Читать книгу Tour der Erkenntnis - Antonio De Matteis - Страница 15
Оглавление1. April 2006 Samstag
Tag 7
Geschlafen habe ich heute Nacht ganz schlecht. Zum einem, weil es bis 1.00 Uhr morgens ziemlich laut war wegen dem Ein - und Ausparken der Autos, zum anderen hatte meine Barbie-Matratze gleich zwei Löcher. So war ich gezwungen, direkt auf dem harten Asphaltboden zu liegen. Obendrein war es mit 5 Grad auch noch recht kühl. Wahrlich eine denkwürdig negative Nacht.
Ich fahre um 7.00 Uhr los, passiere Vico Equenze und Castellammare di Stabia. Die wunderschöne Aussicht auf den gesamten Golf von Neapel lindert ein wenig meine Knochenbeschwerden. Kurz danach befahre ich Neapels Ballungsraum - durch zahlreiche Vororte mit sehr schlechten Straßen sowie starkem und chaotischem Verkehr. Ich brauche ganze fünf Stunden, um nur 40 km zurückzulegen. Das Problem sind schlechte bis z. T. sogar fehlende Beschilderungen, wodurch ich das Gefühl habe, durch ein Labyrinth zu fahren - und das sehr unebene Kopfsteinpflaster. Es ist mit Sicherheit eine schöne und interessante Großstadt, aber ich rate jedem Fahrradfahrer, diese großräumig zu umfahren.
Das Wetter ist genauso wie gestern – schön und angenehm warm. Ich habe aber trotzdem die Schnauze voll von den Strapazen, von den ganzen Problemen und von dieser unsinnigen Fahrerei. Ich beschließe, die Reise abzubrechen, gebe das Fahrrad bei einem Kurier ab, setze mich in einen Zug und fahre nach Hause. Dann kann ich nämlich wieder gemütlich in meinem Bett schlafen. So brauche ich nicht zu schwitzen, zu frieren und abends werde ich nicht mehr so kaputt sein. Sie als Leser werden sich an dieser Stelle fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe, ob das ein Aprilscherz ist. Entschuldigung – ja! Ich habe mir einen Scherz erlaubt, ein kurzer Blick auf das Datum oben rechtfertigt ein wenig meine Scherzlaune. Selbstverständlich werde ich nicht aufgeben. Ich bin für das genaue Gegenteil unterwegs – ich soll und will eisernen Willen vermitteln, auf gar keinen Fall an das Aufgeben denken – außer im äußersten Notfall natürlich. Ich hoffe allerdings, dass ich nie in die Situation kommen werde, daran denken zu müssen. Ängste hätte ich einige, die darf ich aber nicht zum Ausdruck bringen, um sie nicht womöglich herbeizuführen. Also – die Devise lautet „Zähne zusammenbeißen und durch.“ - auch wenn`s wehtut.
Mittlerweile ist es 17.00 Uhr geworden, als ich in Ischitella Lido ankomme.
Ich sehe am Straßenrand eine Bar und denke mir, dort nach einem Campingplatz zu fragen. Der Besitzer heißt Mario und erklärt mir, dass die Campingsaison noch nicht begonnen hat und die Plätze deswegen noch geschlossen sind.
Der lebenslustige Endfünfziger macht mir ein Angebot. Er besitzt in der Nähe ein kleines Häuschen, das leer steht. Ich könnte gegen einen geringen Unkostenbeitrag dort übernachten. Na ja, die Übernachtung ist sogar günstiger, als auf dem Zeltplatz, ich würde mir das Zeltaufschlagen ersparen. Das wäre ein willkommener Komfort. Alles spricht dafür! Einziges Manko ist, dass der Strom abgeschaltet ist – es daher auch kein warmes Wasser gibt. Mich stört das nicht – ich dusche selbstverständlich auch kalt. Also fahren wir zu dem Anwesen, das wirklich nur ein paar Kilometer entfernt ist. Es handelt sich um einen kleinen Bungalow, der in einem umzäunten Grundstück steht. Er hat zwei Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche und ein Wohnzimmer. Eine große Veranda ist auch vorhanden. Um das Haus herum wachsen einige Obstbäume, darunter auch Orangen. Ich darf mir sogar welche pflücken. Mario zeigt mir, bevor er mich allein lässt, die Stelle, an der ich morgen früh vor der Abfahrt, die Hausschlüssel deponieren soll.
Es ist toll, dass ich am richtigen Ort den richtigen Mann nach einer Übernachtungsmöglichkeit gefragt habe. Ich finde es spannend zu erfahren, was sich aus einer einfachen Frage alles ergeben kann. Nach dem Duschen esse ich Thunfisch aus der Dose mit etwas Brot und einige Orangen aus dem Garten.
Im Kerzenlicht schreibe ich dann die Tagesereignisse in mein Buch und lege mich in meinen Schlafsack auf das nicht bezogene, aber gemütliche Bett zum Schlafen.
„Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten.“
(Demosthenes)
Heute 87 km, gesamt 605 km.