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II. Die Polizei

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Die Polizei hat eine Doppelfunktion, d.h. ihr sind zwei unterschiedliche Aufgaben zugewiesen:

- Präventive Tätigkeit: Die Polizei wird präventiv tätig zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Ihre Zuständigkeiten und Kompetenzen sind dabei geregelt in den Polizei- und Sicherheitsgesetzen der Länder.
- Repressive Tätigkeit: Sie wird repressiv tätig zur Aufklärung begangener Straftaten. Hierfür sind die Regeln des Strafprozessrechts (v.a. StPO und GVG) maßgebend.

Fraglich ist die Einordnung der polizeilichen Tätigkeit als repressiv oder präventiv, wenn Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung zusammentreffen (sog. doppelfunktionale Maßnahmen).

Fall 14: In einer Bankfiliale hält der Bankräuber B mehrere Geiseln in seiner Gewalt. Die Polizei stürmt das Gebäude und nimmt B fest.

Lösung: Das Handeln der Polizei kann hier sowohl der Rettung der Geiseln (Gefahrenabwehr) als auch der Ergreifung des Täters (Strafverfolgung) dienen. Nach einer t.v.A. genießt im Zweifelsfall die Gefahrenabwehr Vorrang, so dass sich die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach Polizeirecht beurteilt (Kingreen/Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Aufl. 2020, § 2 Rn. 11 f.). Die h.L. stellt darauf ab, wo aus der Sicht eines objektiven Beobachters der Schwerpunkt der Maßnahme liegt (Beulke/Swoboda, Rn. 162; MüKo-Kölbel, § 160 Rn. 10). Das ist bei einer Geiselnahme i.d.R. die Gefahrenabwehr; folglich wären hier die polizeirechtlichen Regelungen einschlägig. Dem BGH zufolge können Gefahrenabwehr und Strafverfolgung parallel betrieben werden, so dass als Eingriffsgrundlagen das Polizeigesetz und die StPO nebeneinander in Betracht kommen (BGHSt 62, 123, 133; zust. Heger/Pohlreich, Rn. 278a). Danach könnte die Polizei die Festnahme auch auf § 127 Abs. 2 StPO stützen.

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Im Rahmen ihrer repressiven Tätigkeit fungiert die Polizei als Helfer der StA. Zwar kann die StA die Ermittlungen über das Vorliegen und die Umstände einer Straftat auch selbst führen, § 161 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. StPO, doch ist sie meist schon aus Kapazitätsgründen dazu nicht in der Lage. Sie bedient sich daher i.d.R. der Polizei, § 161 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. StPO. Die Polizei ist dabei verpflichtet, nach den Vorgaben der StA tätig zu werden, § 161 Abs. 1 S. 2 StPO:

- Die StA kann sich mit einem Ersuchen an die Polizeibehörde wenden, deren Leiter dann die Polizeibeamten bestimmt, die die Ermittlung durchführen.
- Bestimmte Polizeibeamte sind zugleich Ermittlungspersonen der StA (festgelegt i.d.R. in einer Landes-VO) und haben in dieser Eigenschaft eine Reihe besonderer Kompetenzen – insb. bei der Anordnung von Zwangsmaßnahmen (z.B. die Anordnung einer Durchsuchung bei Gefahr im Verzug, § 105 Abs. 1 S. 1 StPO). Ihnen kann die StA direkt einen Auftrag erteilen. Sie sind verpflichtet, den Anordnungen der StA Folge zu leisten, § 152 GVG.
- Nach § 163 Abs. 1 StPO hat die Polizei auch unabhängig von einer Weisung der StA das Recht und die Pflicht des ersten Zugriffs. Sie ist damit bei entsprechenden Anhaltspunkten berechtigt und verpflichtet, von sich aus das Vorliegen einer Straftat zu untersuchen, muss dann aber den Vorgang unverzüglich an die StA weiterleiten, § 163 Abs. 2 S. 1 StPO. (In der Praxis ermittelt die Polizei insb. bei kleineren Sachen allerdings den Fall zunächst aus und macht erst dann Mitteilung an die StA.)
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