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Großer Kartoffelsalat

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Überall bildeten sich Schlangen: um Brot oder Milch zu kaufen, vor den Postämtern und in den Banken. Einige Metzgereien wurden von verzweifelten Menschen gestürmt, die dabei von Soldaten Unterstützung erhielten. Diese hatten Pistolen und Gewehre, aber nur wenig Munition. Doch das blieben Episoden, in wenigen Minuten war alles wieder vorbei, fast nie wurde geschossen. Dann war es wieder still. Nur der Hass wuchs. Die Masse der Veteranen schwoll mit jedem Tag an, die Ausgedienten vagabundierten durch die Straßen und wirkten gleichzeitig verloren und bedrohlich. Immer mehr Geschäfte machten morgens gar nicht erst auf. Kinder weinten vor Hunger und Kälte. Manche hängten sich still und leise im Keller auf, als ob weiterleben schändlich geworden sei.

Ich war bei Klaus, unserem Buchhändler auf der Breiten Straße, um die Broschüren von Lukács abzuholen, den Kunst- und Erziehungskurs für die Volkskommissare, den er vor ein paar Jahren geschrieben hatte. Klaus wärmte sich an einem Öfchen, das er mit Bänden zum Administrationsrecht nährte, aus der Epoche, die nun alle schon die »Wilhelminische« nennen. Ich hatte ihm eine Schüssel Gemüsesuppe gebracht und er hatte versprochen, mir ein Exemplar von »Geist der Utopie« von Ernst Bloch zu besorgen. Mit Ewa wollten wir uns bei Hans treffen. Wir mussten ihm helfen, Zündschnüre zu basteln. Das war einfach und langweilig. Man musste die Schnüre in Petroleum tränken, dann durch Salpetersäure ziehen und trocknen lassen. Dann steckten wir sie in Trinkhalme aus Stroh. Jeder Halm musste in genau 15 Sekunden abbrennen, nicht mehr, nicht weniger, und das machte es mühsam, die richtige Salpeterdosis herauszufinden. Hans kontrollierte unsere Versuche schon fast obsessiv. Immer wieder ermahnte er uns, dass die selbstgemachten Sprengkörper die gefährlichsten überhaupt seien, höchst instabil, vor allem diejenigen, die schnell und mit großer Sprengkraft explodieren sollten.

Auf 1 kg festkochende und längliche Kartoffeln kommen zwei kleingeschnittene gekochte Heringe, zwei gedünstete und in Scheiben geschnittene Mangoldblätter, zwei gehackte Essiggurken, zwei weiße Zwiebeln und zwei geschälte, entkernte, in Würfel geschnittene Äpfel, ein paar Kapern, ein halbes Glas Honigessig, Salz und Pfeffer. Alles in einer großen Schüssel vermischen, mit 80 g ausgelöstem Schweinespeck übergießen und sofort servieren. In Ostpreußen gibt man etwas sauren Rahm dazu. Die Bauern essen es dann als Hauptgericht, die Wohlhabenden als Beilage zu gebratenem Fisch.

Die rote Köchin

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