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IX. Der Grundsatz „in dubio pro reo“

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Gelingt es dem Gericht nach Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Beweismittel nicht, den Sachverhalt nach seiner Überzeugung zweifelsfrei zu klären, ist von der für den Angeklagten günstigeren Möglichkeit auszugehen. Die Rechtsgrundlage hierfür bilden Art. 6 Abs. 2 EMRK und das Schuldprinzip i.V.m. § 261 StPO.

Unstreitig gilt der in dubio-Grundsatz für Tatsachen, die die Schuld- und Straffrage (z.B. die Strafzumessung) betreffen. Keine Anwendung findet er dagegen ebenso unstreitig bei der Gesetzesinterpretation. Nach h.M. gilt er ferner nicht bei sonstigen materiellen und prozessualen Rechtsfragen (z.B. hinsichtlich des Vorliegens von Verfahrensfehlern; BGHSt 16, 164, 167; krit. Kühne, Rn. 966). Umstritten ist allerdings, ob der in dubio-Grundsatz auf Prozessvoraussetzungen anwendbar ist.

Fall 6: A ist wegen Unterschlagung angeklagt. In der Hauptverhandlung kann nicht mehr geklärt werden, ob die Tat zum Zeitpunkt der ersten Vernehmung bereits etwas mehr als fünf Jahre zurücklag oder ob noch keine fünf Jahre vergangen waren.

Lösung: Läge die Tat länger als fünf Jahre zurück, wäre sie nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB verjährt. Eine Unterbrechung i.S.v. § 78c Nr. 1 StGB käme nicht mehr in Betracht. Es wäre somit ein Verfahrenshindernis gegeben. Anderenfalls könnte A hingegen noch verurteilt werden. Während früher der in dubio-Grundsatz vorwiegend auf das Schuldprinzip bezogen und damit seine Anwendung auf Prozessvoraussetzungen abgelehnt wurde, plädiert inzw. ein Teil des Schrifttums für seine generelle Geltung auch in diesem Bereich. Da die Prozessvoraussetzungen fundamentale rechtsstaatliche Bedingungen eines Sachurteils darstellten, müsse im Zweifelsfall das Verfahren eingestellt werden (z.B. Volk/Engländer, § 14 Rn. 10; krit. Krey/Heinrich, Rn. 11). Der BGH will dies für jede einzelne Prozessvoraussetzung gesondert bestimmen, bejaht die Anwendbarkeit des in dubio-Grundsatzes aber jedenfalls für die Verjährung (BGHSt 18, 274), die Verhandlungsfähigkeit (BGH NStZ 1984, 520) und den Strafklageverbrauch (BGH NStZ 2010, 160). Das Gericht hat hier daher das Verfahren gegen A nach dem in dubio-Satz wegen Verjährung einzustellen.

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