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16. April 2006 Sonntag

Tag 22

Bereit zur Abfahrt bin ich erst um 11.00 Uhr. Ich habe etwas Zeit mit der Wäsche verloren, es war noch nicht alles trocken.

Die erste Stadt, die ich heute antreffe, ist Martigues, dann Fos sur Mer. Ich befahre ein flaches Gebiet, die Camargue. Diese Ebene steht unter Naturschutz. Sie besteht aus Seen, Sümpfen, unzähligen Kanälen und aus landwirtschaftlich genutztem Land. Es sind viele Tiere zu sehen, unter anderem die berühmten Camargue-Pferde, Camargue-Stiere, Flamingos und ganz viele Biber. Ein Wortwechsel findet heute nur mit diesen Tieren statt. Daher verlaufen die Gespräche etwas zu einseitig ab, aber das geschieht manchmal auch mit manchen Menschen im normalen Alltag.

Eigentlich freute ich mich schon seit geraumer Zeit auf das flache Gelände, ich hoffte auf einer wenig körperlichen Schonung. Der Wind pfeift ungehindert über das Land und - wie soll das auch anders sein - natürlich gegen meine Fahrtrichtung. Demnach habe ich das Gefühl, dass es ständig hoch geht. Wer selbst schon mal mit starkem Gegenwind geradelt ist, der weiß, was ich meine. Denjenigen, die es noch nicht getan haben, rate ich ab, es erfahren zu wollen. Die Sonne scheint und erwärmt die Luft bis auf 24 Grad, doch der Mistral - so wird dieser Fallwind genannt - lässt nicht zu, dass ich viel von dieser Wärme spüre. Ich bin schon etwas geschafft und benommen als ich Arles erreiche. Im Zentrum versuche ich, mich ein wenig zu erholen. Ich ergreife deshalb die Gelegenheit und lasse etwas Geschichts-Input zu, indem ich das römische Amphitheater von außen bewundere und mir die Info-Tafeln durchlese. So erfahre ich, dass diese ehemalige gallische Stadt einst eine bedeutende römische Kolonie war. Hier kreuzten sich damals schon einige wichtige Handelsstraßen. Schön finde ich nun, dass auch mein Weg hier kreuzt. Bisher fuhr ich auf der „Via Aurelia“, welche zur Römerzeit Marseille mit Rom verband. Nun werde ich der „Via Augusta“ bis nach Cadiz in Südspanien folgen und bin schon ganz aufgeregt.

Nach der kurzen Kultur-Pause suche ich vergeblich einen offenen Supermarkt oder ähnliches, um etwas Essbares zu finden. Mir fällt - leider etwas zu spät - auf, dass heute nicht nur Sonntag ist, sondern auch Ostersonntag. Das habe ich in meiner Vorwärtskommen-Manie völlig vergessen. Ich wunderte mich schon, dass so wenig Leute unterwegs waren. Verständlich, dass nahezu alle Lokale und Geschäfte geschlossen sind. Die Leute feiern in familiären Kreisen diesen wichtigen katholischen Feiertag. Wie lautet nun das Fazit der langen und enttäuschten Suche? Wahrscheinlich bleibt mir nichts anderes übrig - wenn auch mit Widerwillen - meine Mahlzeit in einem Fastfood-Restaurant einzunehmen. Ich gebe zu, ich bin kein Freund solcher Massenabfertigungs-Lokale, die Plastiknahrung mit Geschmacksverstärkern verteilen. Ich habe die Wahl zwischen einem teuren Restaurant – und das kann ich mir definitiv nicht leisten, zu hungern – das kann ich mir auch nicht leisten oder die Zähne zusammenzubeißen und billig meinen Magen an diesem Schnellimbiss zu füllen. Ist nicht schlimm, sage ich mir schließlich. Es kann meinem lädierten Körper auch nicht mehr Schaden zufügen.

Danach fahre ich bis St. Gilles weiter, dort gibt es einen Campingplatz. Auch hier sind der kleine Supermarkt und die Bar geschlossen. Es sind mehr Katzen als Menschen unterwegs, was man auch positiv bewerten kann, wenn man so wie ich gerade Ruhe haben will. Ich muss aber gestehen, dass es mir jetzt auch lieber wäre, zu Hause bei meiner Familie zu sein. Ostern steht für Trauer, Feier, Liebe, Frieden, Vergebung und Freundschaft. Ich bin nun allein in meinem Zelt und bin schon etwas traurig deswegen. Vielleicht ist es jetzt einfach nur Zeit zum Schlafen.

„Angenehm ist am gegenwärtigen die Tätigkeit, am künftigen die Hoffnung und am Vergangenen die Erinnerung.

(Aristoteles)

Am Ostersonntag habe ich 104 km zurückgelegt, gesamt 2002 km.

Tour der Erkenntnis

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