Читать книгу Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015 - Antje Ippensen - Страница 13

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Die Anordnung der Apparaturen ist verwirrend. Das beweist mir, dass ich keine Affinität zu so etwas habe. Was war ich sonst in einem Leben, an das ich mich nicht mehr erinnern kann? Die wenigen Fragmente ergeben keinen Sinn. Richtige Erinnerung kann man das also nicht nennen. Sie sind wie Puzzle-Teile, die noch völlig unsortiert sind, doch wer hilft mir, sie zu sortieren, damit sie endlich ein Bild ergeben?

Der Hermione?

Ich denke an ihn – und prompt taucht er wieder auf. Diese undurchsichtige Brühe schwappt leicht. Er lächelt.

„ Ich bin zwar noch nicht wieder ganz neu, aber das wird schon. Dank dir.“

„ Aber du hättest doch auch ohne mich hierher gehen können, um dich zu regenerieren!“, gebe ich zu bedenken.

„ Ja, hätte ich, aber ich brauche dich nach wie vor – und du brauchst mich. Du kannst dich praktisch an gar nichts erinnern, zumindest nicht so richtig, nicht wahr?“

„ Nein!“

„ Wir müssen herausfinden, wer du bist, gemeinsam. Aber zuerst müssen wir zusehen, dass wir von hier verschwinden, ehe die Dinneter den geheimen Zugang entdecken. Und das werden sie. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.“

„ Und wohin sollen wir von hier? Zurück geht ja nicht.“

Ich sehe mich um, doch es gibt keine Tür. Zumindest gibt es keine, die ich als solche erkennen kann.

Der Hermione steigt aus der Nährflüssigkeit und tastet die Maschine aus. Er ist nackt, genauso wie ich. Aber ich bin ein Mann, ganz offensichtlich, weil ich die entsprechenden Geschlechtsmerkmale trage. Im Gegensatz zu ihm. Er ist irgendwie... geschlechtslos.

Aber bin ich wirklich ein Mann? Vielleicht sehe ich einfach nur so aus?

„ Sie hat eine autarke Energieversorgung, diese Maschine hier. Setna sei Dank, denn sonst hätte sie nicht funktionieren können bei dem allgemeinen Energieausfall.“

„ Allgemeiner Energieausfall?“, wundere ich mich.

„ Ja, obwohl dein Bett nicht davon betroffen war. Es hat ebenfalls eine autarke Versorgung, die ich jedoch unterbrechen musste. Es hätte dich nämlich getötet, wäre ich nicht gewesen. Denn durch den allgemeinen Zusammenbruch der Energieversorgung, zumindest in diesem Teil der komplexen MedLabs, wurde automatisch dich betreffend ein Alarm ausgelöst. Das Bett hätte dich nicht mehr auf Dauer unter Kontrolle halten können. Du wärst zu einem unkalkulierbaren Risiko für Senkenberg geworden. Deshalb hätte es dich getötet, statt weiter zu erhalten.“

Ich höre es zwar, aber ich begreife es nicht. Dafür begreife ich etwas anderes:

„ Wieso brennt hier überall das Licht, wenn es keine Energie mehr gibt?“

„ Welches Licht?“, wundert sich jetzt der Hermione. Doch dann lacht er amüsiert. „Ach was, du meinst, hier brennt Licht, weil du alles sehen kannst? Aber nein, es ist für normale Augen schwarz, finster. Nur nicht für Augen wie ich sie habe – und du! Und natürlich die Dinneter!“

„ Augen, wie...?“ Ich verstehe nicht.

„ Zumindest hast du inzwischen begriffen, dass du dich mittels deiner Gedanken mit mir unterhalten kannst. Das ist schon ein Fortschritt. Dann können wir uns verständigen, ohne dass die Dinneter uns hören können.“

Ich winke mit beiden Händen ab und wundere mich dabei, wieso es mir so leicht fällt. Jetzt kann ich mich einwandfrei bewegen. Wieso ging das vorher noch nicht?

„ Das ging deshalb vorher nicht“, belehrt mich der Hermione, „weil du das erst lernen musstest. Jetzt kannst du es instinktiv. Alle Achtung.“

„ Du hast wieder meine Gedanken belauscht!“, werfe ich ihm vor.

