängstlich-vermeidenden Patientin lautete zum Beispiel »Wenn ich autonom bin und tue, was ich mag, wird meine Mutter krank.«
Das Fokussieren eignet sich übrigens auch sehr gut als Selbsthilfe-Übung. Hilfreich dabei ist das Buch des austro-amerikanischen Philosophen Eugene Gendlin (1988), der diese Methode entwickelt hat. Für Kolleginnen empfehle ich das Buch des Psychotherapeuten Klaus Renn (2016).
Beim Focusing geht es schlicht um das Verstehen, nicht ums Diagnostizieren oder Pathologisieren. Besonders hilfreich ist diese Methode in der Paartherapie: Gelingt dem Paar eine Formulierung im WIR? Dabei kann es sich ebenso um eine gemeinsame (auch positive) Grundfantasie handeln wie um den gemeinsamen Satz zu dem Konflikt, der sie in die Therapie gebracht hat.