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29. März 2006 Mittwoch

Tag 4

Es ist heute Morgen kalt im Zelt - sieben Grad sagt mein Thermometer. Das wundert mich nicht, schließlich befinde ich mich im Bergland. Die Hunde haben draußen vor meinem Zelt geschlafen, das wundert mich wiederum schon ein wenig. Sie begleiten mich zur Morgentoilette unten am See. Es herrscht eine wohltuende Stille. Zu hören sind nur die Stimmen der Natur, Vogelgesang, Wassergeplätscher, das Blattwedeln der Bäume und das Hecheln meiner vierbeinigen Freunde. Jetzt fehlt nur noch das Frühstück, denke ich. Dafür bestehen aber voraussichtlich in zwei Stunden gute Chancen. Es ist hart, sich auf den Sattel zu schwingen, ohne wenigstens eine heiße Tasse Kaffee genossen zu haben. Diesbezüglich muss ich in den nächsten Tagen unbedingt nach einer Lösung suchen.

Gegen 9.00 Uhr erreiche ich die Ortschaft Villa d`Agri und kann endlich mein lang ersehntes italienisches Frühstück an einer Bar-Theke genießen. Es besteht einfach aus einem Espresso und einem warmen Cornetto. Das muss reichen. Danach decke ich mich mit ein wenig Proviant und genug Trinkwasser ein. Gleich zwei Pässe, mit einem nicht ganz unbedeutenden Höhenunterschied, sind heute zu bewältigen. Mein Ehrgeiz wird somit auf eine harte Probe gestellt. Den ersten bezwinge ich souverän gleich nach Marsico. Der zweite - kurz vor Atena Lucana – befindet sich mitten in den Apenninen und ist schon „etwas“ anstrengender.

Bevor ich nun die erfrischende Abfahrt antrete, mache ich eine Pause in einer kleinen Parkbucht. Von hier habe ich eine atemberaubende Aussicht auf das Tal. Mir gegenüber erheben sich majestätisch die Monti Alburni. Sie gehören zu einem Bergmassiv, welches einen Naturpark beherbergt. Es ist schön anzusehen – es ist wie Balsam für Augen und Seele. Ich bekomme jedoch Gänsehaut bei dem Gedanken, diesen Berghaufen mit dem Gewicht, das ich mit mir durch die Gegend schleppe, überwinden zu müssen. So fahre ich zuerst runter ins Tal und dann wieder hoch in die besagte Berggruppe. Schon jetzt wird mir klar, dass mir ein Mitfahrer fehlt. Jemand, mit dem man die Strapazen und die Wegprobleme teilen kann, sich gegenseitig motiviert, antreibt und die Erfolge feiert. Ich habe mich jedoch für einen Einzelkampf entschieden, deshalb muss ich da allein durch. Schließlich steht diese Reise unter dem Motto „Starker Wille“ und nicht „Wer hilft mir dabei?“.

Mein Magen meldet sich mit periodischem Brummen. Irgendwann mitten in einer schönen Naturlandschaft taucht ein „Agriturismo“ auf. Er ist eine Mischung aus Apartmenthäusern, Campingplatz und Bauernhof mit einem Restaurant, in dem fast nur mit selbst angebauten Produkten gekocht wird. Die Betreiber sind Emilio und seine Mutter Angela. Der junge Besitzer ist von meiner Reise so begeistert, dass er mich umsonst auf seinem Grundstück campen lässt. Seine Mutter, die Köchin, bereitet mir ein wirklich köstliches Abendessen nach allen Regeln der italienischen Kochkunst – und das für sehr wenig Geld. Damit dürfte mein Magen sich sehr glücklich schätzen und meine Reisekasse wird zudem auch nicht strapaziert. Nach dem kulinarischen Höhepunkt erlaubt mir Emilio sogar an seinem PC zu sitzen, damit ich meine Bilder der letzten Tage an Donato versenden kann. Ich bin froh, dass ich auf nette und hilfsbereite Menschen treffe – Angela und Emilio gehören auf jeden Fall dazu. Das hilft mir sehr bei meinem Vorhaben und motiviert mich zusätzlich. Mit einem guten Gefühl lege ich mich gegen 21.00 Uhr schließlich schlafen – mein Körper dankt es mir und meine Seele auch.

„Achte auf das Kleine in der Welt, das macht das Leben reicher und zufriedener.

(Carl Hilty)

Heute bin ich 90 km durch bergiges Gebiet gefahren, gesamt sind es 380 km.

Tour der Erkenntnis

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