„ Nicht doch!“ Er tippt sich vielsagend an die Stirn. „Du darfst einfach nur nicht so laut denken.“

„ Laut denken?“

„ Na, nicht so intensiv, als würdest du reden. Also keine stummen Selbstgespräche, wenn du nicht willst, dass ich es mitbekomme. Du bist von uns beiden der Telepath. Ich kriege das nur mit, wenn du deine Gedanken auf mich projizierst. Genauso wie wenn du meinst, zu sprechen.“

„ Aber ich spreche doch!“

„ Dabei kommt jedoch überhaupt kein Laut über deine Lippen. Das musst du ebenfalls erst noch lernen. Ich habe dir doch schon gesagt, dass dein Körper sich nicht von sich heraus bewegen kann. Er ist ein lahmer Fleischklotz, getragen von künstlichen Knochen.“

„ Soll das heißen, du hältst mich für eine Art organischen Roboter?“

„ Nein, du bist durch und durch menschlich, wenn auch künstlich-menschlich sozusagen. Wie soll ich es nennen? Android? Aber man hat dich wahrscheinlich erschaffen nach deinem eigenen Vorbild. Also muss es irgendwo so etwas wie Aufzeichnungen über dich geben. Wie du vorher warst. Vielleicht können wir dadurch erfahren, wer du warst und... wer du jetzt bist? Dann kannst du dieses Puzzle vielleicht in deinem Kopf in richtiger Weise zusammensetzen.“

Noch während er spricht, senke ich meinen Blick. Die grässliche Wunde ist noch nicht völlig geschlossen, doch ich sehe, dass sie weiter zuwächst, mit atemberaubender Geschwindigkeit. Vielleicht noch eine halbe Stunde, vielleicht sogar weniger, dann wird er quasi wie neu erscheinen. Was ist das für eine Nährflüssigkeit?

Ich denke wieder daran, dass hier angeblich alles in völliger Dunkelheit sich befindet, und trotzdem kann ich sehen wie am hellen Tag, ohne jegliche Einschränkung?

Ich spüre irgendwie meinen Körper, aber so, als würde er nur eine äußere Hülle sein, ohne Leben im Innern. Das deckt sich eigentlich mit alledem, was der Hermione behauptet. Obwohl es für mich nicht wirklich einen Sinn ergibt. Warum sollte jemand so etwas mit mir anstellen?

Mir fällt ein, dass der Hermione mehrfach das Wort Dinneter genannt hat.

„ Was ist das, ein Dinneter?“

„ Wir müssen jetzt wirklich weiter, spürst du es nicht selbst?“

Natürlich spüre ich es. Die Insektoiden sind bereits auf die Geheimtür aufmerksam geworden und bemühen sich auf der anderen Seite, sie zu öffnen. Das wird ihnen wahrscheinlich nicht gelingen, aber ich traue ihnen zu, dass sie sich gewaltsam einen Weg bahnen werden. Wir müssen uns tatsächlich beeilen. Sie sind zu fünft.

Trotzdem klärt mich der Hermione noch rasch auf über sie:

„ Sie gingen in die Massenproduktion, obwohl es genügend Hinweise dafür gab, die eindringlich davor warnten. Ihre Programmierung gelingt nur unzulänglich. Es bestand von vornherein die Gefahr, dass sie sich aus der Befehlskette lösen können und dadurch zur Gefahr derer werden, die sie einzusetzen beabsichtigen – als Superkrieger.

Mein Herr hatte die Verantwortung dafür, und er hat seine Fehlentscheidung mit dem Leben bezahlt. Wie viele seiner Mitarbeiter – und beinahe auch ich. Aber auch diejenigen, die dich zu dem gemacht haben, was du jetzt bist.“

Zu mehr ist er nicht bereit. Es ist ja auch höchste Zeit, weiter zu fliehen.

Er geht direkt zu der nächsten Geheimtür. Wie hat er sie erkannt? Ich bemühe mich vergeblich darum.

Vielleicht hat er tatsächlich recht, und wir sind aufeinander angewiesen? Keiner von uns beiden kommt allein durch. Das schaffen wir nur zu zweit.

Falls wir es überhaupt schaffen sollten, denn ich habe immer noch keine Ahnung, was überhaupt im Einzelnen passiert ist und wohin wir fliehen könnten. Ich weiß eigentlich nur, dass wir uns auf einem absolut lebensfeindlichen Planeten befinden, mit einer für jeden normalen Menschen tödlich giftigen Atmosphäre.

Aber eigentlich sind wir überhaupt keine... normalen Menschen. Ich zumindest nicht mehr. Oder hat es jemals einen normalen Menschen gegeben, der in absoluter Dunkelheit sehen kann wie am hellen Tag?

Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015

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