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Gefüllte Zwiebeln

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Die jungen Frauen in Weimar haben begonnen, ein Bändchen am Knöchel zu tragen. Die Mode kommt aus Paris, man zeigt, dass man eine Liaison hat, aber nicht verheiratet ist. Durch das Glasfenster der Werkstatt sehen wir vor Goethes Gartenhaus die ersten Anzeichen des Frühlings. Weiter entfernt wirbt eine Wirtschaft mit roter Schrift auf schwarzem Grund: »Direkt vom Fass«. Die Jungs sagen, es sei das beste Bier der Stadt. Ich habe mir einen Bubikopf schneiden lassen, Ewa und ich haben uns Sachen aus Organdy gemacht. Ihr steht all das besonders gut, weil es ihre slawische Figur betont.

Des Weibes Inhalt ist der Mann, hat Hans sich lustig gemacht, als er mich sah. Aber eigentlich meint er es gar nicht ironisch – ihm gefällt meine neue Frisur so wenig wie meine aktuelle Lektüre: Lou Andreas-Salomé, Rosa Mayreder und Laura Marholm, die Frau des schwedischen Dichters Ola Hansson. Wir haben auch über die Misogynie an der Schule hier gestritten. Zwar akzeptiert man Studentinnen, der Lehrkörper bleibt aber renitent gegen eine weibliche Kollegin. Offensichtlich ist alles viel komplizierter als gedacht. Dahinter stecken wohl einerseits eine Renaissance der »Auslebetheorie«, wie sie in Wien sagen, und andererseits bestimmte Thesen der Kritiker der modernen décadence – in Wirklichkeit Reste eines abgestandenen Konservatismus, analysiert Wilhelm: Diese Leute vertreten die haarsträubende These, es gebe einen Zusammenhang zwischen Homosexualität, Masturbation und künstlerischer Sensibilität, und diese Perversion finde eben im Bauhaus ihren deutlichsten Ausdruck.

Wie auch immer – heute hat Hans mich verärgert mit einem Zitat von Lou Andreas-Salomé, für die die Frau immer noch Hort der Mystik ist, auch der sexuellen. Ich habe mir den Satz gemerkt und ihn mit Ewa diskutiert. Sinngemäß: Auf eine seltsame und sublime Art bewahrheitet sich das, was die schamlos-sinnliche Brutalität von einer zufällig aufgegabelten Frau sagt: Eine ist wie die andere.

Man braucht große, süße Zwiebeln – eine Weimarer Spezialität, die man in den Volksgärten findet, da wo die Überreste der Militärbaracken stehen. Die Zwiebeln schälen und mit der Messerspitze rund um die Wurzel einschneiden. Für 5 min in mit Salzwasser verlängertes kochendes Bier geben. Die Zwiebeln dem Einschnitt folgend aushöhlen und in eine gut gebutterte Form legen. Das Innere fein hacken und mit einer Nuss Butter für vier Zwiebeln bei niedriger Flamme anschwitzen. Sobald sie Farbe angenommen haben, ein paar gekochte und mit der Gabel zerdrückte Kartoffeln, eine Handvoll in Scheiben geschnittene Champignons, einen Hauch Muskat, Salz und weißen Pfeffer beigeben. Das Ganze bei niedriger Flamme ein paar min vermischen. Vom Feuer nehmen und mit Brühe zu schöner Konsistenz bringen. Die Masse in die Zwiebeln füllen, mit Semmelbröseln und etwas Paprika bestreuen; auf jede Zwiebel eine halbe Nuss Butter geben und bei niedriger Hitze im Ofen backen, bis sich eine goldbraune Kruste gebildet hat. Dabei die Zwiebeln immer wieder mit dem Fond und Brühe begießen. Man kann statt Kartoffeln auch Fleischreste nehmen. Sofort servieren.

Die rote Köchin

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