Читать книгу Der perfekte Teller - Anke Noack - Страница 3

Wie alles begann

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Es ist hektisch. Es ist laut. »Tisch 4 – in 30 Sekunden«, raunt es im Kommandoton Richtung Küche – mein erster Tag als Praktikantin, ich stehe am Pass des »Petrus«, eines Sterne-Restaurants in London. Und ich staune über das gut eingespielte Küchenorchester: Exakt 30 Sekunden nach der Ansage tritt ein Koch nach dem anderen heran, es geht blitzschnell. Auf kleinen Tellerchen werden dem Chefkoch Zutaten für die Gerichte gereicht, die die Gäste an Tisch 4 bestellt haben. Unter einer Wärmelampe richtet der Küchenchef einen Teller nach dem anderen an.

Akribisch arrangiert er Selleriepüree, Rinderfilet – natürlich perfekt gebraten –, Artischockenhälften, kross gebratenen Speck, angebratene Zwiebelringe, Kräuter und zu guter Letzt die Sauce auf einem Teller zu einem wahren Kunstwerk … Ich komme mir vor, als ob ich einem Künstler beim Malen über die Schulter schaue. Dann tupft der Chefkoch mit einem Lappen noch kleine, kaum sichtbare Tröpfchen weg – fertig, schon ist der Teller auf dem Weg zum Gast. Guten Appetit!

Während ich Teller um Teller beim Anrichten zuschaue, wird mir klar: Die einzelnen Zutaten sind nicht nur Teile eines Gerichts für den Gaumen, sie sind auch Teile eines kunstvoll geplanten Mosaiks für das Auge. Der Geschmack des Essens ist ein wesentlicher Aspekt. Das ideen- und detailreiche Anrichten aber macht den feinen Unterschied zwischen Essen und Genuss. Es macht aus einem guten Essen eine Augenweide, aus einem Abendessen ein Erlebnis.

Das funktioniert nicht nur in der Sterneküche so, sondern auch zu Hause. Allerdings fehlen uns meist die Ideen, die Geduld und das Wissen, wie man mit ein paar Tipps und Tricks in der heimischen Küche Mahlzeiten zubereitet, die auch optisch begeistern. Nach diesem Aha-Erlebnis nutzte ich daher mein Praktikum im »Petrus«, um möglichst oft beim Anrichten zuzuschauen und möglichst viele Ideen und Kniffe kennenzulernen. Die Wochen an der Themse waren – neben weiteren Praktika in anderen Restaurants – Teil meiner Auszeit, die ich mir nach etlichen Jahren als Juristin im Filmbereich gegönnt hatte, um meinen lang gehegten Traum wahr zu machen: den Besuch einer Kochschule in England. In der Tante Marie Culinary Academy lernten wir nicht nur die Grundlagen des Kochens, sondern auch, wie man ganze Tiere auseinandernimmt, Brot backt, Fische filetiert, traditionelle Saucen kocht und wie man das Catering großer Events plant. Während der Olympischen Spiele in London 2012 durfte ich in der VIP-Küche sogar für die königliche Familie kochen.

Ich habe jede Minute dieser intensiven Zeit genossen und unglaublich viel gelernt. Die Lust am Anrichten und die Faszination, welch große Wirkung schon ein kleiner Dreh beim Anrichten haben kann, habe ich mitgenommen in meinen privaten kulinarischen Alltag und in meinen Wiener Supperclub »Genusskartell«. Das ist meine private Experimentierküche und Deko-Spielwiese, in der ich die gelernten Tipps und Tricks ausprobiert und für den Hausgebrauch optimiert habe.

Mit jedem Ausprobieren ist meine Begeisterung gewachsen. Ich habe immer schon gern gekocht – doch mein Erlebnis im »Petrus« hat mir die Augen geöffnet, wie viel es ausmacht, wenn ein Gericht nicht nur gut schmeckt, sondern auch toll aussieht. Und vor allem habe ich verstanden, dass man dazu keine Sterneküche und keine Küchenbrigade braucht: Wenn man ein paar grundsätzliche Dinge weiß, kann man auch mit wenig Aufwand aus jedem Essen ein optisches Erlebnis machen. Probier es aus, der Unterschied ist riesig!

Ich möchte dir mit diesem Buch meine Begeisterung für das Anrichten weitergeben und all die Informationen und Tipps, die du brauchst, um deinen Teller zu Hause kreativ zu gestalten. Das Buch soll Inspirationsquelle und Ideengeber sein, es soll dir wie eine Art Malkasten Farben und Komponenten an die Hand geben, mit denen du spielerisch deine Teller Stück für Stück »zusammensetzen« kannst. Das Wichtigste dabei: Es gibt nicht die eine richtige Art, anzurichten. Erlaubt ist, was dir und deinen Gästen gefällt.

Und jetzt wünsche ich guten Appetit und vor allem: Viel Spaß beim Ausprobieren!



Der perfekte Teller

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