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21. April 2006 Freitag

Tag 27

Heute Morgen ist mein Nachtlager durch die Nachtfeuchtigkeit sehr nass. Das bringt unangenehme Begleiterscheinungen mit sich. Eine davon sind meine Freundinnen, die Nacktschnecken. Die lassen sich so schwer vom Zelt lösen, sie kleben fest wie Blutsauger. Wenn sich dann die Morgensonne später zeigt oder ganz wegbleibt - so wie gerade - dann muss alles nass eingerollt werden. Dreck, Nässe, Schnecken-Schleim und Sand müssen in diesem Fall mittransportiert werden. Eine Möglichkeit sich zu waschen kann oft lange auf sich warten, deshalb nutze ich, wenn ich kann, die Nähe des Meeres und wasche zumindest den Dreck von meinen Händen ab.

Ich fahre entlang der Küste auf guten Radwegen durch verschiedene Badeorte wie Mataró, El Masnou und gelange am Nachmittag über Badalona nach Barcelona. Diese Strecke war schön und interessant, aber die Landschaft unmittelbar an der Küste leider sehr geschändet. Mega-Hotels ragen aus dem Boden, große Touristenanlagen, hässliche Betongebäude und überdimensionale Badeanstalten wuchern wie Unkraut. Ich persönlich würde mich dort als Tourist nicht wohlfühlen.

Die Strände sind wunderschön und ziemlich breit. Weißer Sand zieht sich kilometerweit und manchmal zieren hohe Palmen den Strand und dienen gleichzeitig als Grenze zum verstopften Großstadtverkehr. Nur gut, dass ich nicht zur Hauptsaison hier durchfahren muss.

Barcelona ist eine sehr interessante Stadt, wenn auch teilweise etwas verschachtelt gebaut. Ich fahre auf dem Radweg der Avinguda diagonal an der „Sagrada Familia“ vorbei und dann in die Altstadt zur Placa d´Espanya. Kulturell wird hier viel geboten. Außer dem historischen Zentrum mit seinen Kirchen und beeindruckenden Gebäuden säumen auch viele verschiedene Skulpturen meinen Weg durch die Stadt. Vergangenheit und Moderne gehen hier Hand in Hand, um die vielen Besucher zu bezirzen. Was ich tatsächlich sehe, ist natürlich nicht viel, denn man weiß ja mittlerweile, dass ich möglichst zügig durch eine große Stadt fahre.

Auf der Brücke des Flusses Llobregat, treffe ich ein tschechisches junges Paar mit seinen Fahrrädern. Sie fragen mich nach dem Weg, der sie aus der Stadt in Richtung Südwesten bringt. Sie machen auf mich einen verzweifelten und genervten Eindruck. Sie vertrauen mir ihr Dilemma an. Ihr Plan war zunächst eine Radtour von Girona nach Faro in den Süden Portugals zu machen. Da sie aber beide keinerlei Erfahrungen mit langen Radtouren haben und zudem auch nicht das dafür nötige Training, denken sie nun ans Aufgeben. Die junge Frau hat auch noch fürchterliche Angst, direkt auf der Straße gemeinsam mit den rasenden Autos und LKWs zu fahren. Sie geben beide zu, das Vorhaben gewaltig unterschätzt zu haben, dennoch versuchen sie mit aller Gewalt weiterzukommen. Ich rate ihnen, da es nur eine Urlaubsreise und keine sportliche Performance ist, nur so viel zu fahren, wie sie wollen und ohne Anstrengung bewältigen können. Auch müssen sie nicht die ganze Strecke schaffen, es soll einfach nur Spaß machen. Es ist auch nicht schlimm, wenn sie sich verschätzt haben. Sie scheinen etwas beruhigt zu sein, aber ob ich wirklich positiv überzeugen konnte, kann ich nicht sagen. Bis Castelldefells radeln wir zusammen, danach trennen sich unsere Wege.

In Sitges peile ich einen Campingplatz an. Es ist wieder Zeit, meine Wäsche ordentlich zu waschen und auch mein Körper braucht einen Vollwaschgang. Auf dem Gelände treffe ich viele Deutsche und Holländer, die etwas verblüfft sind, einen italienischer Langstreckenradler zu treffen. Solche Reisen unternehmen eher ihre Landsleute und da muss ich ihnen Recht geben. Es gibt nicht viele Radfreunde in Italien, die diese Art zu reisen lieben. Darum hoffe ich, so viele wie möglich mit meiner Begeisterung anzustecken.

„Man kann den Menschen nicht auf Dauer helfen, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können und sollten.

(Abraham Lincoln)

Tageskilometer 92, gesamt 2492 km.


Abb.7 - Mein Draht-ESEL lebt!

Tour der Erkenntnis

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