Читать книгу Tour der Erkenntnis - Antonio De Matteis - Страница 18
Оглавление4. April 2006 Dienstag
Tag 10
Heute erwartet mich die ewige Stadt - die italienische Hauptstadt Rom. Großstädte an sich liebe ich nicht besonders, bin trotzdem etwas aufgeregt. Vorgesehen ist die Durchquerung der Metropole nur dokumentationsbedingt. Ich habe mir deshalb vorgenommen, nur an einigen wirklich wichtigen Plätzen meine Fotos zu machen.
Um ins Zentrum zu kommen, muss ich die Küste verlassen und einen Schwenk ins Landesinnere machen. In Castel Fusano frage ich an einer Ampel einen älteren Fahrradfahrer nach dem besten Weg zum Kolosseum. Er sagt mir, ich solle ihm einfach folgen, da er in der Nähe lebt. „Es sind knappe 27 km von hier aus.“, fügt er noch hinzu und fährt los, als die Ampel grün wird. Während wir treten, unterhalten wir uns hechelnd ein wenig. Er heißt Michele und verrät mir sein Alter. Er ist 85 Jahre alt! Zuerst denke ich, dass ich nicht hinter einem Senior fahren werde. Ich befürchte, zu langsam fahren zu müssen. Mir wird jedoch ganz schnell klar, dass ich stattdessen nun zu weit zurückbleibe. Er fährt ein Rennrad und ich habe ein schweres Gefährt, aber nur daran liegt es nicht. Ich bin erstaunt über seine hervorragende Leistung. Ich muss mich mächtig anstrengen, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. „Wenn meine Frau zu Hause nicht mit dem Nudelholz auf mich warten würde, würde ich glatt mitkommen.“ sagt er ironisch. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob er das nicht wirklich so meint. Jedenfalls völlig außer Atem kommen wir nach vielen Ampeln, Kreuzungen und Kreisverkehren zum bekanntesten Amphitheater der Welt. Hier trennen sich nun unsere Wege. Wir hätten uns noch viel zu erzählen, vor allem Michele, mein neu gewonnener Freund, hätte mir viele Ratschläge mit auf den Weg geben wollen, aber wir haben beide nicht genügend Zeit. Wir verabschieden uns mit einer freundschaftlichen Umarmung und ich winke ihm hinterher, als er losfährt.
Das waren mit Sicherheit die zwischenmenschlich intensivsten dreißig Kilometer meiner bisherigen Reise. Wieder bin ich für kurze Zeit auf meinem Weg durch Europa begleitet worden. Wieder habe ich einen interessanten Menschen kennenlernen dürfen. Wieder muss ich mich auf Nimmerwiedersehen von ihm verabschieden. So ist das eben auf einer Abenteuerreise.
Kaum drehe ich mich um, blicke ich zu einem noch älteren Römer – dem Kolosseum. Majestätisch, groß, imposant und sehr von den Touristen begehrt, steht er da und lässt sich betatschen, beäugen und belichten, der Gute. Zu den Foren darf ich mit dem Fahrrad nicht rein, ein Sicherheitsmitarbeiter wimmelt mich ab. Nicht schlimm, denke ich, und fahre weiter zum Campidoglio und dann zur Piazza Navona, schieße meine Fotos und unterhalte mich mit einigen Radreisesympathisanten, ehe ich mich weiter durch verschiedene Gassen zur Piazza di Spagna durchkämpfe. Auf der Spanischen Treppe esse ich mein Panino (belegtes Brötchen), das ich heute Morgen außerhalb der Stadt gekauft habe – hier wäre es für mich zu teuer gewesen. Nach dem Vesperbrot begebe ich mich zum päpstlichen Arbeitsplatz - dem Vatikan.
Auf dem Petersplatz lasse ich mich von Passanten mit meiner Kamera knipsen. Danach werfe ich einen Blick auf meine Landkarte, um einen geeigneten Weg auszumachen, der mich wieder aus der Stadt führt. Ich wähle den Weg entlang des Flusses Tiber. Das genügt - ich bin schon zu lange in der römischen Metropole gewesen, nun möchte ich so schnell es geht raus, wieder Richtung Küste nach Fiumicino. Es wird 18.00 Uhr, als ich gedenke, nach einem Nachtlager in Ladispoli zu suchen. Davor habe ich ein Stück Pizza zum Mitnehmen gegessen und mich kurz mit ein paar Leuten auf der Strandpromenade unterhalten.
Gegen 21.00 Uhr schiebe ich dann verstohlen mein Rad über den Sand hinter einem noch geschlossenen Lido. Ich baue dort mein Zelt auf - und dann überkommt mich die Bade Lust. Wenn das Wasser nicht so kalt wäre, würde ich direkt hineinspringen. So werde ich wohl eine andere Gelegenheit abwarten müssen, meinen Body zu reinigen.
„Alte Leute sind gefährlich, sie haben keine Angst vor der Zukunft.“
(George Bernard Shaw)
Heute 105 km, gesamt 913 km.
Abb.4 – Rom