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Wirsingrouladen

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An dem Tag waren wir alle nachmittags in der Webwerkstatt. Muche stand an der frisch geputzten Tafel und erklärte uns eine bestimmte Technik der Farbmischung für Stoffe. Martin langweilte sich: Von der Utopie zur praktischen Anwendung – das ist doch was für Alchemisten. Aber kennst Du denn das Zauberwort nicht? Synthese! Synthese des Heiligen und des Profanen: deutsche Kunst und kapitalistische Technik. Und das während in München andere Alchemisten Blei in Gold verwandeln.

Es war ein wenig Schnee gefallen und das Viertel wirkte gleich hübscher. Von fern drang leise ein Weihnachtslied herüber, zwischendurch immer wieder eine Sirene – Nebelwarnung. Martin hatte mich an etwas erinnert, das ich gelesen, aber vergessen hatte: Die klassische Utopie fordert den Menschen in seinem beständigen Bedürfnis nach Homöostase heraus. An dem Abend hatten wir ein Treffen. Hans hatte mir schon gesagt, worum es gehen würde, und es hieß, geeignete Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Aus München war uns von einem Genossen die offizielle – und natürlich geheime – Mitgliederliste der Thule-Gesellschaft zugespielt worden. Darunter ist ein halbes Dutzend Studenten unserer Schule, die sich in einem Club namens Hammerbund organisiert haben. Noch so ein Rassisten- und Nazinest, sagt Hans, das ganz auf den irren Ideen dieses wahnsinnigen Theodor Fritsch aufbaut. Jedenfalls erklärte dies, wieso in letzter Zeit so viele Dietrich-Eckart-Broschüren und Exemplare des Völkischen Beobachters kursierten.

Weißt Du, Hannah, manchmal bin ich einfach überwältigt von der Absurdität dieser Jahre: Eine falsche Vitalität, die Lügen vom Blut, vom Mythos, vom Willen zur Macht sind an die Stelle der kritischen Analyse getreten und haben Straßen und Plätze mit Blut getränkt. Dann wechselte er plötzlich das Thema und sagte: Ich habe gehört, dass die Truppen von Nestor Machno in der Ukraine verbrannte Erde hinterlassen – was den Großgrundbesitz betrifft; und das, obwohl sie zwischen zwei Fronten stehen, der von Trotzki, grausam und vom Opportunismus angeheizt, und der von General Denikin und seiner blutrünstigen Armee.

Er lächelte. Kennst Du das: »Dimmi bel giovane / onesto e biondo / dimmi la patria / tua quale è …«? Das hat mir Greta beigebracht. Es ist der Anfang eines italienischen Liedes über die Pariser Kommune. Ich fragte ihn: Was bedeutet es für Dich, für die Homöostase zu kämpfen? Er dachte lange nach. Es gibt ein türkisches Gesetz, das den Abriss von Häusern verbietet, die über Nacht gebaut worden sind. Die Häuser heißen auch so, Gecekondu, »nachts hingestellt«, es sind die Häuser der Obdachlosen. In unserer Welt hingegen sind es die Projekte der Nacht, die Neues schaffen, indem sie das Alte in die Luft jagen. In seinem Blick lag Grausamkeit, als er das sagte, ich kannte das: Er dachte an seine »Philosophenküche«.

Von einem Kohlkopf (ca. 2 kg) die äußeren Blätter entfernen, den Kopf waschen und in kochendem Salzwasser blanchieren. Abkühlen lassen und vorsichtig die einzelnen Blätter auslösen. Die großen vom Mittelstrunk befreien, die anderen kleingeschnitten zur Füllung geben: Dafür 200 g Schweinehack mit 200 g Tatar, 3 EL Semmelbrösel, zwei Eier, Muskat, Pfeffer und Salz vermengen. Dazu in Butter und magerem Speck angebratene Frühlingszwiebeln geben. Die Kohlblätter füllen, mit Rouladennadeln schließen, einmehlen und in Butter und Speck anbraten. Kurz vor Fertigstellung ein Glas heißes Wasser oder Brühe und 1 EL Cuminsamen zufügen. Als Beilage Pellkartoffeln, die mit etwas frischem Rahm übergossen werden.

Die rote Köchin

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