Читать книгу Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015 - Antje Ippensen - Страница 18
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Ich sehe immer noch beide Wächter-Dinneter vor mir, als würde ich mich bei ihnen befinden. Gleichzeitig sehe ich den Hermionen, der tatsächlich unmittelbar bei mir ist. Dann beschließe ich, mich erst dem Dinneter zuzuwenden, der sich näher befindet, also der rechts in der Gangabzweigung. Falls der zweite auf den Vorgang aufmerksam wird, bleibt mir eine winzige Zeitspanne, um mich auch noch auf ihn zu konzentrieren, um auch ihn zu zerquetschen wie eine reife Frucht.
Doch letztlich zögere ich noch damit. Ich weiß jetzt, dass die Dinneter nicht einfach nur primitiv sind wie Tiere. Sie haben eine gewisse Intelligenz. Es widerstrebt mir zutiefst, sie auszulöschen.
Aber letztlich habe ich keine andere Wahl. Also tu ich es trotzdem.
Das Nebelnetz entsteht wie aus dem Nichts. Der Hermione hat behauptet, nur ich könnte es sehen. Vielleicht, um es besser kontrollieren zu können?
Der Vorgang läuft in Sekundenbruchteilen ab: Das Netz zieht sich dermaßen fest zusammen, dass es den Chitinpanzer platzen lässt.
Wie erwartet wird der zweite Dinneter aufmerksam. Aufgeschreckt krabbelt er auf uns zu. Doch er kommt nicht weit. Ich bin fertig mit dem ersten. Jetzt kommt er selber an die Reihe.
Abermals dauert der Vorgang nur Sekundenbruchteile. Ich habe inzwischen so etwas wie Routine darin entwickelt.
Aber ich habe jetzt zwei intelligente Lebewesen getötet!
Ich muss mich selbst zur Ordnung rufen. Immerhin beweisen die überall in den Gangteilen verstreuten blutigen Kleiderreste, auch dort, wo die beiden patrouilliert haben, dass es sich um brutale Mörder handelt, die ihre Opfer nach der Tötung sogar verschlingen, um nur das wieder auszuspucken, was sie nicht verdauen können, und dazu gehört nun einmal die Kleidung.
Ich erschauere allein nur bei dem bloßen Gedanken daran. Schließlich hätte dasselbe auch dem Hermionen und mir geblüht. In diesen beiden Fällen hätte es noch nicht einmal blutige Kleiderfetzen gegeben, weil wir beide nach wie vor nackt sind.
Ich entschließe mich dazu, den rechten Gang zu betreten. Den Anblick der blutigen Kleiderreste versuche ich zu ignorieren. Noch schwerer fällt mir das allerdings bei dem Chitinklumpen und der knöchelhohen gelben Schleimbrühe, aus der das Innere des Dinneters bestanden hat, bevor ich ihn zerquetscht habe.
Der Hermione folgt mir dichtauf. Er hat nichts dagegen, dass ich mich für dieses Gangstück entschieden habe.
Erst als wir am Ende des Gangstückes ankommen, das von einem geschlossenen Durchgang gekennzeichnet ist, bleibe ich wieder stehen und lasse den Hermionen vor.
Er geht zur Wand und legt seine Hand auf eine bestimmte Stelle.
„ Wie machen eigentlich die Dinneter das?“, frage ich ihn. „Ich meine, was nutzt es, Wächter aufzustellen, wenn sie gar nicht hier hindurch kommen?“
Er sieht mich überrascht an, während sich der Durchgang öffnet.
„ Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Mein Wissen ist leider nur unvollständig. Großfürst Sobares von Senkenberg war nicht besonders mitteilsam mir gegenüber.“
Ich winke mit beiden Händen ab.
„ Ja, ich weiß schon: Nur eben das, was du halt von selbst mitbekommen hast, ist dir bekannt. Und was ist mit mir? Wie bist du eigentlich auf mich gekommen?“
Er scheint zu überlegen, ehe er antwortet, und noch während er das tut, sondiere ich die weitere Umgebung, damit wir vor bösen Überraschungen sicher sind.
Die Fortführung des Ganges verzweigt sich mehrfach. Es gibt ein ganzes Netzwerk von Gängen. Ich erkenne ganz verschiedene Räumlichkeiten. Und überall gibt es blutige Kleiderfetzen. Hier lebt niemand mehr. Die Dinneter haben alles getötet, ganz gezielt, wie es scheint. Sie sind die geborenen Tötungsmaschinen. Aber genau dafür wurden sie ja auch von den Wissenschaftlern hier entwickelt. Die Dinneter haben sie das mit dem eigenen Leben bezahlen lassen.
Irgendwie spüre ich kein Mitleid mehr mit den Wissenschaftlern, die hier gearbeitet haben. Mir ist klar, dass dies alles hier höchst illegal ablief. Und hinter alledem stand der Großfürst selbst, der oberste Herr dieses Planeten.
Wenn es nicht allein das Geld war, das ihn dazu getrieben hat: Wer sonst noch? Oder muss ich fragen: Was sonst noch?
Ich höre die Stimme des Hermionen in meinem Kopf, nicht über meine Ohren, und ich muss mich darauf konzentrieren und darf mich nicht zu tief in meine eigenen Gedanken verstricken:
„ Mein Herr ist gestorben, aber bevor dies geschah, wusste er, dass es keinen Ausweg mehr für ihn gab. Er gab mir den entsprechenden Befehl.“
„ Wie bitte?“, rufe ich aus – und diesmal ist es laut, richtig laut. Gelingt es mir endlich, so etwas wie eine Stimme zu produzieren, die auch für jemanden verständlich ist, der meine telepathischen Impulse nicht empfangen kann?
