Читать книгу Tour der Erkenntnis - Antonio De Matteis - Страница 24
Оглавление10. April 2006 Montag
Tag 16
Um nicht zu sehr aufzufallen, räume ich ziemlich früh den Platz und verlasse ihn um 7.30 Uhr. In Santa Margherita Ligure lege ich eine Frühstückspause ein. Danach geht es durch bergiges Gebiet weiter – meistens mit Meerblick. Wie schön ist es, wenn einen das Meer ständig begleitet. Ich fühle mich gut und komme sehr gut voran mit meinem zweirädrigen Weggefährten – auch, als es sich wegen einem Unfall staut. Autos, Busse und Lastwagen stehen in einer langen Schlange. Ich kann ohne Probleme zusammen mit anderen Zweiradfahrern fast ungehindert vorbeiziehen. Ich bemerke so manche neidische Blicke und fühle mich sogar auch noch gut dabei. Der Himmel ist voller dicker Wolken. Hin und wieder fallen ein paar dicke Tropfen und dabei hoffe ich, dass es nicht mehr wird.
Ich passiere Camogli, Nervi und schon gerate ich in den Großstadtverkehr von Genua. Hier erledige ich im Schnelldurchgang das Übliche, d. h. Dokumentationsfotos schießen, einen Internet-Point aufsuchen, kurze Einkäufe tätigen und etwas pausieren. Wie man schon weiß, gehören große Städte nicht zu meinem „Es-gefällt-mir-Repertoire“. So flüchte ich regelrecht aus der Christoforos-Columbus-Heimatstadt in Richtung Südwesten durch Voltri, Varazze und Savona. Ich suche und finde – wenn auch nur durch puren Zufall – einen offenen Zeltplatz für die bevorstehende Nacht. Offiziell ist der Campingplatz noch geschlossen. Der Betreiber drückt auf meine Bitte hin ein Auge zu und lässt mich gegen einen geringen Beitrag dort zelten. Für mich ist es wichtig, dass ich duschen, meine Klamotten waschen und die Akkus laden kann.
Auf dem Gelände werkeln einige Handwerker. Einen von ihnen treffe ich am Waschbecken in den sanitären Anlagen. Wir kommen ins Gespräch, während ich meine Wäsche mit der Hand wasche und er einen tropfenden Wasserhahn repariert. Der etwas 30-jährige junge Mann ist ein deutsch sprechender Belgier, der mir einiges von seinem Leben erzählt. Er ist quasi ständig und an den verschiedensten Orten unterwegs – und das schon seit einigen Jahren. Er arbeitet hier und da, um seinen sehr bescheidenen Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn er nicht mehr gebraucht wird oder er die Lust verspürt weiterziehen zu wollen, reist er ohne ein bestimmtes Ziel weiter. Dadurch hat er schon viele Menschen kennengelernt und natürlich vieles erlebt. Er habe eine Ausbildung als Elektriker, sagt er mir stolz, und macht kein Hehl daraus, zu Hause mit seiner Familie zerstritten zu sein. Ob er den Sinn des Lebens suchte oder nur eine abenteuerliche Zeit verbringen wollte, ist nicht ganz klar. Fakt ist, er ist super-glücklich dabei und bereut nicht oder noch nicht, dass er weggegangen ist. Er meint, dass viele Leute sein Konzept nicht teilen, obwohl sie ihn gleichzeitig für seinen Mut bewundern.
Man kann nicht alles rational begründen oder erklären. Es soll Menschen geben, die auf den Mount Everest klettern. Einige andere durchqueren mit dem Motorrad die Wüste. Wiederum andere schließen sich in einem Kloster ein, laufen den Jakobsweg oder umrunden mit dem Fahrrad Europa. Was sie wirklich dazu bewegt, weiß kein Mensch – sie selbst wahrscheinlich am Allerwenigsten.
Irgendwann gegen spät, gehe ich mit neuen Erkenntnissen zu Bett. Oder mit neuen Bestätigungen, zum Glück nicht der einzige Verrückte zu sein, der anders unterwegs ist.
„Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste.“
(Konfuzius)
Heute 80 km, gesamt 1459 km.