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Terrine von Hering und Hecht

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Ich suchte Hans in der »Wolfsschanze«, wie er seine Bude nennt, auf. Über die Unordnung, die dort herrschte, gerieten wir uns dauernd in die Haare. Aber dank seiner Rabulistik behielt er immer die Oberhand. Du weißt doch, Hannah: Die Idee der Ordnung an sich ist immer etwas arisches, etwas religiöses gewesen. Vom Standpunkt der Ordnung her ist schon die Dialektik eine jüdische Idee, ausschließlich dazu gemacht, den edlen deutschen Geist zu verwirren.

Ich sah mich um. Ein Exemplar von »Der Geheimagent« von Joseph Conrad lag achtlos aufgeschlagen mit dem Rücken nach oben auf dem Fußboden neben dem Bett. Aus dem Chaos stachen Zeichenpapier-Rollen und Farbtöpfchen hervor. Das Evidente verbirgt sich im Offensichtlichen – den Spruch liebte Hans. Einige Töpfchen waren geöffnet, andere geschlossen, viele hatten kein Etikett. Koch zu sein, ist eine Berufung, sagte er und sah grinsend zum Fenster hinaus. Auf der Kommode lag eine vollgekritzelte Speisekarte aus dem Romanischen Café in Berlin und ein zerknittertes Programm des Staatlichen Bauhauses in Weimar mit Feiningers Kathedrale auf dem Deckblatt. Darauf ein Galvanometer als Briefbeschwerer.

Ich kannte seine »Farcen« sehr gut: Natriumchlorat, Zucker, Ammoniumnitrat, Kaliumchlorat, Pikrinsäure, Aluminiumpulver, Silberfulminat, Vaseline, Kieselgur – all das bildete auf dem Tisch und in den Schrankfächern mit Ölfarben und Pigmenten ein wildes Durcheinander.

Das Evidente verbirgt sich im Offensichtlichen. Das erste Mal, als ich ihn eine Bombe basteln sah, meinte er besorgt, darin sei er ja ganz gut, aber schau mal, Hannah: Die Herren in Wien, die sich mit der Seele beschäftigen, sagen, dass diese Fähigkeit auf gewisse Perversionen verweist, die nur noch nicht zum Ausbruch gekommen sind: Pyromanie, Schlafwandeln, Tierquälerei. Man sagt zum Beispiel auch – während er sprach, werkelte er unentwegt mit seinen Substanzen herum –, dass Ravachol berüchtigt gewesen sei für sein exzentrisches Sexualleben. Er verließ das Haus niemals ohne Rouge, Lippenstift und Sprengstoff. Ich weiß noch, dass ich Hans lange ansah, um rauszufinden, ob er mich auf den Arm nehmen wollte.

Das Treffen unserer Zelle war für den Abend angesetzt, nach dem Küchendienst. Diesmal brauchten wir eines von Hans’ Spezialrezepten; und er liebte es bei solchen Gelegenheiten mit Verweis auf seine militärische Ausbildung zu wiederholen, dass die anzurichtenden Schäden massiv und strukturell sein müssten, wenn sie denn Wirkung haben sollten. Beim Rausgehen drehte ich mich noch mal um und fragte: Kennst du eigentlich das Geheimnis von Léon Blum? Er sammelte die Unterwäsche von jungen Frauen!

400 g Hechtfleisch und 100 g geräuchertes Heringsfilet durch den Fleischwolf drehen. Zum Püree Eischnee von zwei Eiern, Salz, Pfeffer und einen Hauch Muskat geben. Kühl stellen. In einem Topf 100 g Brokkoliköpfe blanchieren, salzen, vom Feuer nehmen und kleinschneiden. Das Fischpüree in einer Schüssel mit dem Brokkoli, 200 g Sahne und einer Nuss Butter vermischen und nochmals salzen. Die Hälfte der Masse in eine feuerfeste Form geben, in die Mitte vier geräucherte Heringsfilets legen und mit dem Rest der Masse bedecken. Im vorgewärmten, nicht zu heißen Ofen für etwa 90 min im Wasserbad erhitzen. Die Terrine kalt in Scheiben geschnitten auf geröstetem Brot servieren. Auf jeden Teller einen sauren, mit Zitronensaft beträufelten Apfelschnitz geben.

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