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Entenbrust auf Wirsing

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Überall Revolutionen, nirgends die Revolution. Dieses Thema haben wir für das Koordinierungstreffen der Thüringer Räte vorgeschlagen. Wilhelm und Hans sind in München gewesen, wo sie nach vielen Telefonaten und geplatzten Verabredungen Karl Korsch getroffen haben. Er hat sich dann sehr lange mit ihnen unterhalten und ihnen einen langen Aufsatz überlassen, der in Fortsetzungen bald in der »Neuen Zeitung« erscheinen wird. Er heißt »Wandlungen des Problems der politischen Arbeiterräte in Deutschland«. Er wollte alles über die Schule wissen, sagt Hans, sogar den Stundenplan und die Preise in der Mensa. Über Behrens hat er auch unseren »Chef« kennengelernt und war tief beeindruckt.

Architektur interessiert ihn nicht, aber die Idee, dass sie die Materie auf eine höhere Stufe führen und das Bedürfnis nach Form befriedigen könne – und darum geht es im Grunde bei der Ästhetik – fasziniert ihn. Er hat irgendwo gelesen, dass Gropius die Architektur als Ausdruck der Konstruktivität des Bewusstseins definiert. Das erinnert ihn an etwas, das Lenin vor vielen Jahren geschrieben hat. Er wünscht sich sehr eine Zusammenarbeit aller Aktivisten rund um die VKPD und besteht darauf, dass der Friede nicht als Gegenteil des Krieges gedeutet werden dürfe, gerade jetzt, mit tausenden von bewaffneten Veteranen und Millionen zu beweinender Toten. Für ihn ist der Krieg die Essenz der Verbindung zwischen Staat und Geschichte – unvermeidbar, solange es Staaten, Hierarchien und Klassen gibt. Der Friede hingegen gehört zur Lebensform der Gemeinschaft, ja, er ist ihre praktische soziale Hervorbringung. Der Krieg ist ein Ausdruck der bürgerlichen Epoche, der Friede wird der einer künftigen Gesellschaft sein. Der eine ist der Ausnahmezustand für den anderen. Dann lächelte er und verwies auf die dritte Marx’sche These über Feuerbach.

Jetzt war es Zeit, die Geschenke zu öffnen. Ich bekam ein signiertes Exemplar von Heinrich Manns »Der Untertan«, Ewa »Wallenstein« von Alfred Döblin. (Interessant war noch Folgendes: Ein paar Stunden später fragte Ewa Hans: Was ist Korsch eigentlich für ein Typ? Hans hat gelacht. Er trägt einen Schnauzer, ist braun gebrannt, hat einen trainierten Körper und den Blick eines tombeur de femmes.) Dies hier ist ein Bauernessen aus Pommern.

Entenbrüste mit dem Fett parieren, dann kräftig mit »Schießpulver« einreiben – so jedenfalls nannte meine Oma eine Mischung aus 500 g Meersalz und 5 g Salpeter (aber wirklich, meine Damen – seid ihr sicher, dass ihr nicht mehr braucht, witzelte Hans, als wir ihn nach dem Zeug fragten). Dazu kommen 200 g Zucker, 1 EL gehackte Nelken und drei geriebene Zitronenschalen. Die Schinken mindestens zwei Tage kühl und dunkel ruhen lassen, dann trocken säubern und in eine Kasserolle mit 1 EL Schmalz geben. Bei sehr kleiner Flamme braten. Sie sind durch, wenn man mit dem Gabelzinken leicht eindringen kann. Warmstellen. Den Fond fein durchsieben, mit Wasser und einem Glas Weißwein verlängern, salzen und pfeffern und ein Viertel eines jungen Wirsingkopfes darin dünsten. Die Blätter in einer Kasserolle anordnen, eine mit Lorbeer und Nelken gespickte Zwiebel, eine in Viertel geschnittene Karotte, zwei Zehen Knoblauch, einen Zweig Thymian, eine Handvoll gehackte Petersilie zugeben. Auf diesen Boden die Gänsebrüste setzen, jede mit einem Streifen mageren Speck bedecken, salzen und pfeffern und mit dem Kohlfond begießen. Die Kasserolle bei niedriger Temperatur für mindesten 30 min in den Ofen geben.

Die rote Köchin

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