Ungerührt fährt der Hermione fort:
„ Es war hier, in diesem Bereich. Sein Büro ist quasi gerade um die Ecke. Du müsstest es jedenfalls von hier schon scannen können. Darin haben wir uns verschanzt, als die Dinneter begannen, die Steuerbefehle zu ignorieren und wahllos jeden zu töten, der anders ist als sie. Er hat den Zugang verriegelt.“
„ Ja, ich sehe, dass die Tür zertrümmert wurde!“, bestätige ich jetzt. „Dann sind diese Kleiderfetzen diejenigen des Großfürsten?“
„ Ja! Aber bevor sie eindringen konnten, sagte mir mein Herr: Du musst überleben, unter allen Umständen! Und finde den Patienten. Nur gemeinsam mit ihm kannst du das Schlimmste noch verhindern! “
„ Der Patient? Meinte er damit etwa mich?“
„ Natürlich. Es gab im gesamten geheimen Forschungssektor nur einen Patienten, eben dich. Das wusste ich zumindest. Und ich folgte seinem Befehl.“
„ Aber du bist doch frei von ihm durch seinen Tod“, erinnere ich ihn.
„ Ich bin nicht dafür geschaffen, frei zu sein!“, behauptet er daraufhin. Es klingt für mich irgendwie orakelhaft.
„ Wie meinst du das? Es gibt doch jetzt keinen Herrn mehr für dich.“
„ Na, du musst mein Herr sein. Ich funktioniere nicht in Freiheit. Ich kann damit nichts anfangen sozusagen. Dafür wurde ich nicht entwickelt. Ich komme nicht gegen meine Programmierung an.“
„ Hast du mich also nur deshalb gerettet, weil es dem Befehl deines Herrn entsprach?“
„ Nicht nur, denn ich weiß, dass ich allein nicht lange überleben kann. Nur gemeinsam mit dir.“
„ Weil du mich als deinen Herrn brauchst, nicht nur als deinen Verbündeten?“
„ Ich kann es nicht leugnen.“
„ Gut zu wissen, Hermione. Aber wie soll ich dich eigentlich nennen? Hast du einen Namen?“
„ Ich habe den Namen, den mir mein Herr gibt. Es obliegt nicht mir selbst.“
„ Bis jetzt hast du eigentlich ziemlich selbständig gehandelt, genauer betrachtet“, sinniere ich laut.
„ Das täuscht. Ich musste dem letzten Befehl meines alten Herrn folgen und dir helfen – und ich half. Leider wurde ich schwer verletzt, als ich vor den Dinnetern floh, die meinen Herrn umgebracht haben. Ich hätte ihn niemals verlassen, hätte er es mir nicht unmissverständlich befohlen.“
„ Gut, einverstanden, jetzt kenne ich die wahren Zusammenhänge. Und du weißt trotzdem nicht, wer ich wirklich bin oder wer ich vorher war, ehe man mich in dieses... Monstrum verwandelt hat, das nur äußerlich wie ein Mensch aussieht?“
„ Nein!“, antwortet der Hermione fest, und ich weiß jetzt, dass er mich nicht belügen kann. Ich bin jetzt sein Herr, aber ich nehme mir vor, dies niemals auszunutzen.
Irgendwie tut mir der Hermione sogar leid. Ein lebendiges, hochintelligentes Spielzeug, ausgeliefert der Willkür eines Wahnsinnigen. Und dieser Großfürst muss wahnsinnig gewesen sein, bei dem, was er angerichtet hat. Er hatte die Verantwortung über diesen ganzen Planeten – und doch war er es selber, der seine eigene Welt zum Tode verurteilt hat.
Wozu und für wen?
Ob der Hermione das weiß?
Ich frage ihn ganz direkt.
Er sieht mich mit geweiteten Augen an und antwortet:
„ Das Adakoni-Kartell! Mein Herr nannte es die Plage des Universums. Er sagte, es würde nichts in diesem Universum geben, was schlimmer sei.“
„ Und dieses Kartell, von dem leider nichts in meinen Erinnerungsfragmenten zu finden ist, hatte irgendwie Macht über ihn?“
„ Ja, er sagte mir, es würde ihn sonst Schlimmeres erwarten als der Tod.“
„ Nun, jetzt nicht mehr, da er tatsächlich tot ist. Kannst du mir sonst noch etwas sagen über dieses Kartell?“
„ Nichts Konkretes, leider.“
„ Sie haben offensichtlich Macht über KYRENE, und die steuerbaren Superkrieger sind wohl von ihnen bestellt worden?“
„ Ja, nicht nur für sie, sondern auch für Superreiche von Planeten des Imperiums, soviel ich mitbekommen habe.“
„ Um das Imperium von Axarabor vielleicht sogar damit zu überfallen?“, überlege ich laut.
Der Hermione sagt nichts dazu, weil er offensichtlich nichts konkret darüber weiß.
Mir genügt es vorläufig, und jetzt steuere ich direkt auf das Büro des Großfürsten zu.
Der unterdrückte Klagelaut des Hermionen zeigt mir dabei, wie sehr ihn das belastet, an diesen Ort des Geschehens zurückzukehren.
Ich kann es ihm nicht ersparen, denn ich habe das untrügliche Gefühl, einfach dorthin gehen zu müssen, obwohl ich keine Ahnung habe wieso. Was erwarte ich dort zu finden, außer den blutigen Kleiderfetzen, die als einziges übrig geblieben sind vom mächtigsten Mann dieser Welt?